Ausgabe November 2022

Das unantastbare Katar: Die Fußball-WM als Machtressource

Menschen vor der Countdown-Uhr der Fußball-WM in Doha, Katar, 5.10.2022 (IMAGO/ANP)

Bild: Menschen vor der Countdown-Uhr der Fußball-WM in Doha, Katar, 5.10.2022 (IMAGO/ANP)

Nun ist es tatsächlich soweit: Am 20. November und damit zum ersten Mal im Winter beginnt das größte Sportspektakel der Welt, die Endrunde der 22. Fußball-Weltmeisterschaft – und zwar ausgerechnet in Katar, einer kleinen Halbinsel am Persischen Golf, eingepfercht zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran.

Im geopolitischen Wettstreit im Nahen und Mittleren Osten ist die WM für Katar von zentraler Bedeutung. Das fossile Zeitalter mit hohen Gas- und Ölexporten geht mittelfristig zu Ende, und so will das Emirat neue Wirtschaftszweige etablieren. Katar konkurriert um Investitionen, Fachkräfte und Touristen vor allem mit seinen größeren Nachbarn Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. „Katar fühlt sich von Gegnern umzingelt“, sagt der Islamwissenschaftler Sebastian Sons aus dem Nahost-Forschungsnetzwerk Carpo. „Mit Großprojekten wie der WM will Katar seine eigene Verletzlichkeit bekämpfen.“ Militärisch ist Doha seinen Rivalen am Golf klar unterlegen. Doch je enger die Beziehungen in den Westen sind, etwa durch Fußball, desto unwahrscheinlicher erscheint der katarischen Regierung ein Angriff der Übermacht Saudi-Arabien.

Dieses Verhältnis am Golf war nicht immer so spannungsgeladen. Über weite Strecken des 20. Jahrhunderts spielte Katar als kleine und beduinisch geprägte Gemeinde von Perlenfischern keine große Rolle auf der arabischen Halbinsel. Das änderte sich Anfang der 1970er Jahre mit der Unabhängigkeit von Großbritannien und mit der Entdeckung des weltweit größten bekannten Erdgasfeldes. Katar leitete eine Modernisierung ein, damals unter dem Schutz Saudi-Arabiens. Doha wünschte sich einen florierenden Staat mit glaubwürdigen Institutionen und einer glitzernden Infrastruktur. Inzwischen sind die modernen Metrolinien in der Hauptstadt seit Jahren in Betrieb. Im Geschäftsbezirk „West Bay“ werden regelmäßig Hotels, Einkaufszentren und Firmenzentralen eröffnet. Dieses rasante Wachstum wäre ohne die Vergabe der WM im Dezember 2010 wohl undenkbar gewesen.

Für all dies braucht das kleine Land ­– noch in den 1970er Jahren hatte Katar nur rund 150 000 Staatsbürger – seit jeher Arbeitsmigranten. Diese kamen in der Aufbauphase des Landes vor allem aus Ägypten, den palästinensischen Gebieten und dem Jemen. Die Einwanderer sprachen Arabisch wie die Einheimischen, aber viele von ihnen hegten antimonarchistische Einstellungen. Die Regierung fürchtete Opposition und „Überfremdung“ und bemühte sich daher spätestens ab den 1990er Jahren um Arbeiter aus Südasien, die sie sprachlich und kulturell leichter von der eigenen Gesellschaft abschotten konnte.[1] Seither erhielten Millionen Migranten aus Indien, Bangladesch oder Pakistan einen Kafala, einen Bürgen, der ihre Pässe einbehalten, ihre Ausreise erschweren, ihren Jobwechsel verhindern konnte. Offiziell diente dies der Bekämpfung von Kriminalität, denn ihre Heimatländer unterhielten keine Auslieferungsabkommen mit Katar. Die westliche Öffentlichkeit interessierte sich für dieses System, das auch in anderen Golfstaaten praktiziert wird, erst nach der WM-Vergabe an Katar 2010.[2] „Dadurch ist ein wichtiger Prozess eingeleitet worden“, sagt der Gewerkschafter Dietmar Schäfers, der Katar seitdem oft besucht hat. „Auf den WM-Baustellen hat sich einiges verbessert. Aber dort, wo die Öffentlichkeit nicht so genau hinsieht, ist noch viel zu tun.“

