
Bild: Ein Paar formt ein Herz mit den Händen. Sie feiern den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu auf dem Saraçhane-Platz, 31.3.2024 (IMAGO / Middle East Images / Yağız Gürtuğ)
Wer Istanbul verliert, verliert die Türkei“, sagte Recep Tayyip Erdoğan in den 1990er Jahren, als er dort Bürgermeister war. Jetzt hat seine Partei Istanbul zum zweiten Mal verloren. Und nicht nur das: Bei den Kommunalwahlen am 31. März siegte die Opposition so deutlich und auf so breiter Front, dass sich der Präsident danach ungewöhnlich kleinlaut zeigte: „Wir werden die Ergebnisse der Wahlen in den Organen unserer Partei aufrichtig bewerten und mutig Selbstkritik üben.“
Vor den Wahlen hatte der Präsident noch die Rückeroberung der Metropole Istanbul und der Hauptstadt Ankara als Ziel ausgegeben. Beides misslang: In Istanbul kam der Kandidat von Erdoğans AKP nicht einmal auf 40 Prozent, der Hoffnungsträger der Opposition, Ekrem Imamoğlu von der CHP, wurde mit gut 51 Prozent wiedergewählt. In Ankara erhielt der Kandidat der Erdoğan-Partei sogar nur halb so viel Stimmen wie der CHP-Kandidat.
Selbst die Opposition war überrascht von ihrem Siegeszug. Nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr hatte sich das Oppositionsbündnis aufgelöst und die Traditionspartei CHP, als größter Gegenpol zur AKP, trat in den meisten Städten und Provinzen allein an. Trotzdem gelang es ihr, Erdoğans Partei zum ersten Mal seit 22 Jahren bei Kommunalwahlen von Platz eins im Gesamtergebnis zu verdrängen. Mit 37,7 Prozent lag die CHP etwas mehr als zwei Prozentpunkte vor der Regierungspartei.