Die aktuelle Flüchtlingssituation verdeutlicht exemplarisch, wie sehr der Staat auf ehrenamtliches Engagement angewiesen ist. Doch damit wälzt er existenzsichernde Aufgaben auf die Zivilgesellschaft ab, kritisieren die Sozialwissenschaftlerinnen Silke van Dyk, Emma Dowling und Tine Haubner. Sie diskutieren die Dilemmata von Freiwilligenarbeit im aktivierenden Staat und plädieren für eine Politisierung: Nur eine radikale Kritik der Verhältnisse ebne den Weg zu emanzipatorischer Solidarität.
Flüchtlingshilfe ist in den vergangenen Monaten zu einer Massenbewegung geworden, die jenen trotzt, die auf Pegida-Demos ihren Rassismus in die Welt tragen: Unzählige Freiwillige verteilen Lebensmittel und Kleidung an Bahnhöfen und vor Registrierungsstellen, sie begleiten Ankommende zu Ämtern, stellen Wohnungen zur Verfügung, versorgen Geflüchtete medizinisch oder bieten Sprachunterricht an. Diese Hilfe erfolgt einmalig und spontan, nicht selten aber auch regelmäßig, in den Feierabendstunden und während des eigenen Urlaubs.
Die Bilder vom Münchner Hauptbahnhof oder vom Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) sprechen eine deutliche Sprache: Als praktische Hilfe ist dieses Engagement unter den gegebenen Bedingungen in humanitärer Hinsicht alternativlos, von seiner antirassistischen Symbolkraft ganz zu schweigen.