„Bereits 2015 behauptete die katarische Regierung, dass das Kafala-System abgeschafft wurde“, sagt die Aktivistin Binda Pandey, die sich für die Rechte nepalesischer Arbeiter in Katar stark macht. „Tatsächlich wurden viele neue Gesetze auf den Weg gebracht, aber häufig mangelt es an Umsetzung und Kontrolle.“ In den vergangenen fünf Jahren hat das katarische Arbeitsministerium Richtlinien festgelegt, die europäischen Standards ähneln, für Arbeitszeiten, Ruhephasen, Beschwerdemöglichkeiten. Mitunter aber werden diese Reformen vom mächtigeren Innenministerium untergraben. „Viele Arbeiter trauen sich nicht, gegen ihren Arbeitgeber juristisch vorzugehen“, sagt Pandey. „Sie haben Angst, dass sie ausgewiesen werden und dann gar kein Geld mehr verdienen.“ In Nepal beispielsweise sind fast 60 Prozent der Haushalte von Arbeitsmigration abhängig, Geldeingänge aus dem Ausland machen fast ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus. Allein in Katar arbeiten rund 350 000 Nepalesen. Auch Familien in Indien, Pakistan oder Bangladesch sind oft auf Überweisungen angewiesen.[3]

Viele Arbeitgeber, die häufig eine familiäre Nähe zum Herrscherhaus haben, fühlen sich offenbar unantastbar. Und so dokumentieren NGOs wie Amnesty International oder Human Rights Watch zahlreiche Verstöße gegen neue Gesetze. Vielfach werden noch immer Reisepässe einbehalten und zugesicherte Löhne nicht ausgezahlt. Oft bedrohen Arbeitgeber ihre Angestellten und hindern sie an der Wahrnehmung von Gerichtsterminen. Noch immer verlangen Rekrutierungsagenturen von den Arbeitern zum Teil horrende „Vermittlungsgebühren“, damit diese überhaupt eine Anstellung finden. Erkenntnisse wie diese lassen erahnen, dass sich die Lage in den vergangenen Jahren nicht wirklich verbessert hat. Daher fordern Gewerkschaften, Fangruppen und Menschenrechtsorganisationen von der Fifa ein umfassendes Entschädigungsprogramm für Arbeitsmigranten.[4]

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Fifa ein solches auflegt. Ihr Präsident, Gianni Infantino, und viele Funktionärskollegen wiederholen häufig, dass die WM in Katar Verbesserungen angestoßen habe. Ein Beispiel seien „Streitschlichtungsausschüsse“, die zwischen Arbeitgebern und Arbeitern vermitteln sollen. Die International Labour Organization (ILO) ist mit einem Büro in Doha vertreten, auch Gewerkschaftsverbünde sind für Inspektionen vor Ort. Es sind Bedingungen, die Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien nicht zulassen. Für Katar sind genaue Zahlen kaum überprüfbar, aber inzwischen sollen mehr als 20 000 Arbeiter ihre ausgebliebenen Löhne erfolgreich eingeklagt haben. Im Land leben aber rund 2,4 Millionen Arbeitsmigranten, sie stellen neunzig Prozent der Bevölkerung. Noch können die wenigen Beschwerdestellen die Klagen nicht in angemessener Zeit bearbeiten.[5]

Das Frauen-Nationalteam als Alibi

Bei anderen Menschenrechtsverletzungen ist der Staat selbst davon weit entfernt. Häufig müssen etwa katarische Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen, wenn sie etwa heiraten oder in einem öffentlichen Job arbeiten wollen. Frauen müssen auch ihren Ehestatus nachweisen, um gynäkologische Untersuchungen zu erhalten. Diese Gesetze stoßen in weiten Teilen der patriarchalen Gesellschaft auf Zustimmung, sagt Anna Reuß, die an der Universität der Bundeswehr in München zur Außenpolitik der Golfstaaten forscht: „In Katar gilt die Familie meist als kleinste gemeinsame soziale Einheit. Auch wenn die Frau viel zum Einkommen beiträgt, wird sie nicht als Familienoberhaupt angesehen, sondern eher als Mutter.“ Gegenüber westlichen Politikern und Medien aber pflegt das katarische Regime das Narrativ der „starken Frau“ und verweist auf weibliche Führungskräfte in Verwaltung und Kultur. „Der katarische Staat will ein nuanciertes Bild von mündigen Frauen zeichnen“, sagt Reuß. „Bilder von schwitzenden Fußballerinnen mit Pferdeschwanz, die sich nach einem Tor in den Armen liegen, können dabei helfen.“

