EU: Die nationalistische Blockade
Europa präsentiert sich in diesen Wochen als politisch zerrissener Kontinent. Die EU steckt in einer gefährlichen „Polykrise“, wie Jean-Claude Juncker offen sagt.
Steffen Vogel, geb. 1978 in Siegen, ist Sozialwissenschaftler. Schon während seines Studiums an der HU Berlin war er Mitgründer des Non-Profit-Politmagazins »sul serio«, das von 2001 bis 2008 Bestand hatte und mit dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet wurde. In dieser Zeit entdeckte er auch seine Begeisterung für jene beiden Themen, denen er sich seit 2015 als »Blätter«-Redakteur hauptsächlich widmet: dem Vereinten Europa und den sozialen Bewegungen.
Auf dem 1. Europäischen Sozialforum der globalisierungskritischen Bewegung in Florenz erlebte er 2002 die europäische Einigung von unten. Seither begleitet er das Auf und Ab der Protestbewegungen von Seattle bis Occupy und verfolgt ihre Institutionalisierung in neuen Parteien. Er beobachtet das Entstehen einer europäischen Identität, gerade unter jungen EU-Bürgern und analysiert die zahlreichen Krisen der Europäischen Union seit dem gescheiterten Verfassungsvertrag von 2005.
Diese Themen lagen ihm schon bei seinen vorherigen Stationen im professionellen Journalismus am Herzen. Bei der Wochenzeitung »der Freitag« arbeitete er von 2005 bis 2008 als Politikredakteur. Danach entschied er sich für die Selbstständigkeit als Buchautor, freier Journalist und Übersetzer aus dem Englischen. Seitdem schreibt er u.a. für die »taz«, den »Freitag« und die »Süddeutsche Zeitung«. Dabei interessieren ihn auch neue Entwicklungen in der Soziologie, der politischen Ökonomie und der politischen Theorie. So hat er Interviews mit Antonio Negri und Naomi Klein geführt sowie Texte von Étienne Balibar und Slavoj Zizek ins Deutsche übertragen. Daneben rezensiert er zuweilen Comics und Graphic Novels.
Er hat bislang zwei Bücher veröffentlicht: Europas Revolution von oben (2013) und Europa im Aufbruch (2014).
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Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Steffen Vogel.
Europa präsentiert sich in diesen Wochen als politisch zerrissener Kontinent. Die EU steckt in einer gefährlichen „Polykrise“, wie Jean-Claude Juncker offen sagt.
Stetig erobern sich Comics ein immer breiteres Publikum. Aus Jugend- und Subkulturen sind sie längst nicht mehr wegzudenken. Dafür steht die große Palette an erfolgreichen, teils preisgekrönten Verfilmungen wie „Sin City“ oder „Blau ist eine warme Farbe“.
Nach Griechenland erleben derzeit zwei weitere südeuropäische Krisenländer einschneidende politische Veränderungen. In Spanien hat der Wunsch nach Wandel das etablierte Zweiparteiensystem hinweggefegt, mit starken Ergebnissen sind zwei Newcomer ins Parlament eingezogen: die linke Podemos und die liberalen Ciudadanos.
Historische Veränderungen der politischen Landschaft bahnen sich in zahlreichen europäischen Ländern an. Die griechische Syriza um Premierminister Alexis Tsipras hat sich binnen drei Jahren von einer randständigen Partei zur dominanten Kraft des linken Spektrums gewandelt; nach dem jüngsten Wahlsieg im September wird ihr dieser Status absehbar nicht zu nehmen sein.
So tief wie dieser Tage hat die Eurozone noch nie in den Abgrund geblickt. Erstmals in seiner Geschichte drohte dem Währungsverbund der Verlust eines Mitglieds. Die Nacht vom 12. auf den 13. Juli, als in Brüssel Griechenlands Ausscheiden verhindert werden konnte, verdient daher ohne Zweifel das Attribut historisch – ebenso wie der 5. Juli, der Tag des griechischen Referendums.
Um das vereinte Europa ist es schlecht bestellt. Fünf Jahre zermürbende Dauerkrise haben den Nationalismus erstarken lassen. Der Kontinent spaltet sich zunehmend in einen reichen Norden und einen verarmenden Süden. In dieser Situation gleicht die jüngste Debatte um das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, den sogenannten Grexit, einem Spiel mit dem Feuer.
Schon zum zweiten Mal können Europas Regierungen aufatmen: Nicht einmal einen Monat, nachdem das Referendum für die Unabhängigkeit in Schottland scheiterte, hat nun die katalanische Regionalregierung den für den 9. November geplanten Volksentscheid über eine Loslösung von Spanien abgesagt.
Nach den Großdemonstrationen in Spanien, Israel und den USA regt sich seit Mitte Oktober auch in Deutschland der Protest. Die hiesige Occupy-Bewegung wendet sich gegen die Unterhöhlung der Demokratie und fordert mehr soziale Gerechtigkeit.
Nicht nur in Arabien, auch in Griechenland gehen tausende Jugendliche auf die Straßen.
Erlebt Europa den erneuten Aufstieg des Nationalismus? Oder hat sich bei den Europawahlen Anfang Juni eine Reihe von nationalen Denkzetteln zu einem europäischen Ergebnis summiert? Wie auch immer man darauf antwortet, fest steht, dass rechte Parteien teils dramatisch zugelegt haben.