Ausgabe November 2023

Kulturkampf und Klimakrise

Die US-Rechte als Anti-Umweltbewegung

Eine USA-Flagge weht zwischen Blumen, während der Rauch eines Waldbrandes in den Himmel aufsteigt, Markleeville, Kalifornien, 17.7.2021 (IMAGO / ZUMA Wire / Jungho Kim)

Bild: Eine USA-Flagge weht zwischen Blumen, während der Rauch eines Waldbrandes in den Himmel aufsteigt, Markleeville, Kalifornien, 17.7.2021 (IMAGO / ZUMA Wire / Jungho Kim)

Im August 2023 lud der amerikanische Sender Fox News alle republikanischen Bewerberinnen und Bewerber um die Präsidentschaftsnominierung zum ersten Fernsehduell ein. Bis auf Donald Trump nutzten die Wettbewerber diese Gelegenheit, direkt zum konservativen Kernpublikum zu sprechen. Im Laufe der hitzigen Debatte baten die Moderatoren die Anwesenden schließlich um ein Handzeichen, falls sie daran glaubten, dass die Klimakrise durch Menschen verursacht sei. Die Kandidaten erstarrten, keine Hand regte sich. Eines wurde an diesem Abend damit erneut deutlich: Die Leugnung der Ursachen der Klimakrise und die Ablehnung von Ökologie und Klimaschutz sind heute ein fester Bestandteil der politischen Agenda der Republikanischen Partei und Teil der politischen Identität des rechten Amerikas.

Das war nicht immer so. Die Radikalisierung der Republikaner im Bereich Umwelt- und Klimaschutz war kein Selbstläufer, sondern das Ergebnis von politischen Entscheidungen und bewussten Weichenstellungen. In der Geschichte der amerikanischen Rechten findet man immer wieder Momente, in denen die republikanische Führung offen für den Ausbau von Natur- und Umweltschutz war, während sie in anderen Kontexten bereits vehement gegen Bürgerrechte und Gleichberechtigung kämpfte: Es war Richard Nixon, der 1970 die Environmental Protection Agency ins Leben rief; Ronald Reagan unterschrieb 1987 das Montreal Protocol und machte damit den Kampf gegen das Ozonloch zum Erfolg; George H.W. Bush reformierte den Clean Air Act und berief erfahrene Umweltschützer in sein Kabinett.

Umweltpolitik war folglich lange ein Feld, auf dem Republikaner und Demokraten mühelos zueinanderfanden und großer Konsens zu herrschen schien. Doch davon ist wenig übriggeblieben. Amerika ist heute die Heimat des Klimawandelskeptizismus und – noch – die einzige westliche Demokratie, in der die konservative Volkspartei geschlossen die Ursachen der Klimakrise leugnet und ihre Auswirkungen banalisiert. In der wohlhabendsten Industrienation der Welt bekämpft ein großer Teil der politischen Elite Klimaschutz, während die amerikanischen Medien gezwungen sind, ganzjährig von katastrophalen Extremwetterlagen zu berichten, deren gewaltige Zerstörungskraft eine unmittelbare Folge der fortgeschrittenen globalen Erwärmung ist. Die Vereinigten Staaten, die Wiege der modernen Umweltbewegung, halten heute zahlreiche ökologische Negativrekorde.

Der Umgang der beiden politischen Parteien mit der Klimakrise könnte dabei unterschiedlicher kaum sein. Während Donald Trump die globale Erwärmung als „chinesische Verschwörung“ abtut und seine Amtszeit dazu nutzte, den staatlichen Umweltschutz insgesamt systematisch auszuhöhlen und den Abbau der natürlichen Ressourcen des Landes in Höchstgeschwindigkeit voranzutreiben, hat sein Nachfolger Joe Biden 2022 mit dem Inflation Reduction Act (IRA) die ehrgeizigste Dekarbonisierungsreform unterschrieben, die das Land bisher gesehen hat.

Der Kontrast zum überparteilichen umweltpolitischen Aufbruch macht die Kluft zwischen den beiden Parteien besonders erklärungsbedürftig. Wo ist der ökologische Konsens der späten 1960er und 1970er Jahre hin? Wie wurde aus der Partei des Präsidenten Richard Nixon, der die nationale Umweltschutzbehörde gegründet und den Artenschutz zur nationalen Pflicht erklärt hatte, die Heimat all derjenigen, die Umweltschutz vehement bekämpfen?

Umweltschutz als Teil politischer Großkonflikte

Anti-Environmentalism wird häufig als Relikt einer präökologischen Zeit beschrieben. Widerstand gegen Umweltschutzmaßnahmen spielte in der historischen Forschung bisher als eigenständiges politisches Projekt kaum eine Rolle, sondern wurde oft nur als die Hürde, die es für die Umweltbewegung zu überwinden galt, beschrieben. Auch deshalb blieb der Blick auf diejenigen, die Widerstand gegen Umweltschutzmaßnahmen leisteten, meist oberflächlich: Im Zentrum stehen Industriekonzerne, die, angetrieben von Profitinteressen, die Notwendigkeit von Umweltschutz bestreiten oder internationale Netzwerke, die den öffentlichen Diskurs manipulieren. Darüber hinaus hätte die Angst vor einer Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und vor dem Verlust von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen Großindustrielle mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihrem Kampf gegen Umweltschutz vereint.