Anfang des Jahrtausends brachte Musa bint Nasser al-Missned, die zweite Ehefrau des damaligen Emirs, die Gründung des Frauen-Sportkomitees auf den Weg. Diese Organisation sollte sich „für die Gleichstellung der Geschlechter im Sport“ einsetzen. Das große Ziel Katars war schon damals die Ausrichtung der Fußball-WM der Männer. Doch für einen Zuschlag der Fifa mussten Bewerber die Förderung von Mädchen und Frauen nachweisen. So wurde 2009 in Katar eine Fußball-Auswahl der Frauen gegründet. Im Oktober 2010 bestritt sie ihr erstes Länderspiel. Anderthalb Monate später wurde die Männer-WM 2022 nach Katar vergeben. „Am Anfang war das ein Schock, denn die anderen Nationalteams hatten einen großen Vorsprung“, erzählt Amna Al Qassimi, die Geschäftsführerin des Frauen-Sportkomitees. „Trotzdem hätte ich eine solche Entwicklung vor zwanzig Jahren nicht für möglich gehalten. In unserer Kultur war es üblich, dass Mädchen zu Hause oder in der Schule Sport treiben. Das war’s.“

In Doha befindet sich die „Aspire Academy“, eine der modernsten Sportakademien der Welt, mit einem Fokus auf männliche Talente. Das Frauen-Sportkomitee ist außerhalb der Akademie in einer früheren Schule untergebracht. An den Wänden hängen Fotos von Sportlerinnen, in Vitrinen sind Pokale und Medaillen ausgestellt. Doch wie ernsthaft ist die Förderung? Das Fußball-Nationalteam der Frauen war lange Zeit kaum aktiv und wurde auch nicht in der Weltrangliste der Fifa geführt. Die Frauenliga ist nicht dem Fußballverband unterstellt, sondern dem Frauen-Sportkomitee – eine ungewöhnliche Konstellation. Ein Spielbetrieb mit Jugendförderung für Mädchen und Frauen mit Sponsoren und lokalen Medien ist noch nicht etabliert.[6]

Es ist eine Frage der Perspektive. Nach Maßstäben Europas gilt Katar als rückständig. Nach Maßstäben der Golfregion gilt Katar als Fortschrittsmodell, denn in Saudi-Arabien oder im Iran wird die Teilhabe von Frauen noch stärker eingeschränkt. „Als ich 2008 zum ersten Mal nach Katar kam, war die häufigste Betätigung für Frauen das Gehen von A nach B“, erzählt die Kommunikationswissenschaftlerin Susan Dun von der US-Universität Northwestern in der Außenstelle in Doha. „Inzwischen haben viele Fitnessstudios für Frauen geöffnet. Es werden Radwege gebaut, und für Sportkleidung gibt es auch einen Markt.

Der katarische Emir Tamim bin Hamad Al Thani und sein Umfeld beanspruchen die alleinige Deutungshoheit, das gilt auch für gesellschaftliche Normen und Geschlechterbilder. Nicht-heterosexuelle Menschen müssen mit Einschüchterung, Verfolgung und Anklage rechnen. Der katarische Mediziner Nasser Mohamed kann davon berichten, er wollte seine Homosexualität nicht länger verstecken. Nasser gab seinen Besitz in der Heimat auf, kappte Beziehungen zu Familie und Freunden – und lebt inzwischen in San Francisco. In sozialen Medien und in Interviews berichtet Mohamed von seiner Geschichte. „In Katar versucht man, unsere Existenz zu zensieren. Als schwuler Mann lebt man dort in ständiger Angst“, sagte er der BBC. „Jeder Tag ist anstrengend. Man muss jeden Schritt des Tages gut planen, um sich nicht aus Versehen selbst zu outen. Damit würde man sein Leben riskieren.“[7]

Wie genau die homophobe Gesetzgebung in Katar angewendet wird? Dafür gibt es wenige Hinweise, die vor allem Ausländer betreffen. 1996 wurde laut US-Außenministerium ein amerikanischer Staatsbürger in Doha zu neunzig Peitschenhieben verurteilt. Zwei Jahre später wurden offenbar mehrere schwule Arbeiter aus den Philippinen ausgewiesen. 2016 soll ein polnischer Social-Media-Aktivist wegen Homosexualität zwei Monate in Haft gewesen sein. „Es gibt Anzeichen dafür, dass Menschen wegen ihrer Homosexualität noch immer im Gefängnis sind“, sagt Piara Powar vom Fußball-Antidiskriminierungsnetzwerk Fare. „Der Staat überwacht soziale Medien und prüft Botschaften, die von der LGBTIQ+-Gemeinschaft kommen könnten. Es soll auch eine informelle Telefon-Hotline geben. Dort können Verwandte und Freunde bestimmte Personen an die Behörden melden. Und der Staat kann dann gegen sie vorgehen.“

