Ausgabe Januar 2023

Die Boomer und der Altenboom

Wie wir aus der Demographiefalle herauskommen

IMAGO / Sven Simon

Bild: IMAGO / Sven Simon

Wir, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, sind wahnsinnig alt geworden. Seit Gründung der Bundesrepublik 1949 hat sich der Altersdurchschnitt von etwa 35 Jahren auf 44,6 Jahre Ende 2020 erhöht.[1] Und mit dem Alter kommen die Gebrechen, im Körper, aber auch in den Köpfen. Wir sträuben uns natürlich dagegen, lassen Fitnesswellen über uns hinwegrollen und lesen Bücher über den Darm, die Haut, unser Familienleben im Speziellen und das Glück im Allgemeinen. Wir haben unser individuelles Alter also ständig im Blick. Nur unser gesellschaftliches Alter, die Demographie, spielt in unseren Debatten in der Regel keine Rolle. Manchmal aber schlägt sich die Realität doch zu uns durch, wie wir sie eigentlich gar nicht kennenlernen wollten. Kurz vor der Bundestagswahl 2021 sprach der Vorstandschef der Bundesanstalt für Arbeit, Detlef Scheele, sie unerbittlich aus: „Ich mache mir gar nicht so viele Sorgen um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Viele Firmen sind am Weltmarkt unterwegs, und sie haben gute Konzepte“, sagte er im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, nur um anschließend fortzufahren: „Aber es wird durch die demographische Entwicklung in Deutschland zu wenig Arbeitskräfte geben. 2020 nahm die Zahl der Bürger im typischen Berufsalter, also der potenziellen Arbeitskräfte, um mehr als 50 000 ab. Dieses Jahr sind es fast 150 000. In den nächsten Jahren wird es viel dramatischer. Die Demographie ist kritischer als die Transformation. Ich verstehe nicht, warum darüber niemand redet.“[2]

Seither hat sich die Lage nicht verbessert, im Gegenteil: Mit 2023 beginnt das erste „Babyboomerjahr“ der Rentenversicherung. Der 1958er Geburtsjahrgang springt dann über die Altersgrenze von 65 Jahren und damit ins Rentenalter. Das Jahr 1958 verzeichnete 1,15 Millionen Geburten – das waren mehr als jemals zuvor, aber weniger als die darauffolgenden zwölf Geburtsjahrgänge, bis der Jahrgang 1971 nach dem Höhenflug wieder bei 1,14 Millionen Geburten landete. Damals bildeten die Kinder bis zehn Jahre die größte Altersgruppe in Deutschland. Alle Geburtsjahrgänge vor 1958 und alle nach 1971 sind kleiner als alle Geburtsjahrgänge zwischen diesen beiden Jahren. Sie bilden den „Babyboomerbauch“ in der Bevölkerungsstatistik – und sie wollen in Zukunft gepflegt und versorgt werden von einer immer kleiner werdenden noch arbeitenden Gesellschaft. Bis 2035 wird Deutschland rund 7 Millionen Arbeitskräfte verlieren.[3] Detlef Scheele brachte es daher bereits 2021 konkret auf den Punkt: „Wir brauchen 400 000 Zuwanderer pro Jahr. Also deutlich mehr als in den vergangenen Jahren.“ Und zur ignoranten Stimmungslage in Deutschland sagte er: „Man kann sich hinstellen und sagen: Wir möchten keine Ausländer. Aber das funktioniert nicht.“[4]

