Ausgabe September 2010

Der „neue IWF“: Krisenfeuerwehr oder Systemwächter?

Der Internationale Währungsfonds (IWF) gehört zu den großen Gewinnern der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Er beweist damit zum dritten Mal in seiner gut 65jährigen Geschichte Anpassungs- und Überlebenswillen. Diese Wandlungsfähigkeit zeigt einerseits, wie notwendig eine globale Regulierung der Wirtschaft ist, und andererseits, dass es derzeit keine Institution gibt, die diese Aufgabe ausreichend erfüllen könnte. Die von Nobelpreisträger Joseph Stiglitz geleitete Expertenkommission der UN fordert daher einen globalen Wirtschaftsrat (Global Economic Coordination Council), der mit ähnlicher Macht ausgestattet sein soll wie der UN-Sicherheitsrat.[1]

Immerhin war bereits die Weltwirtschaftskrise 1929/1933 auf das Fehlen von global governance zurückzuführen. Mit der Gründung des IWF am 22. Juli 1944 im amerikanischen Bretton Woods sollten daraus die Lehren gezogen werden. Die beiden intellektuellen Hauptakteure, der Brite John Maynard Keynes und der US-Amerikaner Harry Dexter White, waren sich einig, dass das internationale Zahlungssystem als Grundlage der Wirtschaftsverflechtung und des Welthandels einer supranationalen Regelung bedarf – wobei nach US-Vorstellungen die USA eine dominierende Rolle spielen sollten, während Keynes der neuen Institution ein größeres Eigengewicht verschaffen wollte.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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