Katarische Regierungsmitglieder halten sich aus der öffentlichen Diskussion weitgehend heraus. Denn sie wollen ihre Netzwerke mit dem Westen nicht gefährden. Doch hin und wieder taucht das Thema in staatsnahen Medien auf. Eine Beraterin des katarischen Außenministeriums bezeichnete Homosexualität in einer arabischsprachigen Zeitung als „schwere Sünde“. In Onlinemedien wurde die Idee diskutiert, für Touristen einen Test für die sexuelle Orientierung einzuführen.

Die Fifa hält sich zurück und lässt homophobe Aussagen weitgehend unwidersprochen. 2021 bezeichnete die ägyptische Fußballikone Mohamed Aboutrika Homosexualität im katarischen Fernsehsender „BeIN Sports“ als „gefährliche Ideologie“. Aboutrika erhielt in der arabischen Welt viel Unterstützung, unter anderem von Mahmoud Al Mardi, dem Kapitän der jordanischen Nationalmannschaft. Die Glorifizierung vergleichbarer Aussagen trug dazu bei, dass der Arzt Nasser Mohamed seine Heimat Katar verlassen hat. „Leider wurde viel zu spät begonnen, über die Rechte von queeren Menschen bei der WM zu sprechen“, sagt Piara Powar. Es sei fast unmöglich, mit den Gastgebern über Homosexualität ins Gespräch zu kommen. Wohl auch, weil Mitglieder der Herrscherfamilie gegenüber ihren Nachbarn in Saudi-Arabien das Gesicht wahren wollen. Powar sagt: „Die Katarer vermitteln allgemeine Willkommensbotschaften, aber eine tatsächliche Sicherheitsgarantie für queere Fans gibt es nicht.“

Klima-Kompensationen als Ablasshandel

Nachfragen zu Repressionen lassen WM-Organisation und Fifa ohnehin ins Leere laufen. Stattdessen möchten sie ganz andere Botschaften verbreiten. „Wir planen die nachhaltigste Weltmeisterschaft aller Zeiten“, sagt etwa Bodour Al-Meer, die im Organisationskomitee das Thema Nachhaltigkeit verantwortet. „Wir haben das erste komplett demontierbare Stadion bei einer WM.“ Gemeint ist das „Stadion 974“, benannt nach der internationalen Telefonvorwahl Katars – und nach der Zahl der Schiffscontainer, die das Baumaterial des Stadions transportiert haben.

Das „Stadion 974“ ist unter den acht Stadien, in denen die 64 WM-Spiele ausgetragen werden sollen, das Vorzeigemodell. „Unsere Stadien sind energieeffizient, die Transportwege für Fans sind gering. Für die Beleuchtung nutzen wir LED“, sagt Bodour Al-Meer. „Wir bemühen uns um einen geringen Wasserverbrauch. Einige Stadionbereiche sollen später umgewandelt werden. Es sollen Cafés, Büros und eine Klinik entstehen.“ Bislang hat sich wohl kein WM-Gastgeber so viele Gedanken um Nachhaltigkeit gemacht wie Katar. Aber kann ein Sportereignis einen Wandel anstoßen? Katarische Staatsbürger zahlen nichts für Strom und Wasser. Ihr Ausstoß klimaschädlicher Emissionen und ihr Wasserverbrauch pro Kopf ist einer der höchsten weltweit. Einkaufszentren werden ebenso heruntergekühlt wie so manches Stadion. Viele Katarer fahren große Autos und meiden die neue Metro. Katarische Führungskräfte wie Al-Meer pflegen dennoch das Narrativ der ersten klimaneutralen WM. Um diese „Neutralität“ überhaupt zu erreichen, beteiligt sich Katar an Kompensationen. Die Gastgeber wollen etwa Tausende Bäume pflanzen. Das sei moderner Ablasshandel, kritisieren Experten wie Tobias Zumbrägel. Der Islam- und Politikwissenschaftler beschäftigt sich mit der Klimapolitik der Golfstaaten. Katar habe bislang kaum auf erneuerbare Energien gesetzt. Nur im Zusammenhang mit der Fußball-WM wurde eine große Solarstromanlage gebaut. „Aber das muss als Prestigeprojekt der WM betrachtet werden“, sagt Zumbrägel. „Mit dieser Anlage werden vor allem die Klimaanlagen betrieben, die dann die Stadien herunterkühlen sollen.“

