Am 22. Juli 1994 verurteilte das Landgericht Mannheim den NPDVorsitzenden Deckert u.a. wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Deckert hatte bei einer Veranstaltung die Massenvernichtung europäischer Juden durch den Nationalsozialismus geleugnet. Das Mannheimer Landgericht war bereits einmal mit dem Fall befaßt. Den gleichlautenden ersten Urteilsspruch hatte der Bundesgerichtshof am 15. März 1994 aufgehoben und das Verfahren an die Mannheimer Kammer zurückverwiesen: "Insgesamt fehlt es an einer zusammenfassenden Würdigung solcher Umstände, die für oder gegen die Annahme sprechen, der Angeklagte habe in feindseliger Haltung die Menschenwürde der inländischen jüdischen Bevölkerung angegriffen." Die Begründung des neuen Mannheimer Urteils, die dem Angeklagten nicht nur gute charakterliche Eigenschaften attestiert, sondern auch Verständnis für dessen Positionen aufbringt, löste weltweite Empörung aus. Zwei der maßgeblich an dem Urteil beteiligten Richter wurden inzwischen wegen "dauernder krankheitsbedingter Verhinderung" abgelöst. D. Red.
Zur Sache:
A. (...)
2. Der politisch rechtsstehende Angeklagte ist kein Antisemit im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie, die den Juden in letzter Konsequenz das Lebensrecht abgesprochen hat, er verurteilt vielmehr die Entrechtung und Verfolgung, der die Juden deutscherseits in den Jahren 1933 bis 1945 ausgesetzt waren. Aufgrund seiner betont nationalen Einstellung jedoch nimmt er den Juden ihr ständiges Insistieren auf dem Holocaust und die von ihnen aufgrund desselben auch nach nahezu fünfzig Jahren nach Kriegsende immer noch erhobenen finanziellen, politischen und moralischen Forderungen Deutschland gegenüber bitter übel. Er ist der Auffassung, daß in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ein Massenmord an Juden jedenfalls mittels Vergasens nicht stattgefunden hat.
Im übrigen bekennt sich der Angeklagte zum Revisionismus, d.h. er hält es für geboten, auch als gesicherte geltende historische Thesen immer wieder mittels der Forschung zu überprüfen. Er hofft, daß auf diesem Wege in der Geschichtsschreibung und den Medien vertretene, als allgemeingültig angesehene Auffassungen über die Zeit des Nationalsozialismus, wie etwa zur Frage der deutschen Kriegsschuld und der Judenvernichtung, eine Abwandlung zugunsten Deutschlands erfahren werden. Schon für den 1.9.1991 plante der Angeklagte eine sogenannte "Revisionismus-Tagung" in Weinheim, als deren Veranstalter der politisch weit rechts stehende Verein "Bürger für aktive Freizeit/Jahnjugend e.V. Weinheim und Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände" auftreten sollte. Solche Tagungen, bei denen prominente Vertreter des Revisionismus zu meist zeitgeschichtlichen Themen sprachen, hatte der Angeklagte bereits seit vielen Jahren jeweils im Herbst unbeanstandet durchgeführt, meist in öffentlichen Räumen.
Diesmal aber verbot ihm das Ordnungsamt der Stadt Weinheim am 29.8.1991 die Tagung gem. õ 5 Nr 4 Versammlungsgesetz, die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes gem. õ 80 Abs. 5 Nr 4 VwGo wurde angeordnet. In der Begründung wurde maßgebend darauf abgehoben, daß über die angekündigten Referenten Erkenntnisse vorlägen, die die Gefahr nahelegten, daß auf der Tagung der Holocaust als Lüge bezeichnet und damit eine strafbare Handlung nach õõ 185, 194, 130 StGB begangen werde. Der Veranstalter legte gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung Widerspruch ein, den das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluß vom 30.8.1991 10K11160/01 - ablehnte. In der Begründung wurde wiederum darauf hingewiesen, daß angesichts der Person der vorgesehenen Referenten dringender Grund für die Annahme bestehe, auf der Tagung würden die nationalsozialistischen Verbrechen an den Juden in Abrede gestellt und damit eine von Amts wegen zu verfolgende Straftat mindestens nach õ 185 StGB begangen werden.
