Ausgabe August 2010

Angriff auf den Angriffskrieg

Am Abend des 11. Juni 2010 wurde im ugandischen Kampala Geschichte geschrieben. Auf der ersten Überprüfungskonferenz zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) erzielten seine Vertragsstaaten hinsichtlich der Ächtung und Bestrafung des Aggressionsverbrechens einen Durchbruch: Ranghohe Militärs und Regierungsmitglieder, die völkerrechtswidrige Angriffskriege führen, können ab 2017 vom Haager Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden. Dies allerdings nur in Übereinstimmung mit und in Abhängigkeit vom UN-Sicherheitsrat, einem Organ mit machtpolitischen Interessen. Ein Fortschritt mit Schwächen also, aber immerhin ein Fortschritt in einer langen Geschichte der Ächtung von Angriffskriegen.

Der deutsche Überfall auf Polen im Jahre 1939 gilt als Paradebeispiel für einen Angriffskrieg. Dafür wurden die deutschen Aggressoren vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg verurteilt. Doch seit den Nürnberger Prozessen wurde niemand mehr wegen dieses Verbrechens zur Verantwortung gezogen. Ob ein Angriffskrieg vorliegt oder nicht, entscheidet bislang gemäß Artikel 39 der UN-Charta allein der Weltsicherheitsrat, der bis zum heutigen Tag noch nie einen Akt der Aggression festgestellt hat.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Ukraine: Zwischen Korruption und Diktatfrieden

von Yelizaveta Landenberger

Anfang Dezember herrschte rege Pendeldiplomatie, während die Bombardierung ukrainischer Städte und die russischen Vorstöße an der Front unvermindert weitergingen. Völlig unklar ist, ob der im November bekannt gewordene US-»Friedensplan« auch nur zu einem Waffenstillstand führen kann.

Die Wehrpflicht gleicher Bürger

von Sven Altenburger

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Deutschland eine intensive Debatte über die Notwendigkeit einer Wehrpflicht ausgelöst. Dabei werden die ideengeschichtlichen Grundlagen der Wehrpflicht von ihren Gegnern regelmäßig verkannt, nämlich Republikanismus und Egalitarismus.