„Prestigeprojekt“ ist ein Begriff, der immer wieder fällt. Katar muss langfristig seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren. Bereits lange vor der WM sollten Großereignisse diese Strategie bekannter machen. Ende 2012 fand die UN-Klimakonferenz in Doha statt. Umweltschützer kritisierten die katarische Regierung für ihren „verschwenderischen Stil“, für Luxusbauten, künstliche Inseln, klimatisierte Eisflächen in Einkaufszentren. „In Katar ist ein regelrechter Bauboom entstanden“, sagt Zumbrägel. „Die ganze Infrastruktur ist eher darauf angelegt, Auto zu fahren. Es wurden strukturell die falschen Anreize gesetzt, die sich nun nicht so leicht ändern lassen.“

Bei fortschreitender Erderwärmung könnte die Arabische Halbinsel Ende des 21. Jahrhunderts unbewohnbar sein. Katar hat strengere Umweltregularien erlassen, doch diese werden oft von regierungsnahen Baufirmen unterlaufen. Zudem klärt die katarische Regierung wenig über die Klimakrise auf. Im Gegenteil: In einem Dorf nahe Doha hatten sich Einwohner über offenbar verschmutztes Grundwasser beschwert. Die Regierung setzte daraufhin eine Untersuchungskommission ein. Deren Ergebnis: Alles sei in Ordnung. „Man hat Angst davor, dass durch ein höheres Klimabewusstsein die Legitimität des Herrschaftshauses gefährdet werden könnte“, sagt Zumbrägel.

Ganz allgemein möchte Katar keine Kontroversen nach außen dringen lassen, die dem Regime als Schwäche ausgelegt werden können. Das Emirat duldet keine freien Wahlen. Im Demokratieindex des britischen „Economist“ belegt das Land von 167 bewerteten Staaten Rang 114. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Katar von 180 bewerteten Staaten auf Platz 119. In Katar ist unabhängiger Journalismus fast unmöglich, auch weil das Pressegesetz von 1979 eine Vorzensur von Publikationen ermöglicht. Das Gesetz gegen Cyberkriminalität von 2014 stellt die Verbreitung von angeblichen Fake News unter Strafe. „Die Gesetze sind oft so vage formuliert, dass die Regierung sie zu ihren Gunsten auslegen kann“, sagt Justin Shilad vom Committee to Protect Journalists (CPJ). In den vergangenen Jahren wurden in Doha mehrfach Journalisten verhaftet, weil sie bei ihren Recherchen angeblich katarische Gesetze missachtet hatten.

Zu spüren bekam das der kenianische Blogger Malcolm Bidali. Er hatte in Katar als Wachmann gearbeitet und sich mit sechs Personen eine enge Unterkunft teilen müssen. Mehrere Monate berichtete er unter falschem Namen im Internet über Ausbeutung und Diskriminierung. Bidali wurde im Mai 2021 festgenommen und über mehrere Tage verhört. Später musste er ein vorformuliertes Geständnis auf Arabisch unterschreiben. Ein Anwalt sei ihm verweigert worden. Nach fast einem Monat in Isolationshaft wurde Bidali freigelassen. Zuvor musste er, wie er auf einer Gesprächsreihe der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Deutschland im September 2022 betonte, eine Vereinbarung zur Geheimhaltung unterzeichnen. Fälle wie dieser erschweren die Arbeit der Medienschaffenden in Katar, erläutert Justin Shilad vom Committee to Protect Journalists. Zum einen fühlen sich Behörden moviert, die neueste Ausspähsoftware gegen Kritiker zu verankern. „Und außerdem ist in diesem Klima der Angst die Selbstzensur unter heimischen Journalisten weit verbreitet. Auch Informanten ziehen sich zurück und wollen kaum noch mit Klarnamen zitiert werden.“