Die Beschwerde des Veranstalters hat der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg - 1 S 2216/01 - mit Beschluß vom 30.8.1991 unter vollinhaltlicher Bezug nahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Durch diese - ihm jeweils sofort bekanntgewordenen - Entscheidungen ist der Angeklagte, der schon lange wußte, daß es im hiesigen Rechtskreis strafbar ist, den Massenmord an Juden seitens der nationalsozialistischen Führung in Abrede zu stellen, noch einmal nachdrücklich auf dieses Verbot hingewiesen worden.
3. Im Oktober 1991 erfuhr der Angeklagte durch Zufall, daß der US-Staatsangehörige Fred Leuchter, der sich damals in der Bundesrepublik aufhielt, am 10.11.1991 einen Termin frei hatte. Leuchter ist ein im amerikanischen Bundesstaate Massachusetts ansässiger Ingenieur, der sich auf freiberuflicher Basis mit der Konstruktion, Installation und Reparatur von Hinrichtungsanlagen (elektrischen Stühlen, Gaskammern, Galgen etc.) beschäftigt hatte.
Im Jahre 1988 hatte ein gewisser Zündel, der in Toronto/Kanada wegen Verbreitung falscher Nachrichten unter Anklage stand, da er den Holocaust in Abrede gestellt hatte, Leuchter als Gutachter zu seiner Verteidigung gewonnen. Leuchter war mit Ehefrau und einigen Hilfskräften nach Polen gefahren, hatte in Auschwitz, Auschwitz-Birkenau und Majdanek an den dort als Gaskammern vorgezeigten Einrichtungen naturwissenschaftliche Untersuchungen angestellt, war zu dem Ergebnis gelangt, daß aus technischen Gründen dort niemand durch Vergasen hatte getötet werden können, und hatte über diese seine Erkenntnisse ein schriftliches Gutachten, den sogenannten - "Leuchter-Report", veröffentlicht. Im selben Sinne hatte er auch noch im Jahre 1988 vor Gericht in Toronto ausgesagt, was eine Verurteilung Zündels nicht hatte hindern können. Als Folge seines Gutachtens war Leuchter in den USA schweren öffentlichen Angriffen ausgesetzt gewesen, hatte seitens der staatlichen Gefängnisverwaltungen und Gefängnisdirektionen keine Aufträge zur Konstruktion, Installation und Reparatur von Hinrichtungsanlagen mehr erhalten und war mit einem Strafverfahren wegen angeblicher unerlaubter Ausübung des Ingenieurberufes überzogen worden.
Der Angeklagte trat an Leuchter heran und vereinbarte mit diesem, daß am 10.11.1991 um 19.00 Uhr im Gasthaus "Zur Burg Windeck" in Weinheim in Gegenwart Leuchters ein von diesem auf ein Video-Band gesprochener Vortrag abgespielt werden und anschließend Leuchter Fragen der Zuhörer beantworten sollte. Ihm war von Anfang an klar, daß durch den abzuspielenden Vortrag die massenweise Tötung von Juden in der nationalsozialistischen Ära jedenfalls durch Gas in Abrede gestellt werden sollte. (...)
5. Dem Angeklagten war bei der Veranstaltung klar, da die Ausführungen Leuchters die Massenvernichtung der Juden während des Nationalsozialismus jedenfalls mittels Vergasens als Erfindung darstellten, absichtlich aufgebracht und aufrechterhalten zur Knebelung des deutschen Volkes. Er selbst, der eben diese Auffassung teilt, identifizierte sich durch sein geschildertes Auftreten während der Tagung willentlich und für jeden erkennbar mit dem Inhalt von Leuchters Darlegungen. Ihm war dabei klar, daß die überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung davon überzeugt ist, daß der Holocaust, und zwar besonders mittels Gaskammern, tatsächlich stattgefunden hat und daß daher bereits das bloße Bestreiten dieses Vorganges allgemeinem Verständnis nach als schwere Herabwürdigung der Juden im allgemeinen, der in Deutschland lebenden jüdischen Minderheit im besonderen, darunter auch derjenigen, die im Nationalsozialismus rassischer Verfolgung ausgesetzt gewesen waren, sowie der in den Konzentrationslagern getöteten Juden darstellte, denen Leuchter und er ihr Leidensschicksal absprachen.