Demographie als Drohung

Gewiss, viele Dinge funktionieren dieser Tage nicht, und es geht dennoch weiter. Aber was ist, wenn unsere Improvisationskünste aufgebraucht sind? Wenn die Zeit abgelaufen ist? Wenn sich von heute auf morgen tatsächlich etwas Grundlegendes ändert? Weil die jüngere Hälfte der Gesellschaft, alle unter 45, die Corona-Sterblichkeit weit weniger betraf, wurde das Alter unserer Bevölkerung, die Demographie selbst, – kurzzeitig – zum Protagonisten unserer Schicksale. Vom Klimawandel – einer langfristigen Entwicklung – kennen wir ein ganz ähnliches biologisches „Beuteschema“, das vor allem die Älteren betrifft. So verzeichnete ein von der Europäischen Union gefördertes Forscherteam für den Monat August 2003 eine Übersterblichkeit von 45 000 Todesfällen in Europa, die allein auf Hitze zurückzuführen ist.[5] „Das Ganze hat das deutsche Gesundheitswesen bislang noch nicht genug erreicht“, sagte der deutsche Hausarzt Ralph Krolewski 16 Jahre später in den deutschen Abendnachrichten. Er sprach darüber, Patienten schon wegen „Hitzeerschöpfungen“ krankzuschreiben.[6] Der 123. Deutsche Ärztetag setzte „Klimawandel und Gesundheit“ als zentrales Thema erstmals für 2020 auf die Agenda – eigentlich viel zu spät. Doch der Ärztetag fiel erstmals seit Gründung der Bundesrepublik aus – wegen Corona.

Abseits des Klimathemas fehlt uns allerdings noch die passende Gesprächsgrundlage, um die Zukunft in Worte zu fassen. Dabei drängt uns der demographische Wandel, nun tatsächlich zu handeln, worauf nicht nur Detlef Scheele, sondern auch die Mitarbeiter*innen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die freien Wirtschaftsinstitute, die Beiräte der Bundesministerien und etliche Forschende an den Universitäten regelmäßig hinweisen. Und sie haben recht. Der demographische Wandel bedroht uns. Nicht nur damit, dass er unseren Wohlstand mindern kann, sondern auch, weil er sich in unsere Körper und Köpfe frisst. Japan, das älteste Land der Welt, und Südkorea, das einen größeren „Babyboomerbauch“ verzeichnet als Deutschland, zeigen es uns schon. Alte Menschen leben überwiegend arm und einsam. Junge Menschen leiden unter Perspektivlosigkeit und Resignation. Dabei haben diese beiden Länder es geschafft, reich zu werden, bevor sie alt wurden. In anderen Ländern, wie Vietnam, sieht man heute, was mit ärmeren Gesellschaften passiert, wenn sie alt werden: Die soziale Entwicklung eines Landes kann ihre Richtung umkehren. In Vietnam liegt das Durchschnittsalter bei 26 Jahren. Bis 2040 wird sich die Zahl der Menschen über 60 Jahre aber von 12 Prozent auf 21 Prozent beinah verdoppeln.[7] Der Ausweg, vorhandenen Wohlstand anders zu verteilen, entfällt. Es ist zu wenig da. Was mit uns hierzulande geschehen wird, wird sich noch entscheiden. Wir müssen es entscheiden. Allerdings schon sehr bald.