Manches an diesen Interpretationen ist plausibel: etwa die Bedeutung, die den strukturellen Veränderungen und dem industriellen Wandel zum Beispiel im Nordwesten der USA oder den Veränderungen auf dem globalen Rohstoffmarkt zugesprochen wird. Allerdings zeichnet diese Perspektive auch ein Bild, das in seiner Eindeutigkeit problematisch ist. Bei der historischen Analyse des Anti-Environmentalism ist es wichtig, dass man unterscheidet zwischen Protest gegen ökologische Maßnahmen als wichtiger Bestandteil eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses um das angemessene Maß und die richtige Form von Umweltschutz – und Widerstand gegen Klimaschutz als politisches Projekt reaktionärer Bewegungen. Es ist höchste Zeit, dass wir die tiefergehende Ablehnung der Forderungen und Werte der Umweltbewegung als historischen Gegenstand ernst nehmen – nicht nur, weil die Folgen dieses Widerstandes dramatische Spuren hinterlassen haben, sondern auch, weil die Motive, Dynamiken und Entwicklung dieser Bewegung sowie die dahinterstehende Haltung und Ideologie viel über die kulturellen Verschiebungen und die politischen Großkonflikte in den USA aussagen. Dafür muss man Anti-Environmentalism in seiner Vielschichtigkeit und auch Widersprüchlichkeit erklären, anstatt das Phänomen zu belächeln, zu marginalisieren oder künstlich zu homogenisieren; gleichzeitig darf man den Widerstand gegen Umweltschutz nicht entkoppeln von den gewaltigen politischen und kulturellen Verschiebungen, die die amerikanische Gesellschaft seit den 1960er Jahren geprägt haben.

Umweltschutz, verstanden als conservation, als bewahrend, als Mittel gegen eine aus der Balance geratene Modernisierung, war durchaus anschlussfähig in der konservativen Bewegung – vor allem dann, wenn davon keinerlei Bedrohung für die etablierten ethnischen und kulturellen Hierarchien ausging. Und trotzdem konnte die ökologische Frage sich nicht dauerhaft den Dynamiken der Radikalisierung entziehen und wurde schließlich sogar zu einem besonders umkämpften Schlachtfeld der sogenannten culture wars. Erst wenn man die Geschichte der Umweltpolitik und des Konservatismus verknüpft, wird diese Entwicklung verständlich und die historische Bedeutung der antiökologischen Bewegung für die jüngere politische und Gesellschaftsgeschichte der USA sichtbar.

Verhinderte Chancen: Klimaschutz in den 1980er Jahren

Ende der 1970er Jahre standen die Voraussetzungen für den Start in eine effektive Klimaschutzpolitik zunächst nicht schlecht. Nach Jahren intensiver Klimaforschung lagen wesentliche Informationen zum Treibhauseffekt vor. Im Kongress gab es keine politische Kraft, die grundsätzliche Zweifel an diesen Erkenntnissen hegte oder sich einen strategischen Vorteil davon versprach, sie zu leugnen. Die Erkenntnisse aus der Klimaforschung trafen außerdem auf eine amerikanische Gesellschaft, die dem Thema Umweltschutz mehrheitlich positiv gegenüberstand und nach den Ölkrisen der Vorjahre die Vorteile einer Energiewende durchaus nachvollziehen konnte. Doch mit Reagans Wahlsieg 1981 hielt ein neuer programmatischer Antiökologismus Einzug in die Debatte, der auch von dem Bedürfnis des neuen Präsidenten getrieben war, sich von der vorherigen Regierung abzugrenzen.

Ihre volle Wirkmacht entfaltete die neue Ablehnung der Umweltbewegung dank des Eingreifens der fossilen Industrie – vor allem von ExxonMobil. Der Erdölkonzern hatte bereits nach den ersten Warnungen vor den möglichen Folgen eines Treibhauseffekts damit begonnen, sich intern mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nachdem der Kongress 1977 das erste Klimaschutzgesetz diskutiert hatte, identifizierte die Unternehmensspitze CO2-Reduktion als Bedrohung des eigenen Geschäftsmodells und reagierte mit einer kommunikativen Doppelstrategie: Auf der einen Seite wurde die interne Forschungsabteilung ausgebaut. Der Konzern holte sich anerkannte Klimatologen und Physiker wie Brian Flannery oder Haroon Kheshig ins Haus, die mit ihrem Team in Fachzeitschriften publizierten, im intensiven Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen an den staatlichen Instituten standen und insgesamt eine konstruktive Rolle in diesem wachsenden Forschungsfeld spielten. Regelmäßig informierten sie außerdem das Management über die neuesten Befunde der Klimaforschung und fassten bereits 1979 zusammen: „Die am weitesten verbreitete Theorie ist die folgende: Der Anstieg (des CO2 in der Atmosphäre) ist auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurückzuführen; die zunehmende CO2-Konzentration wird zu einer Erwärmung der Erdoberfläche führen; der derzeitige Trend des Verbrauchs fossiler Brennstoffe wird vor dem Jahr 2050 dramatische Umweltauswirkungen verursachen.“