Ebenso war er sich bewußt, daß, ebenfalls allgemeinem Verständnis nach, diese Kränkung besonders schwer wog, da sie durch Leuchter und ihn mit herabsetzenden Formulierungen wie "Gaskammermythos", "Gaskammerlüge" und "Lüge" verbunden wurde, da der Holocaust spöttisch verniedlichend als "Holo" bezeichnet wurde, da die Leuchtersche Rechnung, die Hinrichtungen müßten immer noch stattfinden und würden bis in das Jahr 2006 andauern, die Opfer lächerlich machte und da die Juden, darunter auch die in Deutschland lebenden, sinngemäß als Parasitenvolk bezeichnet wurden, das, die erlittenen Leiden lügnerisch in eine Massenvernichtung übertreibend, auf Betrug, Erpressung und Demütigung des deutschen Volkes ausginge. Nicht minder klar war ihm, daß allgemeinem Verständnis nach durch Leuchters und seine Darlegungen die Juden, darunter auch die in Deutschland lebenden, im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen wurden, da sie als minderwertige Wesen dargestellt wurden, daß sie als der Achtung der Staatsbürger unwürdig bezeichnet wurden und daß auf dem Wege über das Gefühl der Zuhörer zu einer starken emotional gesteigerten feindseligen Haltung gegen sie aufgerufen wurde; letztere innere Einstellung wollte der Angeklagte aus seinem bitteren Ressentiment gegen die Juden heraus in den Angesprochenen auch hervorrufen, um auf diese Weise im deutschen Volk die Widerstandskräfte gegen die aus dem Holocaust abgeleiteten jüdischen Forderungen zu stärken. Bei der Tat wußte er um das Strafbare seines Tuns. Ebenso wußte er, daß die Tat geeignet war, den öffentlichen Frieden zu gefährden, da damit zu rechnen war, daß die Zuhörer das Gehörte weitertrugen und daß durch die sich hieraus ergebenden Auseinandersetzungen mit Andersdenkenden das psychische Klima aufgeheizt und so Unfrieden in der Bevölkerung erregt wurde. (...)
B. 1. Die Kammer glaubt dem im Jahre 1940 geborenen Angeklagten, der seine Prägung in der Nachkriegszeit erhalten und seinen politischen Weg bei den Jungdemokraten, einer Nachwuchsorganisation der FDP, begonnen hat, seine Ablehnung des nationalsozialistischen Antisemitismus und der daraus resultierenden Entrechtungs- und Verfolgungsmaßnahmen voll und ganz. Hingegen ist sie zu der Überzeugung gelangt, daß er gegen die Juden ein bitteres Ressentiment hegt, resultierend aus deren ständigen Forderungen gegen Deutschland auf der Grundlage ihres Schicksals in den Jahren 1933 bis 1945.
Denn die Kammer hat in der Hauptverhandlung ein Video-Band über die Veranstaltung vom 10.11.1991 abspielen lassen, wobei die englischsprachigen Passagen durch eine Dolmetscherin in das Deutsche übertragen worden sind, abgesehen davon, daß auch der Angeklagte sein Tätigwerden bei der Veranstaltung unumwunden einräumt. Die bei dieser von ihm gemachte Anspielung auf "eine Gruppe, ich sage nicht mehr, sie wissen, was ich damit sagen will", das demonstrative Betonen des Wortes: "jüdische" und die prononcierte Aussprache des Namens "Silbermann" geben der Kammer ein klares Bild seiner Einstellung.
