Naomi Klein: Der maskierte Raub. Künstliche Intelligenz und die Halluzinationen der Tech-Konzerne, S. 53-62
Seit ChatGPT Ende vergangenen Jahres auf den Markt kam, ist viel von den Vorzügen Künstlicher Intelligenz die Rede: Sie könne die Armut beenden, Krankheiten heilen oder gar das Problem des Klimawandels lösen. Das aber ist nichts anderes als eine „Halluzination“, warnt die Journalistin und Globalisierungskritikerin Naomi Klein. In unserem auf Profitmaximierung ausgerichteten Wirtschaftssystem droht KI vielmehr zu einem furchterregenden Werkzeug weiterer Enteignung und Plünderung zu werden.
Roberto Simanowski: Narrative der Weltbeglückung. Die neue Sprach-KI und die Mathematisierung der Ethik, S. 63-73
Ende März warnten KI-Experten in einem Offenen Brief vor einer Künstlichen Intelligenz, die der Mensch – eines Tages – vielleicht nicht mehr kontrollieren könne. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski sieht dagegen noch ein anderes, bereits heute existentes Problem: Sprach-KI, wie keine andere Technologie zuvor mit Machtstrukturen verquickt, könnte schon bald selbst unsere Ethik und unsere Wertvorstellungen bestimmen.
Richard N. Haass und Charles Kupchan: Den Frieden verhandeln, Kiews Sicherheit garantieren. Für einen Plan B im Ukrainekrieg, S. 74-82
Während jeden Tag die Kosten für den Krieg in der Ukraine steigen, scheint eine diplomatische Lösung aktuell außer Reichweite. Dennoch gelte es, die Ukraine nicht nur militärisch zu stärken, sondern zugleich einen Friedensprozess vorzubereiten, so der Diplomat Richard N. Haass und der Politikwissenschaftler Charles Kupchan. Andernfalls drohe ein jahrelanger Krieg, der weder im Interesse des Westens noch der Ukraine sein kann.
Thomas Speckmann: Spanien 1936 bis Ukraine 2022: Das Zaudern der Demokratien, S. 83-90
Die Reaktion der westlichen Demokratien auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine wird von vielen als historische Zäsur interpretiert. Das aber ist ein Trugschluss, argumentiert der Historiker und Politikwissenschaftler Thomas Speckmann. Er erkennt in der Reaktion des Westens bekannte Verhaltensmuster aus dem letzten Jahrhundert. Abwarten statt Eingreifen laute dabei das Motto, solange die eigene Nation nicht in Gefahr ist.
Felix Heidenreich: Frankreich als Menetekel. Wie wir mit dem Heute das Morgen verspielen, S. 91-96
Frankreich befindet sich in der größten innenpolitischen Krise seiner jüngeren Geschichte – das zeigen vor allem die Auseinandersetzungen um Emmanuel Macrons Rentenreform. Der Politikwissenschaftler Felix Heidenreich sieht darin ein Problem, das letztlich alle westlichen Demokratien betrifft: das des langfristigen Regierens gegen kurzfristige Interessen. Gerade mit Blick auf kommende Herausforderungen – Stichwort Klimakrise – gelte es, Zumutungen gerecht zu verteilen.
Lukas Hermsmeier: Chicago: Prävention statt Polizei. Mit mehr sozialer Gerechtigkeit gegen das US-Strafsystem, S. 97-105
Verbrechen wie Mord und Diebstahl gehören in Chicago zum Alltag. Doch trotz der verbreiteten Unsicherheit – und einer von rechten Politikern geschürten „Crime Panic“ – gewann dort jüngst ein linker Demokrat die Wahl zum Bürgermeister, der die Kriminalität nicht mit noch mehr Polizei, sondern mit sozialen Programmen bekämpfen will. Damit könnte, so die Einschätzung des Journalisten Lukas Hermsmeier, der „autoritäre Konsens“ in den USA zunehmend ins Wanken geraten.
Markus Linden: Reaktionäre Reaktion. Wie die Kritik an linker Identitätspolitik in rechtes Identitätsdenken kippt, S. 107-116
Die Kritik an linker Identitätspolitik vereint eine große Szene unterschiedlichster Akteure – von deutschen Denkfabriken bis hin zu etablierten US-amerikanischen Wissenschaftlern. Der Politikwissenschaftler Markus Linden beleuchtet dieses Spektrum und warnt: Statt der vermeintlichen linken Diskurshegemonie droht viel eher eine gefährliche Zusammenarbeit von demokratischem Konservatismus und radikaler Rechter, die in ein rechtes Identitätsdenken abzukippen droht.
Hendrik Küpper und Carsten Schwäbe: Rot gegen Grün statt Rot-Rot-Grün. Der ruinöse Kampf der linken Kartellparteien, S. 117-124
Die linken Parteien der Bundesrepublik befinden sich in einem ruinösen Wettbewerb – das zeigen die Streitigkeiten zwischen den Ampelparteien SPD und Grüne. Die Politologen Hendrik Küpper und Carsten Schwäbe sehen die Ursache dafür in der Entwicklung hin zu Kartellparteien, die ihren Machterhalt über politische Inhalte stellen. Werde der ruinöse Wettbewerb nicht beendet, könne es keine wirklich linke Politik geben.