Ausgabe Oktober 1997

Ordnungshüten

"Amerika, du hast es besser", hat Goethe behauptet und damit gemeint, das Land könne, anders als Europa, seine Energien ungebremst von einer alten (feudalen) Ordnung entfalten. Daß Amerika besser dran sei, glauben auch heute wieder viele, allerdings aus dem genau entgegengesetzten Grund: weil es den Amerikanern gelinge, ihre Energien ins enge Korsett der traditionellen (bürgerlichen) Ordnung zu zwängen, während anderswo erprobte Werte und wesentliche Tugenden zunehmend verfielen. Für diese (moderne) Diskrepanz sind einige Ursachen geltend gemacht worden, darunter seit neuestem eine ganz unwahrscheinlicher: die Polizei.

Der Polizei-Effekt

Amerika, so scheint es, ist heute vor allem das Land der begrenzten Unmöglichkeiten. Nirgendwo wird diese jüngste Errungenschaft deutlicher als in jener Stadt, die von allen Zentren des Westens den schlechtesten Ruf gehabt hat: New York. Seit dort Bürgermeister Giuliani regiert, herrschen Recht und Ordnung. Dem "Spiegel" war diese wundersame Verwandlung sogar eine Titelgeschichte wert. Tenor: "Vorbild New York: Deutsche Polizeichefs pilgern in die amerikanische Metropole, um von der Stadt zu lernen, die das Verbrechen zurückgedrängt hat".

Oktober 1997

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