C. 1. Rechtlich gesehen hat sich der Angeklagte durch sein Verhalten am 10.11.1991 der Volksverhetzung schuldig gemacht, õ 130 Nr. 1 und 3 StGB. Denn er hat zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt, indem er in verstärkter auf die Gefühle der Angesprochenen gemünzter Form willentlich zum Haß gegen einen Teil der inländischen Bevölkerung, nämlich die deutsche jüdische Minderheit, aufgerufen hat, die er in provozierender Weise als Teil eines Parasitenvolkes darstellte, welches mit einer maßlos übertriebenen Leidensgeschichte auf Ausbeutung und Demütigung des deutschen Volkes ausging (vgl. OLG Schleswig MDR 78, 333, NStZ 1981, 258; BGH St 21, 371 ff., BGH St 31, 231 ff. BGH, Urteil vom 10.11.1976, 2 StR 508/76; BGH, Beschluß vom 16.11.1993, 1 StR 193/93). Ferner hat er die deutsche jüdische Minderheit als Teil der gesamten Judenheit beschimpft, indem er sie willentlich als Teil eines Parasitenvolkes darstellte, das mittels einer Lügengeschichte Deutschland knebelte und ausnutzte, und damit seine Mißachtung durch den Vorwurf eines schimpflichen Verhaltens besonders verletzend äußerte (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 45. Aufl., õ 90 a Rdn. 3) und hat sie böswillig verächtlich gemacht; denn in der Behauptung, sie gehörten einem Parasitenvolk an, liegt sinngemäß die weitere These, sie seien der Achtung durch die Staatsbürger unwert (vgl. Dreher/Tröndle a.a.O., Rdn. 4); auch handelte der Angeklagte in Kenntnis des Unrechts, nämlich im Bewußtsein der Strafbarkeit (vgl. RGSt 66, 139 ff.), und aus bewußt feindlicher Gesinnung, nämlich aus seinem bitteren Ressentiment gegen die Juden heraus. Durch die Tat hat er die Menschenwürde der deutschen jüdischen Minderheit angegriffen, hat er doch sie - wie die anderen Juden willentlich sinngemäß als Parasiten dargestellt, die mit einer systematisch erfundenen Lügengeschichte Deutschland zu eigenem Nutzen knebeln und ausbeuten, und hat sie damit im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen (vgl. BGH, Urteil vom 15.3.1994, 1 StR 179/93).
Schließlich war die Tat auch geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, begründete sie doch, wie der Angeklagte wußte, die Gefahr, daß von seiner und Leuchters Botschaft überzeugte Zuhörer diese weitertrugen, in Auseinandersetzungen mit Andersgesinnten gerieten, so das psychische Klima aufgeheizt und auf diese Weise Unfrieden in der Bevölkerung erregt wurde (vgl. Dreher/Tröndle a.a.O., õ 130 Rdn. 2).
2. Weiterhin hat der Angeklagte ein Vergehen der Aufstachelung zum Rassenhaß begangen, õ 131 Abs. 1 Nr. 4 StGB.
Denn er hat dadurch, daß er bei der Veranstaltung vom 10.11.1991 diese auf Videoband aufnehmen ließ, eine einer Schrift gleichstehende Darstellung (õ 11 Abs. 3 StGB) hergestellt, um aus ihr gewonnene Stücke zu verbreiten, d.h. von ihr hergestellte Kopien an andere mit dem Ziele weiterzugeben, sie dadurch einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen, der von ihm nicht mehr kontrollierbar sein sollte (vgl. BGH, Urteil vom 15.3.1994, 1 StR 179/93, Dreher/Tröndle a.a.O., õ 131 Rdn. 7; õ 74 d Rdn. 3; õ 184 Rdn. 22, 38). Die Darstellung stachelte ihrem objektiven, dem Angeklagten bekannten Erklärungsinhalt nach zum Rassenhaß auf, indem sie die Juden als Parasitenvolk erscheinen ließ, das mit der erfundenen Schilderung des Holocaust mittels Gaskammern auf Ausbeutung und Knebelung des deutschen Volkes ausging, und damit in verstärkter, auf die Gefühle der Angesprochenen gemünzter Weise zu einer emotional gesteigerten feindseligen Haltung gegen sie aufrief (vgl. BGH NStZ 1981, 258; BGH St 31, 231 ff.; BGH, Beschluß vom 16.11.1993, 1 StR 193/93). Die Ausnahmevorschrift des õ 131 Abs. III StGB greift nicht ein, da, wie die herabsetzenden Formulierungen wie "Gaskammerlüge", "Gaskammermythos" und "Lüge" zeigen, die Darstellung nicht der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte diente, sondern der politischen Agitation.
