Ausgabe November 2014

Mehr Demokratie wagen: Von Schottland nach Katalonien

Schon zum zweiten Mal können Europas Regierungen aufatmen: Nicht einmal einen Monat, nachdem das Referendum für die Unabhängigkeit in Schottland scheiterte, hat nun die katalanische Regionalregierung den für den 9. November geplanten Volksentscheid über eine Loslösung von Spanien abgesagt. Damit beugte sie sich dem Druck der Zentralregierung in Madrid, die die Referendumspläne als verfassungswidrig ansah und rundweg ablehnte. Kataloniens Regionalpräsident Artur Mas will nun stattdessen eine unverbindliche Ersatzbefragung durchführen. Denn auch nach Absage des Referendums ist der Ruf nach Eigenständigkeit in Katalonien weiterhin laut. 

Die liberal-konservative Regierungspartei war in ihren Referendumsplänen von drei Linksparteien mit sozialdemokratischem, links-grünem beziehungsweise antikapitalistischem Profil unterstützt worden. Bei den Wahlen zum Regionalparlament 2012 erzielten diese vier Parteien gemeinsam rund 58 Prozent. Hier zeigt sich: In Katalonien verbindet die Forderung nach Unabhängigkeit konservative und linke Kräfte, es handelt sich um einen republikanischen Nationalismus mit antifaschistischer Tradition; der Verbleib in der EU wird mehrheitlich nicht in Frage gestellt.

In Spanien bestehen in vielen Regionen des Landes schon seit Jahrzehnten Unabhängigkeitsbestrebungen, sie wurden im Franquismus unterdrückt und lebten danach wieder auf.

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