Auf diese Weise stellte der Konzern nicht nur sicher, dass die Unternehmensführung durchgehend eine realistische Vorstellung vom Klimawandel hatte, er sicherte sich auch ein öffentliches Mitspracherecht bei politischen Entscheidungsfindungsprozessen in der Klima- und Umweltpolitik, wo die hauseigenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Anhörungen teilnahmen. Auf der anderen Seite baute der Konzern eine PR-Abteilung auf, die den Forschungsstand in Sachen Klimaschutz systematisch zu delegitimieren suchte; sie intensivierte ihre Arbeit ab den frühen 1990er Jahren massiv, also genau in dem Moment, in dem der Internationale Klimarat IPCC einen öffentlichen Konsens in der Forschung verkündete und der Earth Summit anstand. Der Konzern adressierte gezielt ein akademisches Publikum, das sich politisch in der Mitte verortete und dessen Angehörige sich als informierte Meinungsführer verstanden. Der wichtigste Zugang zu dieser Gruppe war die Kommentarseite der „New York Times“, auf der ExxonMobil zwischen 1972 und 2001 regelmäßig teure advertorials schaltete – Anzeigen, die im Stil eines Zeitungsartikels abgedruckt werden und deshalb im besonderen Maße von der Glaubwürdigkeit des Mediums profitieren. Der Konzern beanspruchte so über Jahrzehnte Anzeigenfläche auf einer der beliebtesten Seiten des wohl einflussreichsten amerikanischen Leitmediums.

Während der überwiegende Teil der internen Kommunikation keinen Zweifel daran ließ, dass der Klimawandel eine Bedrohung für die Menschheit darstellte und anthropogene Ursachen hatte, drückten über achtzig Prozent der Anzeigen Zweifel an eben diesen Tatsachen aus. Das nahm teilweise bizarre Formen an: Während 1995 etwa intern festgehalten wurde, dass contrarian theories keine überzeugenden Argumente gegen das bestehende Modell des durch CO2-Emissionen verursachten Klimawandels vorzuweisen hätten, verkündete der Konzern unmittelbar vor dem Klimagipfel in Kyoto den Leserinnen und Lesern der „New York Times“: „Machen wir uns nichts vor: [...] Wir wissen immer noch nicht, welche Rolle die vom Menschen verursachten Treibhausgase bei der Erwärmung des Planeten spielen könnten.“

Doch auch außerhalb der bezahlten Anzeigen entfaltete die Desinformationskampagne Wirkung und die 1990er bildeten hier eine Zäsur. Ende der 1980er Jahre – also als die ökologische Aufbruchsstimmung nach den antiökologischen Reagan-Jahren einen erneuten Höhepunkt erreichte – konzentrierten sich die Leitmedien noch darauf, die Ursachen für die globale Erwärmung zu erläutern und verschiedene Lösungsvorschläge zu diskutieren. Dies änderte sich, als die Republikaner den Kampf gegen Klima- und Umweltschutz fest in ihrem Programm verankerten und sich damit dezidiert gegen den Forschungsstand stellten. Das Thema wurde so zunehmend als politisiert wahrgenommen, und damit schien die Direktive des politischen Journalismus zu greifen, nach der immer beide Parteien zu Wort kommen und vor allem ihre Wortmeldungen als gleichermaßen legitim präsentiert werden müssen.

Die Kampagne zeigt Wirkung

Es gibt Versuche, den Einfluss der fossilen Desinformationskampagnen und der republikanischen Programmatik auf die öffentliche Debatte und vor allem die mediale Berichterstattung über den Klimawandel empirisch zu erfassen. 2004 veröffentlichten die Wissenschaftler Jules Boykoff und Maxwell Boykoff eine Untersuchung zum Umgang der klassischen Leitmedien mit dem Aufstieg der Klimawandelleugner. Sie konnten nachweisen, dass die Berichterstattung der „New York Times“, der „L. A. Times“, der „Washington Post“ und des „Wall Street Journals“ zwischen 1988 und 2002 aktiv dazu beigetragen hatte, dass sich der öffentliche Diskurs über den Klimawandel vom akademischen Stand der Debatte entkoppelte. Während sich der wissenschaftliche Kenntnisstand dank intensiver Forschung verbesserte und so weit konkretisierte, dass bald kein Zweifel mehr an den Ursachen der Erderwärmung bestand und zudem die Prognosen immer genauer wurden, zeichneten die Medien das gegenteilige Bild und konzentrierten sich in ihrer Berichterstattung zunehmend auf vermeintliche Unsicherheiten, Zweifel und Unstimmigkeiten. Das dahinterstehende Versagen, den tatsächlichen Forschungsstand und die wissenschaftliche Debatte für ein nicht wissenschaftliches Publikum zu übersetzen, hatte dabei weniger mit fachlicher Überforderung zu tun, sondern war vielmehr Ausdruck taktischer Entscheidungen.