3. Durch sein Auftreten am 10.11.1991 hat der Angeklagte dem objektiven, ihm bekannten Inhalt seiner Ausführungen nach ferner ein Vergehen der Beleidigung, õ 185 StGB des Teiles der in Deutschland lebenden Juden begangen, der in der nationalsozialistischen Zeit Verfolgungen erlitten hatte und dem er sein Leidensschicksal absprach; angesichts der Verwendung der schon genannten herabwürdigenden Formulierungen und der Rechnung Leuchters über die angebliche jahrzehntelange Dauer der Vernichtungshandlungen, die die Opfer ins Lächerliche zog, sieht die Kammer die Tat insoweit als ehrenkränkendes Werturteil und nicht als Tatsachenbehauptung (vgl. BGH, Urteil vom 15.3.1994, 1 StR 179/93). Da die Tat in einer Versammlung begangen wurde, bedarf es gem. õ 194 Abs. 1 Satz 2 StGB keines Strafantrages.
4. Letztlich hat der Angeklagte am 10.11.1991 auch ein Vergehen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener begangen, indem er dem objektiven und ihm bekannten Erklärungsinhalt nach den in den Konzentrationslagern getöteten Juden ihren massenweisen Tod mittels Vergasens absprach und damit ihre Würde kränkte, was er zusätzlich noch durch die genannten herabsetzenden Formulierungen und Leuchters schon erwähnte Rechnung bekräftigte (vgl. BGH, Urteil vom 15.3.1994, 1 StR 179/93); da die Tat in einer Versammlung begangen worden ist, ist gem. õ 194 Abs. 2 Satz 2 StGB ein Strafantrag nicht erforderlich.
5. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, rechtfertigt die Tat nicht (vgl. BGHZ 75, 160 ff.). Ebensowenig greift das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft rechtfertigend ein, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Denn Wissenschaft ist "alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (vgl. Ingo v. Münch, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage, Art. 5 Rdn. 66); angesichts der schon erwähnten herabsetzenden Zusätze und des lächerlichen, die Opfer verspottenden Zahlenspiels aber ist den Ausführungen Leuchters und des Angeklagten am 10.11.1991 mangels Ernsthaftigkeit die Wissenschaftlichkeit abzusprechen; über das Leuchter-Gutachten als solches hat die Kammer nicht zu urteilen.
6. Soweit der Angeklagte die Tatbestände der õõ 185, 189 StGB erfüllt hat, ist er auch nicht durch õ 193 StGB gerechtfertigt. Zwar mag man der Auffassung sein, daß der Angeklagte ein berechtigtes Interesse wahrgenommen hat, indem er bestrebt war, die nach Ablauf fast eines halben Jahrhunderts immer noch aus dem Holocaust gegen Deutschland erhobenen Ansprüche abzuwehren. Jedoch hat er dazu nicht das erforderliche und angemessene Mittel eingesetzt (vgl. Dreher/Tröndle a.a.O., õ 193 Rdn. 8), sondern ist über dieses weit hinausgegangen, indem er die Opfer lächerlich machte; es hätte zur Verfolgung des von ihm angestrebten Zweckes völlig ausgereicht, auf die lange seit der nationalsozialistischen Judenverfolgung verstrichene Zeit, den Umfang der bereits erbrachten deutschen Sühneleistungen sowie die ungesühnten und unbereuten Massenverbrechen anderer Völker hinzuweisen.
D. 1. Bei der Strafzumessung hatte die Kammer gem. õ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB den in õ 130 StGB enthaltenen Strafrahmen zu Grunde zu legen, der Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren umfaßt.
2. a) Bei der Findung der konkreten Strafe sprach gegen den Angeklagten die Tatsache, daß die Tat gegen die Juden gerichtet war, die in der Zeit des Nationalsozialismus einem besonders schweren Verfolgungsschicksal ausgesetzt gewesen sind. Hinzu kam der Umstand, daß der Angeklagte insgesamt vier Strafgesetze verletzt hat und daß es sich um ein insgesamt fünfaktiges Geschehen gehandelt hat. Nicht übersehen wurde auch, daß die Tat insoweit geplant war, als der Angeklagte bereits von dem Zeitpunkt an, in welchem er Leuchter als Referenten gewann, wußte, daß durch dessen Vortrag der Holocaust jedenfalls mittels Vergasens in Abrede gestellt wurde.
