Liberaler Imperialismus und der herrschende Rassismus

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Zu Beginn des Jahres sorgte der ehemalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel mit einem erstaunlichen Tweet für Aufsehen: „In der Welt harter Interessenpolitik erreichen manchmal die Interessenlosen mehr. Wir haben Stärkeres als Waffen & Geld: Legitimität! Wir waren nicht am Libyen-Krieg beteiligt u. nie Kolonialstaat. Gut, dass Deutschland Libyen nicht den Autokraten überlässt.“ Das Zitat zeugt von einer erstaunlichen Geschichtsvergessenheit. Bereits 1884 sah Otto von Bismarck das Deutsche Reich als „ehrlichen Makler“ in Kolonialfragen und wurde zum Gastgeber der sogenannten Kongo-Konferenz. Als auf dieser Konferenz der afrikanische Kontinent aufgeteilt wurde, erhielt das angeblich neutrale Deutschland nicht unbeträchtliche koloniale „Schutzgebiete“. Gabriel sind diese Kolonien offenbar ebenso entfallen wie die Tatsache, dass es eine spezifisch deutsche imperial-koloniale Weltanschauung gab, die ganz maßgeblich von bürgerlich-liberalen Kräften entwickelt wurde, also aus der Mitte der Gesellschaft stammt, und die die Gegenwart mit ihren rassistischen Auswüchsen bis heute entscheidend prägt.
Nimmt man diese deutsche imperiale Perspektive genauer ins Visier, lohnt es sich, von einem Zitat von Ernst Hasse aus dem Jahr 1908 auszugehen. Hasse war Militär, dann Vorstand des Statistischen Amtes in Leipzig und später dort außerordentlicher Professor unter anderem für Kolonialpolitik.