Ausgabe Oktober 2012

Eurorettung: Die Entmachtung des Souveräns

Am 12. September erklärte das Bundesverfassungsgericht die Zustimmung des deutschen Bundestages zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und zum Fiskalpakt für rechtmäßig. Warum er darin eine gefährliche Außerkraftsetzung der Demokratie sieht, beschreibt im Folgenden Ex-Greenpeace-Chef Thilo Bode.

Nun also auch noch das Bundesverfassungsgericht: Indem es der Politik der Bundesregierung mit seiner Entscheidung vom 12. September einmal mehr seinen Segen erteilte, wenn auch unter Auflagen und mit sorgenvollem Blick, ist die ganz große Koalition aus Legislative, Exekutive und Judikative vollends komplett – und der Schaden für die Demokratie endgültig unabsehbar.

Dass die Mehrheit der Volksvertreter im Parlament eine andere Meinung als das Volk vertreten kann, gehört bekanntlich zu den Begleiterscheinungen der repräsentativen Demokratie. Dass diese Mehrheit unisono eine vermeintlich alternativlose Politik propagiert, gefährdet sie jedoch. Bürger können nicht mehr die Argumente abwägen, vergleichen und dann unter mehreren Angeboten wählen.

Das aber ist die gegenwärtige Konstellation: Eine überwältigende parlamentarische Mehrheit will die Rettung der Eurozone um jeden Preis und geht dabei unübersehbare Haftungsrisiken ein. Dies wird uns als alternativlose Politik verkauft, weil alles andere angeblich noch sehr viel teurer wäre.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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