Getrieben von Interessen, weniger von Ideologie

Der katarische Staat möchte mit Repression die Deutungshoheit behalten, hier zeigen sich Parallelen zu anderen autoritären Regimen wie in Russland, China oder Ägypten. Doch darüber hinaus setzt Katar wie kaum ein anderer Staat auf „Soft Power“, auf milliardenschwere Investitionen in Technik, Kultur, Sport und Medien. Prominente Beispiele: die Fluglinie Qatar Airways, das Museum für Islamische Kunst in Doha, die Übernahme des Fußballklubs Paris Saint-Germain oder der Nachrichtensender Al Dschasira. Vier Institutionen, die Katar mit positiver Konnotation international im Gespräch halten sollen. Al Dschasira gilt als journalistisches Vorzeigemodell in der arabischen Welt, doch mit Kritik am katarischen Regime und an der Staatsreligion, dem Islam, hält sich der Sender zurück. Die Herrscherfamilie hat früh eingesehen, dass sie Kritik aus dem Westen nicht verhindern, aber mit eigenen Netzwerken medial abmildern kann. Doha ist seit Jahrzehnten für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, gründete aber 2002 ein „Nationales Komitee für Menschenrechte“. Das Regime unterbindet Streiks und verbietet größere Demonstrationen, trat aber 2018 dem „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ der Vereinten Nationen bei.

Katar ist ein Ort der Zweideutigkeiten, das wird auch in der „Education City“ deutlich. Auf dem Campus im Westen von Doha haben sich seit Anfang des Jahrtausends ein Dutzend Außenstellen renommierter Universitäten angesiedelt. Sie stammen aus den USA, Großbritannien und Frankreich, drei der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. „Die Netzwerke mit dem Westen sind für Katar eine Art Lebensversicherung“, sagt der deutsche Politikwissenschaftler Danyel Reiche, der an der Georgetown-Universität in Doha lehrt. „Ohne diese Netzwerke wäre Katar vielleicht schon angegriffen worden.“ Viele Katarer haben die Sorge, dass ihnen etwas Ähnliches widerfährt wie Kuwait, das 1990 vom Irak überfallen wurde. Seither knüpft Katar für seine Sicherheit Netzwerke in alle Richtungen.[8]

Von den rund 2,7 Millionen Einwohnern haben lediglich 300 000 einen katarischen Pass. Staat, Wirtschaft und Kultur sind verflochten. Die Schaltstellen werden von der Dynastie Al Thani dominiert, zum erweiterten Familienkreis gehören wohl mehr als 20 000 Menschen. Ihr Pro-Kopf-Einkommen zählt zu den höchsten weltweit. Um diesen Wohlstand nicht zu gefährden, hat sich Katar früh auf die Kritik aus dem Westen eingelassen. Schließlich sollen sich potenzielle Gaskunden nicht verschreckt fühlen. Katar gibt Milliarden für das eigene Image aus, für PR-Agenturen, Lobbyisten und eine gewisse staatliche Flexibilität.

Diese Strategie hat Katar zu einem Machtzentrum im Mittleren Osten heranwachsen lassen. Mit wachsendem Selbstvertrauen mischt sich Doha in regionale Konflikte ein, förderte während der arabischen Aufstände ab 2011 die Rebellen in Ägypten, Syrien und Libyen. 2012 ließ sich der damalige Emir als erster Staatschef im Gazastreifen von der Hamas empfangen, die in vielen westlichen Staaten als terroristische Vereinigung eingestuft wird. Darüber hinaus unterhält Katar Verbindungen zur Muslimbruderschaft und gestattete den Taliban 2013 in Doha die Eröffnung ihres ersten „diplomatischen Büros“ außerhalb Afghanistans.

In Deutschland werden diese Beziehungen mitunter als „Förderung von Terrorismus“ zusammengefasst. Was selten erwähnt wird: Die Fachleute im Auswärtigen Amt oder im State Department betrachten Katar in der Regel als verlässlichen Vermittler, der von eigenen Interessen geleitet wird, aber weniger von Ideologie, erläutert Eckart Woertz, Direktor des GIGA-Instituts für Nahost-Studien in Hamburg. Auch auf Drängen Washingtons wurde der Rückzug der US-Truppen aus Afghanistan bis Februar 2020 vor allem in Doha verhandelt. Später half Katar bei der Evakuierung aus Kabul. Doha wird als Mediator in Krisenregionen weiterhin gefragt sein, im Irak, im Libanon oder in Syrien.[9]

