Ausgabe Juli 2011

Das 20. Jahrhundert denken

Was im Jahre 1999 als Verschriftlichung von Vorlesungen begann, kommt nun, über ein Jahrzehnt später, mit Erscheinen des vierten Bandes zu seinem krönenden Abschluss: Frank Deppes Opus Magnum über das Politische Denken im 20. Jahrhundert. Und diese bislang umfassendste Diskussion neueren politischen Denkens aus der Feder eines marxistischen Politikwissenschaftlers hat es wahrhaftig in sich.
Der Marburger Hochschullehrer begibt sich dabei nicht in die luftigen Höhen einer bloßen Geistes- oder Ideengeschichte. Er erweitert und erneuert vielmehr die unorthodoxe, von Marx und Engels inspirierte Tradition, wie sie Max Horkheimer und Theodor W. Adorno sowie seine Lehrer Werner Hofmann und Wolfgang Abendroth entwickelten – und zwar indem er die Ideen und deren Urheber in den Kontext konfliktreicher Kämpfe stellt: von den Erschütterungen der bürgerlichen Welt am Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Sturz in die Weltkriegsepoche, vom Zeitalter des Kalten Krieges bis in die Gegenwart des entfesselten Finanzkapitalismus.
Entstanden ist so ein Grundlagentext, der sich in eigentümlichem Widerspruch zur Situation an den Massenuniversitäten bewegt, in der „die Arbeitsbedingungen für die Konzentration auf längere, individuelle Projekte extrem ungünstig sind“. Kurzum: Es ist ein Werk, das aus anderen Zeiten kommt, aber auch in andere gehen will.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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