Der Alltag moderner Gesellschaften wird weithin von Gruppen, Interessen und Verbänden bestritten, die untereinander einen nie abbrechenden Kleinkrieg führen.
Dagegen ist nach Lage der Dinge kein Kraut gewachsen; und nach den Erfahrungen, die man in der Neuzeit mit übergeordneten, die Gesellschaft verpflichtenden Ideen und Projekten gemacht hat, scheint dieses Gezerre auch die bessere Alternative zu sein. Gerade deswegen braucht es einen ruhenden Pol, der für die Spielregeln zuständig ist. Dieser hört auf den Namen Verfassung. Die Verfassung muß zwar zum g ä n z l i c h Unbekannten, zur Zukunft hin offen sein zugleich aber hat sie die Aufgabe, unerbittlich und autoritativ jenes karge Maß an Konsens zu fixieren, zu dem nachmetaphysische Gesellschaften in der Lage sind. Verfassungen sind eine Art Geschäftsgrundlage, die das Gezerre ermöglichen, selbst aber von diesem frei bleiben müssen.
Verfassungen dürfen nicht Beuteobjekt von Gruppen werden. Eben dieses Geschäft betreiben aber nicht nur diejenigen, die den Konstitutionsbedarf der erweiterten Bundesrepublik etwa dazu nutzen wollen, das Asylrecht zu beschneiden. Es wird z.T. auch von jenen betrieben, die der Verfassung in demokratischer Verbesserungsabsicht zu Leibe rücken wollen.