Das Neutralitätsgebot sei von den Medienschaffenden so interpretiert worden, dass „beiden Seiten“ – ohne Ansehen der wissenschaftlichen Substanz ihrer Behauptung – gleichermaßen Raum gegeben werden müsse, so Boykoff und Boykoff: Das Gebot der politisch ausgewogenen Berichterstattung (balanced reporting) habe die Reichweite einer kleinen Gruppe von Klimawandelskeptikern enorm erweitert. Die traditionellen Leitmedien entpuppten sich mit dieser Form des bothsidesism als unfreiwillige, aber effiziente Gehilfen der industriellen Desinformationskampagnen.

Für die Leserinnen und Leser verfestigte sich so der Eindruck, dass sich bei diesem Thema zwei Lager gegenüberstünden, die gleichermaßen substanzielle Forschungsergebnisse produzierten und ähnlich legitime Positionen formulierten. Vergleichende politikwissenschaftliche Studien haben inzwischen auch gezeigt, dass es sich hierbei weitestgehend um ein amerikanisches Spezifikum handelt: In keinem anderen westlichen Industrieland wurde bisher so oft über vermeintliche Unstimmigkeiten oder Ungewissheiten in der Klimaforschung berichtet wie in den USA.

Bleibt die Frage, wie die Anerkennung dieser climate contrarians in den amerikanischen Leitmedien die Haltung der amerikanischen Gesellschaft zum Klimaschutz beeinflusste. Unzweifelhaft ist, dass die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner über viele Jahre ein völlig falsches Bild des Debattenstands in der Forschung hatten. Während seit Mitte der 1990er Jahre Konsens über die Ursachen des Klimawandels besteht, nahmen 2006 in einer Umfrage von „ABC News“ über 64 Prozent der Befragten an, dass es einen großen Dissens in der Klimaforschung gebe. Im selben Jahr stimmten nur 56 Prozent der Befragten in einer weiteren Umfrage des „Time Magazin“ der Aussage zu, dass ein globaler Temperaturanstieg belegt sei – fast zwei Jahrzehnte, nachdem der Klimaforscher James Hansen den Mitgliedern des US-Kongresses mitgeteilt hatte, dass die Erwärmung bereits messbar sei.

Der Aufstieg der Klimawandelleugner in den 1990er Jahren lässt sich also mit dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren erklären: der Entscheidung der Erdölindustrie, ihr Geschäftsmodell mit Hilfe gezielter Desinformation zu verteidigen; der aktiven Verleumdung der Klimaforschung, angeführt von konservativen Thinktanks; der geringen Immunität der Leitmedien gegenüber der großangelegten Desinformationskampagne und der Sabotage des öffentlichen Diskurses durch die konservative Bewegung; den antiökologischen Reflexen und Traditionen der Republikanischen Partei seit Reagan und der damit verbundenen habituellen Distanz zur Umweltbewegung.

Während sich die republikanische Fraktion im Kongress beim Thema Klimaschutz in den 1990er Jahren radikalisierte, blieb Umweltschutz auch im konservativen Amerika zunächst beliebt. Es brauchte Verstärker, um die Positionen der Republikaner an der Basis zu verankern. Es war unter anderem der Sender „Fox News“, der die Ablehnung von Klimaschutz und die Leugnung der Klimakrise in die Fläche trug und so den gesellschaftlichen Aushandlungsprozess über das Thema zerstörte. Die Berichterstattung des Senders über das Thema Klimawandel war von Beginn an durch eine größere Skepsis gegenüber der Forschung und den politischen Lösungsvorschlägen geprägt als die anderer Sender – allerdings waren diese Unterschiede selbst Mitte der Nullerjahre deutlich geringer ausgeprägt als heute. Auch auf Fox News beschrieben die meisten Beiträge den Klimawandel bis 2006 noch als eine „ökologische Tragödie“, bei der die Menschen durch den Gebrauch fossiler Brennstoffe ihre Umwelt und Lebensgrundlage zerstörten.

Das änderte sich ab 2007: Die Forschungsergebnisse und Prognosen der Klimaforschung verschwanden aus dem Programm, es fand keine Form von Vermittlung bzw. Aufklärung über dieses Phänomen mehr statt. Stattdessen dominierten nun Berichte, in denen die globale Erwärmung als bewusst betriebenes liberales Täuschungsmanöver und falscher Alarm dargestellt wurde oder ausschließlich die vermeintlichen ökonomischen Risiken von Klimaschutz im Fokus standen. Ein gutes Beispiel für diese qualitative Verschiebung war die Berichterstattung rund um die Veröffentlichung des vierten IPCC-Sachstandberichts im Februar 2007. Der Weltklimarat schlug darin Alarm. Wenige Tage später wurde Al Gores Klimafilm „An Inconvenient Truth“ mit zwei Oscars ausgezeichnet. Die Dokumentation über die Ursachen und Folgen der globalen Erwärmung trug wesentlich dazu bei, die naturwissenschaftliche Debatte einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Die Paralellwelt in »Fox News«

Für die Zuschauerinnen und Zuschauer von Fox News sah die Welt allerdings etwas anders aus: An einem normalen Nachrichtenabend teilte ihnen um 18 Uhr erst ein Experte des Competitive Enterprise Institute mit, dass Gore die Manifestation eines intoleranten Linken sei und damit perfekt in die alarmistische Klimabewegung passe. Um 20 Uhr durften sie dem konservativen Starmoderator Bill O’Reilly dabei zuschauen, wie er ausführlich den Klimawandelleugner Patrick Michaels interviewte: „Der IPCC-Bericht ist vollkommen überbewertet.“ Im anschließenden „Hannity-Report“ machte sich dann der gleichnamige Showmaster Sean Hannity darüber lustig, dass es im ganzen Land kalt sei – obwohl die Umweltbewegung doch die ganze Zeit mit einer globalen Erwärmung drohe.