2023 oder Zeitenwende auf leisen Sohlen

In Deutschland ist es der 20. Bundestag, der dieses fundamentale Problem regeln muss, das 2023 beginnt. Bereits Jens Spahn sprach davon, dass in den 2030er Jahren doppelt so viele Menschen ins Rentenalter vor- wie von unten in den Arbeitsmarkt nachrücken werden. Das ist nur leicht übertrieben. Der größte Geburtsjahrgang, 1964, zählt derzeit 1,4 Millionen Menschen. Wenn diese 2029 die Altersgrenze von 65 Jahren erreichen, stehen ihnen 743 000 18jährige des Geburtsjahrgangs 2011 gegenüber. Dieses Zahlenszenario beschreibt beispielhaft den vom Statistischen Bundesamt berechneten Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland. Die Bevölkerungsvorausberechnung für das Jahr 2029 beinhaltet bereits Zahlen zur Migration, die unterschiedlich stark gewichtet werden können. Das bedeutet für das Jahr 2029, dass offiziell 1,32 Millionen Neurentner und zwischen 0,74 Millionen und 0,78 Millionen neue Volljährige erwartet werden. Sollte es Deutschland tatsächlich schaffen, jährlich netto 400 000 Einwanderer anzulocken, wären es knapp 0,8 Millionen 18jährige. Beim Blick auf das Erwerbspersonenpotenzial verzeichnen wir also allein für das Jahr 2029 selbst bei optimaler Zuwanderungserwartung – an die mit dem Thema Betraute jedoch nicht glauben – ein Defizit von 600 000 Menschen. Das ist das Zauberwort, das niemand kennt, um das aber das Schicksal Deutschlands kreist: Erwerbspersonenpotenzial. Das hier umrissene Jahr 2029 zeigt uns die Spitze einer historischen Phase, die 2023 beginnt und bis 2045 gesellschaftlichen und politischen Stress bedeutet. Renten werden in Deutschland derzeit durchschnittlich 21 Jahre lang gezahlt. Spätestens 2045 erreichen die Menschen des „Babyboomerbauchs“ ihre statistische Lebenserwartung, ab dann entspannt sich die Situation auf entsprechendem Niveau.

Als ich 2012 mit Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung sprach,[8] skizzierte er unter anderem ein Szenario, in dem sich bei Fortschreibung des aktuellen Niveaus der Geburten- und Migrationszahlen das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland bis 2050 halbieren könnte. Die erste Teilstrecke sind wir inzwischen gegangen. Nimmt man die Migration aus der Beobachtung, sinkt das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland bereits im zweistelligen Prozentbereich. Immer weniger Menschen arbeiten, immer weniger Menschen stehen bereit zu arbeiten. Mit politischen Mitteln eine Gegenbewegung auszulösen wird zunehmend schwerer. Laut aktuellen Zahlen des IAB vom Jahresende 2021 arbeiten bereits 90 Prozent der Frauen. Auch bei der Migration ruhen die politischen Möglichkeiten auf deutlichen Prämissen: „In Anlehnung an das Vorgehen des Statistischen Bundesamts basieren alle hier verwendeten Wanderungsvarianten auf konstanten jährlichen Fortzügen von 600 000 Personen.“[9] Spricht Detlef Scheele von „400 000 Zuwanderern pro Jahr“, meint er also eigentlich eine Million. Die Wegzüge aus Deutschland hatte er schon eingepreist. Migration wirkt zwar wie ein Jungbrunnen: Zwischen 2010 und 2019 waren mit 55,5 Prozent mehr als die Hälfte der Eingewanderten nach Deutschland jünger als 30 Jahre, bei den bereits hier lebenden ausländischen Zugezogenen sind nur 38 Prozent so jung, in der Gesamtbevölkerung lediglich 30 Prozent. Die Migration ist aber insgesamt zu schwach, um die allgemeinen Trends zu verändern. Sie werden nur abgeschwächt.

Wie die Flüchtlinge Deutschland verjüngen

Allein das Jahr 2015 markiert einen statistisch sichtbaren Unterschied. Die „Flüchtlingswelle“ jenes Jahres hat Deutschland jünger gemacht – um einen Monat. Seit der Wiedervereinigung ist 2015 das einzige Jahr, in dem das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland sank. Wobei man beachten muss: Der Effekt betrifft nicht die deutsche Bevölkerung, die wurde auch 2015 älter, sondern nur die Bevölkerung in Deutschland, also inklusive der Zugewanderten.[10] 1990 lag das Durchschnittsalter hierzulande bei 38,3 Jahren, 2019 schon bei 44,5 Jahren.[11] Wir sind heute im Schnitt mehr als doppelt so alt wie die Weltbevölkerung. Immer wenn ein Jahr mit seinen 365 Tagen vergeht, werden wir im Schnitt 70 Tage älter.[12] Kurz: Die demographischen Prognosen der letzten Jahrzehnte haben sich bislang bewahrheitet. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass die Geburten der neuen Volljährigen im Jahr 2050 heute noch ein Jahrzehnt in der Zukunft liegen. Prognosen zur Spätphase der Altenrepublik und die Zeit danach bleiben daher Spekulation. Anders als bei den Prognosen zu den Jahren 2023 und folgende bis hinein in die 2040er, bei denen geht es ausschließlich um Mathematik, denn die Variablen der Gleichungen sind längst da. Mathematik allein wäre ja nicht das große Problem, aber hier liegen nun gleich mehrere ungelöste Aufgabenstellungen vor uns. Übrigens auch, weil wir noch keine gute Sprache dafür haben, politisch aufgeklärt über Alter und Tod zu sprechen, dabei die Mathematik kühl gewähren zu lassen und dennoch zu politischer Handlung zu motivieren statt zu resignieren.

