Ausgabe Juni 2011

Von Kairo bis Damaskus: Die Rückkehr des Volkes

Wenn es darum ging, Arabien von ausländischem, vorwiegend westlichem Einfluss zu befreien, tat Hafis al-Assad, Begründer der alewitischen Herrschaft[1] über Syrien und Vater des heutigen Präsidenten Baschar al-Assad, gerne einen Griff in die Geschichte. Er erinnerte an die Schlacht von Hattin, in welcher der große arabische Politiker und Heerführer Salah el-Din im Jahr 1187 die Kreuzfahrer entscheidend geschlagen hatte. Eines Tages, so prophezeite Hafis al-Assad, würden sich die Völker Arabiens erheben und – ganz nach dem Vorbild Salah el-Dins – die westliche Kolonialherrschaft abschütteln.

Getreu dem historischen Vorbild haben die Assads den politischen Widerstand gegen das gelegentlich von ihnen mit den Kreuzfahrerstaaten verglichene Israel aufrechterhalten und diesen Widerstand auch als Legitimation ihrer totalitären Herrschaft angeführt. Bei den Syrern hatte ihre Familiendynastie damit durchaus einigen Erfolg, jedenfalls eine Reihe von Jahren. Doch schließlich unterlagen die Assads einer doppelten Fehlkalkulation. Wenn sie, erstens, von den Völkern sprachen, die sich gegen die Fremdherrschaft erheben würden, meinten sie ihre eigenen totalitären Herrschaftscliquen.

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Euphorie und Ernüchterung: Bangladesch nach dem Aufstand

von Natalie Mayroth, Dil Afrose Jahan

Im September fanden an der Universität Dhaka, einer der wichtigsten Hochschulen Bangladeschs, Wahlen zur Studentenvereinigung statt. Manche sehen sie als Testlauf für die nationalen Wahlen. Daher ist es ein Warnsignal, dass dort ausgerechnet der Studentenflügel der islamistischen Jamaat-e-Islami gewann.

Serbien: Massenproteste gegen die Kleptokratie

von Marion Kraske

Serbiens Machthaber Aleksandar Vučić hat den Groll seiner Landsleute auf sich gezogen: Seit Monaten demonstrieren Studierende und Aktivist:innen in mehreren Teilen Serbiens gegen die Korruption und den überbordenden Machtmissbrauch im Land. Hunderttausende gingen in serbischen Städten auf die Straßen – eine ähnliche Mobilisierung hatte es zuletzt unter dem ehemaligen Machthaber Slobodan Milošević gegeben.