In der Berichterstattung von Fox News über die globale Erwärmung dominierten Verleumdung, Ignoranz und Hohn. Allein 2008 verdreifachte sich die Anzahl an Sendungen, in denen es um den Klimawandel ging – ohne dass die Erkenntnisse der Klimaforschung dabei ernst genommen wurden. Aus der Perspektive eines treuen Fox-News-Konsumenten war es von nun an unmöglich, auch nur eine Ahnung der wissenschaftlichen Zusammenhänge und drohenden Folgen der Klimakrise zu bekommen – während die Extremwetterlagen vor der eigenen Haustür zunahmen.

Mit der Gründung des Senders in den 1990er Jahren, dem Aufstieg erzkonservativer Radiosender und dem Entstehen eines dichten Netzwerks aus rechten Blogs und Websites wurde das Land zu einem Ort, dessen Medienkonsumentinnen und -konsumenten in zunehmend voneinander getrennten Wirklichkeiten leben. Die Vereinigten Staaten gerieten so in eine epistemische Krise, in der die Wählerinnen und Wähler keine Wahrnehmung der Realität mehr teilten und damit die Grundlage für eine lösungsorientierte Debatte fehlte. Rückblickend wirkt der republikanische Umgang mit der Klimakrise seit den 1990er Jahren wie der sprichwörtliche Kanarienvogel im Bergwerk, an dem man die grundlegende Radikalisierung des konservativen Amerika auch vor 2016 gut hätte erkennen können. Die Debatte um die globale Erwärmung schien eine Art Testfeld für die amerikanische Rechte zu sein, mit welchen Mitteln sich Deutungshoheit erringen ließ, wenn eine Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung die eigenen Überzeugungen nicht teilte.

Die Einstellung der US-Gesellschaft zu politischen Fragen wie Umwelt- und Klimaschutz wird seit Jahrzehnten konstant von Umfrageinstituten gemessen. Hier lassen sich politische Prioritäten, einschneidende Ereignisse oder der Erfolg von Informations- und Aufklärungskampagnen gut ablesen. Zwischen April 2008 und September 2009 wird dabei eine plötzliche Veränderung sichtbar: Der Glaube an den Klimawandel brach im konservativen Amerika massiv ein. Bis dahin hatte zumindest noch die Hälfte der republikanischen Wählerinnen und Wählern keine Zweifel an der Existenz der globalen Erwärmung; 2010 glaubten nur noch knapp 30 Prozent den Ergebnissen der Klimaforschung.

Nachdem die Spitze der Republikaner jahrelang für ihren Widerstand gegen Klimaschutz selbst unter den eigenen Wählerinnen und Wählern keine Mehrheit hatte, wurde Anti-Environmentalism nun zum ersten Mal zur dominanten Haltung des konservativen Lagers. In keinem anderen politischen Feld drifteten die beiden politischen Lager von da an so schnell und weit auseinander; die Themen Klima- und Umweltschutz wurden in die obersten Ränge sogenannter Polarisierungsindexe katapultiert.

Vielen Beobachterinnen und Beobachtern schien es, als erkläre vor allem die globale Wirtschaftskrise von 2008 die plötzliche Feindseligkeit gegenüber Klimaschutz. Jüngere empirische Analysen zeigen allerdings die Grenzen dieser Erklärung. Sie konnte weder den einseitig parteiischen Charakter dieser Verschiebung erklären (obwohl Amerikanerinnen und Amerikaner beider politischer Lager von der Wirtschaftskrise betroffen waren, änderten nur republikanische Wählerinnen und Wähler ihre Haltung) noch die Tatsache, dass die USA das einzige Land waren, in dem sich ein solch dramatischer Einbruch im Klimabewusstsein messen ließ (obwohl die Rezession selbstverständlich kein rein amerikanisches Phänomen war). Auch das parallel wachsende Misstrauen des konservativen Amerika in Wissenschaft und Forschung lässt sich nicht kausal mit der Rezession in Verbindung bringen.

