Ausgabe Februar 2017

Von Türken, Juden und Armeniern: Der Kampf um die Erinnerung

In ganz Europa blasen derzeit rechtsextreme und fremdenfeindliche Parteien zum Angriff auf internationales Recht und Menschenrechtskonventionen. Reaktionärer Nativismus und Nationalismus drohen die zerbrechlichen Institutionen internationaler Kooperation – wie die Europäische Union – zu zerstören. Der Mythos des Nationalstaats als Alleinvertreter der Weltgeschichte wird heute von London bis Budapest und von Moskau bis zum Trump Tower in New York wieder heraufbeschworen.

Dabei wird außer Acht gelassen, dass es sich bei der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihrem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1967 um zwei der wichtigsten rechtlichen Abkommen der Nachkriegszeit handelt. Sie entsprangen aus der Anerkennung einer engen Verbindung zwischen Genozid und Staatenlosigkeit. Hannah Arendts Analyse des paradoxen „Rechts, Rechte zu haben“, zeigte eindringlich, wie Staatenlosigkeit, also der Verlust des persönlichen Schutzes durch ein anerkanntes politisches Gemeinwesen, das Individuum schutzlos der Verfolgung auslieferte. Menschenrechte, von denen wir annahmen, dass sie genau in diesen Momenten Menschen als Menschen beschützen würden, erwiesen sich unter diesen Umständen als wertlos.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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