Schließlich wurde auch der Umstand nicht außer acht gelassen, daß der Angeklagte die Warnwirkung des zweiten und dritten gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens unbeachtet gelassen hat; freilich setzt die Kammer die Warnwirkung dieser beiden Verfahren nur gering an, ist doch bei diesen gegen den Angeklagten nicht wegen Straftaten sondern lediglich wegen Verstößen gegen die politische Treuepflicht und das Mäßigungsgebot eines Beamten vorgegangen worden. Letztlich wurde zu Ungunsten des Angeklagten auch der Umstand berücksichtigt, daß er die Warnwirkung in den Wind geschlagen hat, die von dem Verbot der für den 1.9.1991 geplanten "RevisionismusTagung" ausging, ist doch damals auf die Strafbarkeit des Bestreitens des Holocaust expressis verbis hingewiesen worden.
b) Mildernd wurde demgegenüber die Unbestraftheit des Angeklagten gewürdigt, die um so positiver ins Gewicht fällt, als er schon seit Jahrzehnten in der aktiven Politik und in härtesten politischen Auseinandersetzungen steht, die eine hochgradige Versuchung bilden, das Strafrecht zu mißachten. Hinzu kam, daß er, wovon zu seinen Gunsten ausgegangen wurde, am 10.11.1991 von Leuchters die Opfer herabsetzenden Formulierungen überrascht worden ist und sich zu den von ihm selbst gebrauchten kränkenden Wendungen damals spontan und aus der Situation heraus entschlossen hat. Ferner fiel positiv ins Gewicht, daß er während der gesamten Tat von der sachlichen Richtigkeit des Vorgebrachten überzeugt war und daß er, jedenfalls vorwiegend, uneigennützig handelte; das geringe jeweils dem Verlag pro Kopie abgeforderte Entgelt sieht die Kammer lediglich als ein sekundäres Zugeständnis an seine schlechte wirtschaftliche Lage an, wertet aber die Tat hauptsächlich als von seinem Bestreben motiviert, die Widerstandskräfte im deutschen Volk gegen die aus dem Holocaust abgeleisteten jüdischen Ansprüche zu stärken. Nicht außer acht gelassen wurde auch die Tatsache, daß Deutschland auch heute noch, rund fünfzig Jahre nach Kriegsende, weitreichenden Ansprüchen politischer, moralischer und finanzieller Art aus der Judenverfolgung ausgesetzt ist, während die Massenverbrechen anderer Völker ungesühnt bleiben, was, jedenfalls aus der politischen Sicht des Angeklagten, eine schwere Belastung des deutschen Volkes darstellt. Zu Gunsten des Angeklagten wurde auch gewürdigt, daß Leuchters Botschaft nur eine recht geringe Anzahl von Menschen erreicht hat, daß durch sie der öffentliche Frieden tatsächlich nicht gestört worden ist und daß die Tat schon recht lange zurückliegt.
Schließlich wurde auch das schwere Lebensschicksal des Angeklagten nicht außer acht gelassen, der nach langer erfolgreicher Tätigkeit als Lehrer diesen seinen geliebten Beruf aufgeben mußte und jetzt auf eine dürftige Existenz angewiesen ist. Die Kammer übersieht hierbei nicht, daß der Angeklagte dieses Übel letztlich eigenem Verhalten zuzuschreiben hat; zu beachten ist jedoch, daß er als aktives NPD-Mitglied vom Lande Baden-Württemberg eingestellt und befördert worden ist und daß er viele Jahre lang in voller Kenntnis seiner vorgesetzten Dienstbehörde sein politisches Wirken fortsetzte, bis ihn eine Änderung der höchstrichterlichen, Rechtsprechung in Konflikt mit seinen Beamtenpflichten brachte; daß er es danach nicht über sich brachte, seine Bindungen an die NPD mit der nötigen Konsequenz zu lösen, wertet die Kammer als Folge einer zu respektierenden Gewissensentscheidung.
c) Unter Abwägung aller unter a) und b) angeführten Gesichtspunkte hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für angemessen. Sie hätte die Strafe nicht höher bemessen, wenn sie im Rahmen des õ 131 StGB neben Abs. 1 ; Nr. 1 dieser Vorschrift nach Abs. 1 Nr. 4 zur Anwendung gebracht hätte. d) Gem. õ 56 StGB war die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung auszusetzen, da zu erwarten ist, daß der Angeklagte unter dem bloßen Eindruck der Verurteilung in Zukunft straffrei leben wird.
