Generationen von Sicherheitspolitikern in Uniform und in Zivil, die Militärs, die Parlamentarier, die Medien haben an der Debatte mitgewirkt, inwiefern Wehrpflicht und Demokratie aufeinander bezogen, ja geradezu komplementär seien. Diese These geriet zur Glaubensformel der Bonner Republik, aber auch der DDR. 1) Auch die Gegenposition aber, daß Militär und Demokratie einander ausschließen, war in Deutschland über all die Jahre wesentlich weiter verbreitet als allgemein bekannt ist; sie wurde still toleriert oder auch totgeschwiegen. Liberal-konservative Publikationen in den 60er Jahren wie zum Beispiel die von Georg Picht setzten dezidiert die Inkompatibilität voraus: "Die militärische Organisation... unterscheidet sich in fundamentaler Weise von der bürgerlichen Demokratie". 2) Derartige Erörterungen gewannen in der Phase der Reformkonzeption der Bundeswehr zu Beginn der 70er Jahre noch einmal einen höheren Stellenwert. Eine solche Kritik wird nicht nur von pazifistischer Seite vorgetragen, sondern ist vielfältig Gegenstand der wissenschaftlichen Theoriediskussion. 3) Die innere Verbindung von Demokratie und militärischem Dienst in der Weise, die Wehrpflicht konstituiere eine demokratische Armee, ist ein Kunst-Phänomen der Politik der Zeitgeschichte, ein politisches Produkt der legitimatorischen Konsensbildung der Bonner Republik der 50er Jahre.
In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.