Ausgabe November 2006

Vermarktung des Geistes

Anmerkungen zur Hochschulreform

Nicht selten ist die anfängliche Reformbegeisterung bei den Verwaltungsmitarbeitern sogar in Resignation und Abwehr umgeschlagen: Die im öffentlichen Dienst Beschäftigten haben den Eindruck gewonnen, dass die neuen Belastungen ungleich verteilt sind, dass sie selbst zu den Innovationsverlierern zählen oder dass dem betriebenen Aufwand kein adäquater Nutzen gegenübersteht. Was die Hochschulreform angeht, ist bereits heute ein vergleichbarer Effekt in Teilen von Fachhochschulkollegien zu beobachten. Eine intensive Anleitung von Studierenden, niedrige Abbrecherquoten, eine arbeitsmarktgerechte Ausbildung und kurze Studienzeiten zählen traditionell zu den Vorzügen von Fachhochschulen. Deshalb wird dort mit zunehmender Verbitterung diskutiert, warum solche Standards – nun im Gewand von Zielen, die der Bolognaprozess in deutscher Lesart auf seine Fahnen geschrieben hat – über aufwendige betriebswirtschaftliche Innovationen neu eingeführtReformiert wird die bundesdeutsche Hochschule schon seit Ende der 60er Jahre: Der damalige Reformprozess wurde ausgelöst durch die Warnung Georg Pichts vor der „Bildungskatastrophe“, durch den Mangel an hinreichend qualifizierten Arbeitskräften, aber auch durch den Wunsch nach einer Abkehr von der verkrusteten Ordinarienherrschaft und der Schaffung demokratischer Selbstverwaltungsstrukturen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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