Denn der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung einen guten Eindruck hinterlassen. Es handelt sich bei ihm um eine charakterstarke, verantwortungsbewußte Persönlichkeit mit klaren Grundsätzen, seine politische Überzeugung, die ihm Herzenssache ist, verficht er mit großem Engagement und erheblichem Aufwand an Zeit und Energie. Seine gute, schon fast 30 Jahre währende Ehe gibt ihm festen Halt, hinzu kommt eine sehr positive Beziehung zu Tochter, Schwiegersohn und Enkel. Einem so gearteten Manne glaubt die Kammer das Bekenntnis zur Rechtstreue, das er in der Hauptverhandlung nachdrücklich abgelegt hat, und hat daher keine Bedenken, ihm eine günstige Sozialprognose zu stellen.
Dies gilt um so mehr, als er, der schon 54 Jahre alt ist, nicht vorbestraft ist, obwohl er seit über 30 Jahren im politischen Leben steht und die Hitze der Auseinandersetzung mit Andersdenkenden hochgradig geeignet erscheint, zu Straftaten zu führen. Außerdem ist der Angeklagte ein Mann von hoher Intelligenz wie in der Hauptverhandlung deutlich geworden ist und wie die erfolgreiche Bewältigung des Gymnasius, des Studiums und des Berufes eines Gymnasiallehrers zusätzlich beweisen - diese intellektuelle Ausstattung wird dem Angeklagten auch künftig helfen, strafrechtliche Verstrickungen zu vermeiden, so wie sie es auch bisher - mit einer einzigen Ausnahme - getan hat. Bei all dem übersieht die Kammer nicht, daß von ihm auch in Zukunft weder eine Änderung seiner politischen Einstellung im Allgemeinen noch seiner Auffassung zum Holocaust im Besonderen zu erwarten ist; jedoch darf die Strafaussetzung zur Bewährung nicht von einem Gesinnungswandel abhängig gemacht werden, maßgebend ist allein die Erwartung eines künftigen straffreien Lebensweges, die, wie ausgeführt, hier eindeutig zu bejahen ist (vgl. BGH St 6, 192 ff.; BGH GA 76, 114 ff.).
Daß sich der Angeklagte auch weiterhin zum Revisionismus bekennt und dies aller Voraussicht nach auch in Zukunft weiter tun wird, vermag ebenfalls keine andere Beurteilung zu rechtfertigen; denn diese Denkmethode beinhaltet nichts Strafbares. õ 56 Abs. 3 StGB steht der Gewährung der Strafaussetzung nicht entgegen. Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet nicht die Strafvollstreckung, da keinesfalls zu befürchten steht, die Strafaussetzung werde dem allgemeinen Rechtsempfinden schlechthin unverständlich erscheinen und könne das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern (vgl. Dreher/Tröndle a.a.O., 56 Rdn. 8). Vielmehr zweifelt die Kammer nicht daran, daß die Bevölkerung in ihrer übergroßen Mehrheit durchaus Verständnis dafür haben wird, daß einem 54jährigen unbescholtenen Familienvater, dessen Unrecht im Grunde in der Äußerung einer Auffassung bestanden hat, die Rechtswohltat der Strafaussetzung zur Bewährung zuteil wird. Außer acht zu bleiben haben in diesem Zusammenhang die sich in den letzten Jahren häufenden Gewalttaten gegen Asylantenunterkünfte, Ausländer, jüdische Einrichtungen u.ä. denn das gesamte Verfahren hat keinerlei Hinweise dafür erbracht, daß der Angeklagte jemals zur Gewalt aufgerufen hat, auch hat er sich in der Hauptverhandlung nachdrücklich und glaubhaft von solchen Vorgängen distanziert, so daß ihn nach all dem kein billig und gerecht Denkender damit in Zusammenhang bringen wird. (...)