Wichtiger als die Krise 2008 waren der Einzug des ersten schwarzen Präsidenten ins Weiße Haus im Januar 2009 und der Aufstieg der Tea Party. Diese Bewegung wurde anfangs als populistische Revolte sogenannter Modernisierungsverliererinnen und -verlierer missinterpretiert. Empirische Untersuchungen machten allerdings schnell deutlich, dass es sich bei den Aktivistinnen und Aktivisten fast ausschließlich um Weiße handelte, die keinesfalls als sozial schwach eingestuft werden konnten und die den Affordable Care Act (Obamas ehrgeizige Gesundheitsreform und wichtigstes innenpolitisches Projekt) zwar als Anlass für ihre Proteste beschrieben, aber darüber hinaus ein spezifisches Weltbild teilten: Sie bestritten die amerikanische Herkunft Obamas und stellten somit nicht nur die Legitimität seiner Präsidentschaft infrage, sondern machten auch deutlich, wer in ihren Augen zum „wahren“ Amerika dazugehörte und wer nicht. Sie forderten den Abbau all jener staatlichen Programme, die der verbreiteten Wahrnehmung nach vor allem Minderheiten zugutekamen. Sie waren aber nicht grundsätzlich gegen sozialstaatliche Maßnahmen, solange diese wie das Rentensystem Social Security oder die Gesundheitsversorgung für ältere Menschen MediCare ihnen selbst oder denjenigen zugutekamen, die sie als ihresgleichen wahrnahmen. Die Präzision, mit der die Protestierenden hier differenzierten, war bestechend. Und sie hatten auch eine eindeutige Haltung in ökologischen Fragen: 75 Prozent der Aktivistinnen und Aktivisten der Tea Party stritten die Existenz des Klimawandels ab – nirgendwo sonst lässt sich eine vergleichbar hohe Dichte an Klimawandelleugnern feststellen. Die Ablehnung von Klima- und Umweltschutz wurde zu einem wichtigen rallying cry der Bewegung. Der Anti-Environmentalism der republikanischen Führung hatte endlich seine Graswurzelbewegung gefunden.

Die Tea Party versorgte das konservative Amerika nach der deutlichen Niederlage von John McCain 2008 mit einer neuen politischen Identität. Auch wenn sie als Protestbewegung von unten beschrieben wurde, spielten etablierte Politikerinnen und Politiker ebenso eine zentrale Rolle bei der Organisation der lokalen Ableger wie die Institutionen der Neuen Rechten. Darüber hinaus wurde die Bewegung großzügig von einer republikanischen Wirtschaftselite und den konservativen Mediennetzwerken unterstützt.

Warum Obamas Klimapolitik scheiterte

In den Obama-Jahren, Jahrzehnte nachdem Wissenschaftler den Treibhauseffekt zu messen begonnen hatten, machte die amerikanische Rechte den Kampf gegen die Klimabewegung zum Kernbestandteil ihrer Identität. Aus dem Protest gegen ökologische Einzelmaßnahmen und habitueller Distanz zur Umweltbewegung wurde ein politisches Projekt. Das veränderte den Kontext, in dem von nun an über Klimaschutz entschieden werden konnte: Der Aushandlungsprozess über das richtige Maß und die richtige Form von Umweltschutz wurde zunächst im Kongress und dann in Reaktion auf den Amtsantritt Obamas durch die Tea Party einseitig von der amerikanischen Rechten abgebrochen.

Zu einem eindrücklichen und für die Umweltbewegung besonders schmerzhaften Beleg für diese Verschiebung wurde 2009 das Schicksal von Obamas wichtigster Klimaschutzinitiative. Angetrieben von der Überzeugung, dass sich die politische Kluft zwischen den beiden Parteien in Washington schließen lasse, entwickelte die Obama-Administration eine ambitionierte Klimaschutzreform. Die Waxman-Markey American Clean Energy and Security Bill wollte die Abhängigkeit des Landes von fossilen Brennstoffen mit Hilfe neuer Standards, Investitionen und vor allem mit einem Cap-and-trade-Mechanismus (Emissionshandel mit Obergrenze) beenden.

Anders als seine Nachfolger hatte Obama mit zunächst sechzig Sitzen im Senat die politische Mehrheit, um ein solch ambitioniertes Vorhaben umzusetzen. Dennoch versuchte er, lagerübergreifende Gemeinsamkeiten zu schaffen, indem er beim Klimaschutz dezidiert nicht auf staatliche Regulierung, sondern auf marktwirtschaftliche Anreize setzte. Zahlreiche prominente Republikaner hatten cap-and-trade im Wahlkampf als neuen Ansatz eines Free Market Environmentalism propagiert, allen voran Obamas Gegenspieler in der Präsidentschaftswahl John McCain. Doch die inhaltliche Ausgestaltung von Politik spielte für den konservativen Kampf gegen die Obama-Administration keine Rolle. Nach ihrer Wahlniederlage wollten die Republikaner von cap-and-trade nichts mehr wissen, Obamas super majority im Senat bröckelte und der linke Flügel der Demokratischen Partei verweigerte einer dezidiert marktorientierten Klimareform den Rückhalt – Obamas Klimapolitik scheiterte krachend.

Mit dem Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus im Januar 2017 wurde Anti-Environmentalism schließlich zur Staatsdoktrin und von der Regierung systematisch, konsequent und zügig umgesetzt. Tatsächlich schien es wenige andere Politikfelder zu geben, in denen die anfangs recht unvorbereitete Trump-Administration so effizient und wirkungsvoll vorging wie beim Abbau von Umweltschutz.

Die 2020er Jahre: Gelingt Bidens Klimastrukturreform?