Am Golf dagegen blicken andere Monarchien schon seit Jahren misstrauisch auf den politischen Aufstieg Katars. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate stimmten sich für diplomatische Protestnoten oder feindselige Kampagnen in sozialen Medien gegen Katar zunehmend ab. 2017 wurde dann eine neue Eskalationsstufe erreicht: Eine Allianz unter Führung Saudi-Arabiens verhängte eine wirtschaftliche Blockade über Katar und kappte diplomatische Beziehungen mit Doha. Mit Hilfe der Türkei und Irans ließ der Emir neue Importwege für Lebensmittel und Routen für seine Fluglinie organisieren.[10]

Auch die Bundesregierung hat ein Interesse an der Stabilität des Landes. 2018, während der Blockade, empfing Bundeskanzlerin Angela Merkel den Emir zu einem Wirtschaftsgipfel in Berlin. Beide Regierungen unterhalten eine gemeinsame Wirtschaftskommission. Katar gehört zu den größten Auslandsinvestoren in Deutschland, mit einem Volumen von wohl mehr als zwanzig Mrd. Euro. Über seinen Staatsfonds hält Doha Anteile an Volkswagen, an der Deutschen Bank oder an der Großreederei Hapag-Lloyd. Zuletzt hatte Katar unter anderem in den Impfstoffhersteller Curevac investiert.

Überdies waren deutsche Konzerne an großen Infrastrukturprojekten in Katar beteiligt: Die Deutsche Bahn und Siemens beim Aufbau des Nahverkehrs, SAP bei der Digitalisierung. Vor der Pandemie war Deutschland für Katar der drittwichtigste Handelspartner, die Exporte nach Doha erreichten einen Wert von 1,5 Mrd. Euro. Rund 150 deutsche Firmen sind in Katar aktiv. Gerade hat der Bundesverband mittelständische Wirtschaft in Doha eine Niederlassung eröffnet. Und dabei gehört Deutschland nicht einmal zu den wichtigsten Partnern Katars. Die „Qatar Investment Authority“, einer der größten Staatsfonds der Welt, soll in Dutzenden Ländern mehr als 350 Mrd. Euro angelegt haben, gut ein Viertel davon in den USA, Großbritannien und Frankreich. Katar hält Anteile an Kapitalmärkten wie der Londoner Börse und an Banken wie Barclays und Credit Suisse. Auch an der US-Filmproduktionsfirma Miramax, dem Londoner Kaufhaus Harrods oder an der britischen Supermarktkette Sainsbury ist Katar beteiligt. Das Land legt sein Geld in zukunftsfähigen Branchen langfristig an.[11]

Schwierige Zusammenarbeit mit autokratischen Regimen

Bis zum WM-Finale am 18. Dezember dürften Menschenrechte in Katar hierzulande ein mediales Dauerthema bleiben. Doch aus der Politik ist die Kritik nicht mehr allzu laut. Von den Gasimporten in die EU kamen 2020 rund vierzig Prozent aus Russland und nur vier Prozent aus Katar. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine will die Bundesregierung das grundlegend ändern. Im Mai empfingen Bundespräsident und Bundeskanzler den Emir in Berlin. Ende September machte Olaf Scholz auf seiner Reise an den Golf mit einer Wirtschaftsdelegation auch in Doha Station. Vor allem aber haben die Fotos jener tiefen Verbeugung von Wirtschaftsminister Robert Habeck vor dem katarischen Energieminister deutlich gemacht, dass auch die Anhänger einer „wertegeleiteten Außenpolitik“ inzwischen einsehen mussten, dass für die heimische Wärme mitunter sogar die Zusammenarbeit mit autokratischen Regimen notwendig ist, wenn man sich denn aus der Abhängigkeit von einer kriegerischen Autokratie wie der russischen befreien will.

Katarische Diplomaten können ihre Genugtuung jedenfalls kaum verbergen, dass die größte Volkswirtschaft Europas auf das kleine Katar angewiesen ist – zumal Doha sich die Abnehmer für sein Flüssiggas inzwischen aussuchen kann und lange Vertragslaufzeiten verlangt. Die stolzen Katarer möchten sich zudem nicht auf Gaslieferungen reduzieren lassen. Darin wiederum liegt durchaus eine Chance – für beide Seiten.

