Ausgabe September 2017

Chavismo critico: Die Zukunft Venezuelas?

Venezuela hat einen blutigen Sommer hinter sich: Seit April demonstriert die Opposition gegen die Regierung, der sie Misswirtschaft und Korruption vorwirft. Mehr als 130 Menschen starben bei den Protesten, rund 3500 Menschen wurden verletzt und mehr als 1000 inhaftiert. Aus Sicht vieler Beobachter scheint die Lage klar: Präsident Nicolás Maduro schwingt sich zum Diktator auf, die venezolanische Demokratie ist am Ende. In der Tat steht die Anfang August auf Maduros Initiative hin einberufene verfassungsgebende Versammlung über allen anderen Regierungseinrichtungen – über der Nationalversammlung, den Ministerien und Behörden, aber auch über dem Präsidenten. Sie besetzte das Gebäude des von der Opposition kontrollierten Parlaments und verwehrte deren Abgeordneten den Zugang.

Die Realität ist jedoch weitaus komplexer. Zwar zeigt die jüngste Entwicklung, dass sich im Regierungslager endgültig jene Fraktion durchgesetzt hat, die ihre Macht um jeden Preis bewahren will. Allerdings kämpft in Venezuela längst nicht mehr eine revolutionäre Regierung des Volkes gegen die Oligarchie, sondern vielmehr eine neue herrschende Klasse gegen die alte. Wer sich zwischen diesen verhärteten Fronten bewegt, stößt daher kaum noch auf Gehör.

Die Ursachen der aktuellen politischen Krise reichen weit zurück.

Sie haben etwa 8% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 92% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.