Ausgabe Juni 2011

Jenseits von Karikatur und Travestie: Marx im 21. Jahrhundert

Das Böse – ziemlich selten. Karl Marx – weitgehend im Recht. Wie das? War und ist nicht das Böse ubiquitär, „von Adam und Eva bis hin zu Abu Ghraib“ (John Banville) oder gar bis zu den Schüssen von Abbottabad im Mai 2011? Und waren Marx’ Ideen nicht ursächlich für das „Reich des Bösen“ (Ronald Reagan), für Massenmord und Zwangswirtschaft von Stalin bis zu Pol Pot?

Terry Eagleton scheint beides zu bezweifeln. In seinem jüngst auf Deutsch erschienenen Essay „Das Böse“ (On Evil) plädiert er deshalb für ein genaueres Hinsehen: „Ein Kleinkind mag entsetzt sein beim Anblick einer Frau, die einen menschlichen Finger absägt, weil es nicht begreift, dass die betreffende Frau eine Chirurgin ist und der betreffende Finger sich nicht mehr retten lässt“, schreibt er. Anders ausgedrückt meint dies: Wenn wir Dinge im Zusammenhang betrachten, können „gut“ und „schlecht“ die Seite wechseln. Zudem ist „schlecht“ nicht gleichzusetzen mit „böse“, wie Eagleton, einer der wohl bedeutendsten lebenden Kulturtheoretiker, in einer brillanten tour d’horizon durch Belletristik, Philosophie und Geistesgeschichte von Jane Austen bis Slavoj Žižek demonstriert.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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