Es gibt etliche Themen, bei denen Deutschland und Katar zusammenarbeiten könnten, etwa im Abfallmanagement, in der Wasseraufbereitung oder bei der Gewinnung erneuerbarer Energien, einem Bereich, in dem Katar kaum Fortschritte erzielt. Auch der Medizinsektor wäre ein Feld: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leben etwa 17 Prozent der erwachsenen Katarer mit Diabetes. Mehr als siebzig Prozent haben Übergewicht. Herzleiden, Gefäßkrankheiten und daraus resultierende Depressionen werden das Gesundheits- und Pflegesystem in Katar langfristig belasten. Die Herrscherfamilie will die Kosten dafür in Grenzen halten – auch mit Breitensport als vorbeugender Maßnahme.[12] Seit 2012 begeht Katar dafür im Februar jährlich einen nationalen Sporttag. Der Emir und seine Angehörigen lassen sich beim Laufen, Tennis oder Basketball filmen. Es entstehen Radwege, Fitnessstudios, Sporthallen. Wie wirksam diese Sportkonzepte langfristig sind, lässt sich für Außenstehende schwer prüfen. In jedem Fall richten sich die Angebote der Regierung vor allem an die rund 300 000 katarischen Staatsbürger und nicht an die Arbeitsmigranten.

Wie groß der Einfluss der Fußball-WM auf Staat und Gesellschaft in Katar tatsächlich ist, wird sich wohl erst in einigen Jahren abschließend beurteilen lassen. Die Debatte darüber hat in jedem Fall die deutsche Sportindustrie etwas zum Nachdenken gebracht. Anfang Juni nahm das deutsche Fußballnationalteam an einer Informationsveranstaltung mit kritischen Aktivisten und NGOs teil. Auch der FC Bayern, der seit gut einem Jahrzehnt ins Wintertrainingslager nach Doha reist, lud nach langem Zögern kritische Fans zu einem Austausch mit katarischen Vertretern ein. Vor einigen Jahren war dergleichen noch undenkbar.

Doch bei Runden Tischen darf es nicht bleiben. Im Sommer 2024 findet die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland statt. Etliche Gastgeberstädte wie Berlin arbeiten seit der Bewerbungsphase für ein Nachhaltigkeitskonzept mit Menschenrechtsorganisationen zusammen. Auch einige Austragungsorte der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko gehen in diese Richtung. „Die Diskussion um Katar wird hoffentlich dazu führen, dass Sportverbände die Vergabe von Großereignissen frühzeitig an Bedingungen knüpfen“, sagt Jonas Burgheim, Mitgründer des Zentrums für Menschenrechte und Sport. „Profiklubs sollten auf die Produktionsbedingungen ihrer Sponsoren und Trikothersteller schauen.“

Immerhin hat die Fifa inzwischen ein Menschenrechtskonzept erarbeitet. Und trotzdem verlegte sie ihre Klub-Weltmeisterschaft 2021 aus dem coronageplagten Japan kurzerhand in die Vereinigten Arabischen Emirate, die in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen noch hinter Katar platziert sind. Auch die katarischen Politiker regieren zunehmend genervt auf die zahlreichen kritischen Artikel zur Menschenrechtslage am Golf. Und viel spricht dafür, dass die konservativen Kräfte in Katar ihre zaghaften Reformen zurücknehmen werden – allerdings wohl erst nach der WM, wenn die Karawane der Medien weitergezogen ist und die internationale Aufmerksamkeit längst wieder auf einem anderen Schauplatz liegt.

 

[1] Mehran Kamrava, Qatar: Small State, Big Politics, London 2013.

[2] James Montague, When Friday Comes: Football Revolution in the Middle East and the Road to Qatar, London 2022.

[3] Sebastian Sons, Menschenrechte sind nicht käuflich, Zürich 2022.

[4] Fußball-WM in Katar: Sponsoren sollten Entschädigungsforderungen unterstützen, www.amnesty.de, 20.9.2022.

[5] Jan Busse und René Wildangel (Hg.), Das rebellische Spiel. Die Macht des Fußballs im Nahen Osten und die Katar-WM, Bielefeld 2022.

[6] Ronny Blaschke, Power Players. Football in Propaganda, War and Revolution, West Sussex 2022.

[7] „Waking up in fear every day is exhausting”, www.bbc.com, 19.5.2022.

[8] Paul Michael Brannagan und Danyel Reiche, Qatar and the 2022 FIFA World Cup: Politics, Controversy, Change, London 2022.

[9] Nicolas Fromm, Katar. Sand, Geld und Spiele, München 2022.

[10] John McManus, Inside Qatar: Hidden Stories from One of the Richest Nations on Earth, London 2022.

[11] Deutschlands neuer Dealer, in: „Wirtschaftswoche“, 23.9.2022.

[12] Sebastian Sons, a.a.O.

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