Ausgabe Dezember 2021

Revolutionäres Denken in Aktion

Frédéric Ciriez und Romain Lamy, Frantz Fanon (Hamburger Edition)

Bild: Frédéric Ciriez und Romain Lamy, Frantz Fanon (Hamburger Edition)

Der Versuch mutet eigenwillig an: Zeit, Leben, Denken und Handeln eines Menschen in eine gezeichnete Geschichte zu packen, eine Graphic Novel. Hier ist er ein Glücksfall. Schon weil sein Subjekt Frantz Fanon – Psychiater, Philosoph, Poet, Diplomat, Revolutionär – so einzigartig ist. Und weil Fanons zentrales Thema zurück ist: der Kolonialismus und seine Verheerungen. Im Kampf gegen die globale Ungleichheit, Despotentum, Rassismus und Gewalt wirkt das koloniale Erbe wieder allgegenwärtig. Ebenso wie die für uns im reichen Westen so unbequeme Erkenntnis, dass unser Wohlstand, unser Hochmut, unser manischer Konsum, unsere durchtriebene Gleichgültigkeit, unser rasanter Ausstoß von Treibhausgasen eng mit der – mit „unserer“ – Kolonisierung der Welt verwoben sind.

Fanon ist vor allem für sein Hauptwerk und Vermächtnis berühmt: „Les Damnés de la terre“ – „Die Verdammten dieser Erde“, geschrieben kurz vor seinem frühen Tod 1961. Eine scharfe, oft brillante, zornige und zugleich präzise Analyse kolonialer Macht und die Suche nach Wegen, diese individuell und kollektiv zu besiegen. Bei Revolutionären in Afrika, Asien, Lateinamerika, ja selbst bei den Black Panthers in den USA war Fanon Pflichtlektüre. In Deutschland erscheint diese Krankenakte des weiß-westlichen Bewusstseins bei Suhrkamp und im damals progressiven Rowohlt Verlag.

Dezember 2021

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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