Überlegungen zur Zukunft der pluralen Linken
Wir schreiben das Jahr Zwei nach dem Höhepunkt der schwersten globalen Wirtschafts- und Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Von einer „Zeitenwende“ war die Rede angesichts des offenkundigen Versagens der Ideologie des ungezügelten Marktes, die der politischen Linken das Leben seit rund 40 Jahren schwer gemacht hat. Lange diskreditierte Argumente wurden wieder gehört. Das hegemoniale Pendel, so hofften viele, sollte nun wieder in die andere Richtung schlagen.
Tatsächlich können derartige Einschnitte, so lehrt uns die Wirtschaftsgeschichte, dazu führen, dass wirtschaftsliberale Phasen von sozial regulierten Phasen abgelöst werden – und umgekehrt. Die berühmte, von Karl Polanyi beschriebene „Doppelbewegung“[1] aus kapitalistischer Vereinnahmung einerseits und einer Gegenbewegung zum Schutz der Gesellschaft vor den Folgen des Marktes andererseits kennzeichnet den Kapitalismus seit jeher. Darum bestand vor zwei Jahren auch eine berechtigte Hoffnung auf eine Gegenbewegung.
Doch die letzten Jahre haben auch gezeigt: Dies ist weder ein Automatismus, noch bewegt sich das Pendel in ein diskursfreies Vakuum. Welchen Charakter diese Gegenbewegung annimmt, hängt von den sozialen Kräften und politischen Diskursen ab, wie auch ein Blick in die Geschichte zeigt.
Die globale Krise in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts war Ausgangspunkt unterschiedlichster Gegenbewegungen.