Wie die Fehler der Nachwendezeit unsere Demokratie vergiften

Bild: imago/Michael Trammer
Wer wie ich als sächsische Integrations- und Gleichstellungsministerin Hunderte von Gesprächen geführt und in Dutzenden offener Bürgerrunden gesessen hat, wird mit vielerlei Kritik, Wut und sogar Hass konfrontiert. Das Thema der Geflüchteten war dabei allgegenwärtig. Ein Zusammenhang zwischen der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und den eigenen Problemen wurde schnell hergestellt – ähnlich wie es kürzlich auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki mit seiner Behauptung insinuierte, die Wurzeln für die Chemnitzer Ausschreitungen lägen im „‚Wir schaffen das‘ von Kanzlerin Angela Merkel“ und später Bundesinnenminister Horst Seehofer mit seinem unsäglichen Satz: „Die Migration ist die Mutter aller politischen Probleme in Deutschland.“ Dabei wird jedoch oft vergessen, dass die Demonstrationen von Pegida weit vor dem Sommer 2015 starteten, also bevor die vielen Geflüchteten ins Land kamen.
Als langjährige Landrätin und Bürgermeisterin entwickelt man sehr feine Sensoren für gesellschaftliche Stimmungen. Dass sich etwas zusammenbraut, habe ich schon vor sehr langer Zeit gespürt. Doch ich hielt vieles davon für das übliche Schimpfen und Murren, wie ich es seit den 1990er Jahren kenne.