Ausgabe Dezember 2015

Zivilgesellschaft statt Sozialismus

In der Oktober-Ausgabe der Blätter plädierte der Sozialphilosoph Axel Honneth für eine Neubesetzung des Begriffs Sozialismus. Einen Etikettenschwindel sieht darin der Sozialwissenschaftler Reinhard Blomert.

Axel Honneth will „den Sozialismus“ wieder aufladen und revidieren. Eine überraschende Ankündigung, bei der man sich nicht nur fragt, mit welchem Mut Honneth diesen schillernden Begriff als ein klar definierbares geistiges Gebilde darstellt, sondern auch, welche Absichten er mit einem solchen Vorstoß verbindet.

Will er „den Sozialismus“ zunächst von „den Schlacken seines im 19. Jahrhundert wurzelnden Denkgehäuses befreien“, um ihm eine „der Gegenwart gemäße Gestalt“ zu geben, so hebt er ihn dann in den Rang eines „historisch übergreifenden Prozesses der Befreiung von kommunikationshemmenden Abhängigkeiten“. Er gibt ihm – in der Sprache Ernst Blochs – eine Fama als „Vorschein des Zukünftigen“, der in der Gegenwart aufgesucht werden kann. Honneths Beispiele für diesen Vorschein auf einen zukünftigen Sozialismus sind die Mitbestimmung und der Mindestlohn.

Sie haben etwa 8% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 92% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die Rückkehr des Besatzers

von Sergej Lebedew

Vor fünfzig Jahren, am 1. August 1975, wurde mit der Unterzeichnung des Abkommens von Helsinki die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Grenzen anerkannt. Wie wir wissen, dauerte die Ordnung von Helsinki etwa fünfzehn Jahre. Die Sowjetunion hörte auf zu existieren, und die Länder Ost- und Mitteleuropas fanden ihren Weg zu Freiheit und Eigenstaatlichkeit.