Mit der Verabschiedung des Inflation Reduction Act im Sommer 2022 hat die Biden-Administration ein gewaltiges Binnenentwicklungsprogramm begonnen, das versucht, das Land aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen (und dem ökonomischen Niedergang) heraus zu industrialisieren. Die Biden-Administration interpretiert Klimaschutzpolitik als Industrialisierungsprogramm und Jobmotor und bewusst nicht als Verkehrs- oder Agrarwende, die darauf abzielen, Mobilitäts- oder Ernährungsverhalten zu ändern. Es ist bemerkenswert, welche Dynamik dieser Ansatz im ganzen Land bereits ein Jahr nach der Unterzeichnung des Gesetzes ausgelöst hat.

Auch international sind die Folgen beachtlich. Es könnte tatsächlich sein, dass die USA mit ihrem in Europa zunächst als protektionistisch verunglimpften Inflation Reduction Act (IRA) den Elektrifizierungswettlauf in Gang gesetzt haben, den sich die internationale Gemeinschaft vom Pariser Klimaabkommen versprochen hatte. Doch obwohl die finanziellen Bundesmittel freigegeben sind, hängt die Umsetzung – der Bau von Windparks, die Produktion von Solaranlagen und Batterien, die Elektrifizierung der Infrastruktur, des Baugewerbes und der Mobilität im öffentlichen und im privaten Bereich etc. – von den Bundesstaaten und Gemeinden ab.

Wenn man verstehen will, welche Schlüsse die Republikanische Partei aus diesen Entwicklungen zieht, muss man nach Florida schauen. Im Küstenstaat lassen sich die dramatischen Folgen der Klimakrise nicht mehr ignorieren, geschweige denn leugnen. Floridas Gouverneur Ron DeSantis hat deshalb 2021 in Zusammenarbeit mit den Demokraten das Resilient Florida Program ausgearbeitet, das 1,2 Mrd. Dollar für den Bau von Dämmen, Abflussbecken und weitere Maßnahmen vorsieht und den (wohlhabenden) Gemeinden an der Küste helfen soll, sich an die neuen Bedingungen anzupassen.

Dieses scheinbare Eingeständnis an die De-facto-Realität der Klimakrise darf allerdings nicht als politisches Umdenken und Abkehr von einem dogmatischen Anti-Environmentalism missverstanden werden. Parallel zu diesen staatlichen Resilienzprogrammen verfolgt die Republikanische Partei in Florida eine aggressive antiökologische Politik, deren erklärtes Ziel die Sabotage erneuerbarer Energien und jeglicher Form von Dekarbonisierung oder Naturschutz ist. Anfang 2021 wurde in Florida das etwas umständlich benannte Preemption Over Restriction of Utility Services Gesetz verabschiedet, eine sogenannte „ban-all-bans“-Bill, die es Gemeinden und Städten im Sunshine State untersagt, vollständig auf Solar- oder Windenergie umzusteigen. Jede Form von Subvention oder politischer Förderung erneuerbarer Energien wird hier zur illegalen Diskriminierung fossiler Brennstoffe erklärt. Auf der begleitenden Pressekonferenz beschrieb Ron DeSantis Klimaschutzpolitik abfällig als „left-wing stuff“.

Ähnlich unmissverständlich ging er mit dem Thema divestment um, dem Versuch, staatliche Investitionen in klimaschädlichen Branchen zu vermeiden und stattdessen Dekarbonisierung zu fördern. Im Staat Florida ist es nun offiziell untersagt, Pensionsfonds aus fossilen Brennstoffen abzuziehen. In diesem politischen Umfeld hat sich in Florida und anderen republikanisch dominierten Staaten ein Netzwerk aus Non-profit-Organisationen und Beratungsinstituten gebildet, die die Folgen der Klimakrise wie den Anstieg des Meeresspiegels problematisieren und Gegenmaßnahmen fordern, diese Symptome der Erwärmung aber so entkontextualisieren, dass weder die globale Klimakrise noch fossile Brennstoffe als Ursache erwähnt werden – aus ideologischen oder taktischen Gründen. Hier formt sich eine konservative Umwelt- und Klimapolitik, die die Ursachen der Krise weiterhin ignoriert und versucht, Steuermittel dem eigenen, wohlhabenden Wählerklientel zukommen zu lassen. Während die Klimakrise also eskaliert, lässt die konservative Bewegung in den USA vom antiökologischen Dogmatismus nicht ab.

Anti-Environmentalism: Ein republikanisches Minderheitenprojekt

Der gesellschaftliche Aushandlungsprozess um die Umwelt- und Klimapolitik geht also durchaus weiter, aber unter den Bedingungen einer gespaltenen Medienlandschaft, der damit einhergehenden epistemischen Krise und unter dem Einfluss rechter Geldgeber. Die feindselige Haltung der amerikanischen Rechten gegenüber allem, was diese als „linken“ Environmentalism begreift, ist nicht nur ökologisch fatal, sie wird zunehmend auch zur Belastung für die Demokratie: Für keine dieser antiökologischen Positionen gibt es eine gesellschaftliche Mehrheit in den USA.

