Ausgabe Oktober 2024

Die Entdeckung der Mündigkeit

Am 9. September starb der wortmächtige Theologe und mutige Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer. Seit 1990 gehörte er zum Herausgeberkreis der »Blätter«. Alljährlich nahm er an unseren Herausgeberkonferenzen teil. Mitreißend in seinen Beiträgen, aber auch nachdenklich, Unbeachtetes hervorhebend, so kannten und schätzten wir ihn. Wir erinnern an Friedrich Schorlemmer mit einem Nachruf seiner Weggefährtin, der Journalistin Bettina Röder, sowie mit seinen eigenen Worten, nämlich seinem ersten und seinem letzten Text in den »Blättern«, die beide, gerade im Lichte der jüngsten Wahlen, von bleibender Aktualität sind. Dieser, der erste Beitrag unseres Mitherausgebers Friedrich Schorlemmer in den „Blättern“ erschien in der Ausgabe 6/1990 – D. Red.

Was [von der DDR] bleiben wird, sind unsere Erfahrungen und Erinnerungen. Sie werden unser späteres Verhalten mitprägen. Ich glaube, daß der Vorgang, den wir gegenwärtig erleben, nämlich ein schnelles Abstreifen – so eine Art Umziehen und Duschen, der Versuch, die DDR einfach abzuduschen –, auf Dauer nicht gelingen kann. Vieles wird später wiederkommen. Wir werden noch zehn bis zwanzig Jahre lang unterschiedlich geprägte Menschen sein. Dies wird sich auch in unserem Verhalten darstellen, obwohl es gegenwärtig so aussieht, als ob wir ohne Besinnung in die Coca-Cola-Kultur eintauchen und geschichtsvergessen einfach alles übernehmen.

»Blätter«-Ausgabe 10/2024

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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