Eine „Agrarwende“ einzuleiten versprach Renate Künast, als sie Anfang 2001 das neu zugeschnittene Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium übernahm. Lange überfällig ist ein forcierter ökologischer Umbau des Agrarsektors zweifellos: Lediglich 2,6% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche werden hier zu Lande ökologisch bewirtschaftet, 2,4% aller Betriebe wirtschaften ökologisch. Damit liegt Deutschland zwar knapp über dem EU-Durchschnitt (1,9%), wird aber von Ländern wie Österreich (gut 10%) oder Schweden und Finnland (fast 6%) deutlich übertroffen. Ein Schwerpunkt der anvisierten agrarpolitischen Neuorientierung liegt auf der Fleischerzeugung[1]: Beschränkung des Antibiotika-Einsatzes bei der Mast auf kurative Anwendung; Kopplung der Rinderprämien an eine verstärkte Extensivierung der Rinderhaltung; Einführung einer Positivliste für erlaubte Futtermittel und umfassende Deklarierung von Futtermittelbestandteilen sowie die Einschränkung von Tiertransporten. Der zweite Bereich, den bereits Künasts Vorgänger Karl-Heinz Funke verstärkt ausbauen wollte, ist der ökologische Landbau[2]: Dessen flächenmäßiger Anteil soll in den nächsten fünf Jahren vervierfacht und innerhalb des kommenden Jahrzehnts auf 20% erhöht werden.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.