Befragt man die amerikanische Bevölkerung nach ihrer Haltung zum Klimaschutz und zu konkreten Umweltschutzmaßnahmen, bekommt man keinesfalls den Eindruck, es mit einer polarisierten Gesellschaft zu tun zu haben. Zuletzt hat eine gemeinsamen Studie der Yale und der George Mason University gezeigt: Im Jahr 2022 finden es 84 Prozent der Befragten richtig, dass Landwirten finanziell dabei geholfen wird, ihre Böden klimafreundlicher zu bewirtschaften; 78 Prozent sind dafür, neue Arbeitsplätze für Bergleute und Menschen aus der Erdölindustrie zu schaffen, sodass Kohleminen geschlossen und Ölbohrungen beendet werden können; 68 Prozent unterstützen den Vorschlag, dass mehr Bundesmittel an Gemeinden mit geringen Budgets und communities of color fließen sollten, die besonders stark von Luft- und Wasserverschmutzung betroffen sind, und knapp 80 Prozent fordern den Ausbau erneuerbarer Energien auf öffentlichem Land.

Es handelt sich beim republikanischen Anti-Environmentalism also um ein Minderheitenprojekt. Trotzdem hat er in gewisser Weise einen bemerkenswerten Siegeszug erlebt: von der politischen Randständigkeit ins Machtzentrum und ideelle Herz der Republikanischen Partei. Anti-Environmentalism ist kein Relikt vergangener Zeiten. Er war und ist auch nicht anachronistisch, sondern im hohen Maße das Produkt zentraler politischer Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.

Klare Absage an die Demokratie

Gleichzeitig ist die Zunahme von Umweltbewusstsein zum Signum moderner, demokratischer Systeme geworden: Es wird in der Zeitgeschichte beschrieben als das Ergebnis von mündigem Protest engagierter Bürgerinnen und Bürger, als Ausdruck des Aufstiegs sozialer Bewegungen, die Folge von Aufklärungsarbeit und schließlich das anscheinend logische Produkt von wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn. Diesen Zusammenhang nimmt die konservative Bewegung als bedrohlich wahr. Sie sieht sich trotz wirtschaftlicher und politischer Macht in der Defensive.

In diesem Zusammenhang erfüllt die Skandalisierung ökologischer Sachthemen eine wichtige Funktion: Die Aufregung über eine mögliche staatliche Regulierung von Abgasen, Heizungen oder Gasherden dient auf Fox News, bei rechten Thinktanks und bei republikanischen Politikern dazu, die konservative Basis in dem Gefühl zu bestätigen, von einer linken Übermacht belagert zu werden. Diese permanente Selbstviktimisierung des rechten Amerikas legitimiert auch die radikalsten Mittel im Kampf gegen das liberale Amerika: Von hier führt ein direkter Weg zur antiliberalen Politik von Ron DeSantis in Florida oder zu dem gewalttätigen Angriff auf den demokratischen Machtwechsel am 6. Januar 2021.

Joe Bidens Industrie- und Investitionspolitik werden von der Administration mit der Hoffnung verbunden und legitimiert, die Wut des weißen Amerikas außerhalb der Städte besänftigen zu können und den politischen Kulturkampf im Land auf diese Weise zu entschärfen. Doch weder der politische Anti-Environmentalism der konservativen Bewegung noch der Angriff der Rechten auf Bürgerrechte, Wohlfahrtsstaat und demokratische Institutionen sind von sozialer Not oder ökonomischen Abstiegsängsten getrieben. Dahinter steht eine klare Absage an eine Demokratie, in der die Würde jedes einzelnen Menschen unantastbar ist, in der die Rechte von Minderheiten uneingeschränkt geschützt sind und die politische Entwicklung des Landes gewaltfrei und von einer Mehrheit der Gesellschaft bestimmt wird, selbst wenn diese Mehrheit nicht mehr weiß und christlich ist.

Deshalb lässt sich auch eine Zukunft vorstellen, in der zwar die Eskalation der Klimakrise aufgrund industrieller Dekarbonisierung in den kommenden Jahren entschleunigt wird, in der grüne Jobs Wohlstand zurück in abgehängte Teile der USA bringen und die soziale Not zumindest etwas abgemildert wird – in der aber zugleich der Kampf des rechten Amerikas gegen eine pluralistische, liberale Demokratie ungezügelt weitergeht und breite Teile der Bevölkerung entrechtet sind.

Der Beitrag beruht auf „Die amerikanische Rechte und der Umweltschutz. Geschichte einer Radikalisierung“, das jüngst in der Hamburger Edition erschienen ist.

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Klimaanpassung: Wegducken statt handeln

von Lasse Thiele

Starkregen, Dürre, immer neue Hitzerekorde – selbst optimistische Zeitgenoss:innen müssen mittlerweile anerkennen, dass die Folgen der Klimakrise nicht mehr abwendbar und längst auch in Deutschland spürbar sind. Der Umgang mit solchen Extremwetterereignissen stellt eine der wichtigsten politischen Großbaustellen dieses Jahrhunderts dar.

Deutschland: Planlos in den Hitzesommer

von Nick Reimer

Nur knapp schrammte Deutschland Anfang Juli an einem neuen Hitzerekord vorbei. Mit über 35 Grad in weiten Teilen des Landes war es in der ersten Hitzewelle des Jahres flächendeckend viel zu warm. Statt aber den Klimaschutz endlich ernst zu nehmen, will die schwarz-rote Bundesregierung neue fossile Gaskraftwerke mit 20 000 Megawatt Leistung bauen.