Wir kennen das von anderen Themen und Diskussionen. Das Jahr 2045 ist bereits Debattenthema, weil es als Ziel für die Klimaneutralität Deutschlands genannt wird. Beide Wandel, des Klimas und der Demographie, haben nun gemein, dass sie uns zu Pionieren machen. Wir benötigen für beide Herausforderungen neue Politik. Auf der anderen Seite stehen beide Katastrophen in einem interessanten Verhältnis zueinander.

Verkoppelte Krisen: Klima und Demographie

Der Klimawandel verlangt insbesondere Reduktionen. Wir wollen klimaschädliche Gase einsparen, Konsum drosseln und auf einiges verzichten. Sollte sich das nicht von selbst ergeben? In der Tat, hier liegt eine große Chance, aber auch eine Gefahr. 2020 ging laut Umweltbundesamt bereits in die Statistik ein als ein Jahr, in dem Deutschland seine Klimaziele erreichte. Wir wissen allerdings, dass das kaum mit strukturellen Änderungen zu tun hatte, sondern mit Corona. Wir blieben einfach alle zu Hause.

Der demographische Wandel ist so gewaltig, dass es zu ähnlichen Effekten kommen kann. Jedes Jahr eine halbe Million Menschen weniger, die täglich zur Arbeit fahren. Mit zunehmendem Alter werden sie zudem stetig weniger essen und reisen. Das könnte dazu führen, dass ausgerechnet die reichen Staaten trotz technischer Kompetenz den ökonomischen Strukturwandel zur Klimaneutralität schleifen lassen, anstatt ihn offensiv anzugehen. Dann würden sich jedoch die Fehler des 20. Jahrhunderts einfach wiederholen.

Anders als der Klimawandel ist die Altenrepublik allerdings kein globales Phänomen. Sie betrifft primär die wohlhabenderen Regionen der Welt. Auf die Länder in Afrika ist heute weniger als vier Prozent des menschengemachten Klimawandels zurückzuführen.[13] Allerdings läuft der demographische Wandel dort umgekehrt zu unserem ab und wird die Bevölkerung des Kontinents wachsen lassen, von heute 1,3 Milliarden auf 4,5 Milliarden Menschen bis Ende des Jahrhunderts.[14]

Die erwarteten Versorgungsengpässe werden wohl „pragmatisch“ gelöst werden, also mit altbewährten Technologien, zumal der afrikanische Kontinent über ausreichend fossile Energiequellen verfügt. Es sei denn, wir schaffen den Wechsel zum klimaneutralen Wirtschaften und entwickeln daraus ein Modell für die Welt, ohne dass der Export der Technologien in ein neues Jahrhundert der Ausbeutung führt. Letztlich kann uns Afrika am besten damit vergüten, das Klima nicht vollends zu zerstören. Denn Deutschland zählt neben Japan und den Philippinen zu den drei Ländern, die schon 2018 am stärksten von Extremwettern betroffen waren. Die Auswertung des Klima-Risiko-Index von Germanwatch wirkt nur auf den ersten Blick merkwürdig, hört man doch sonst von armen, küstennahen Regionen, die zuerst von der Klimakrise erwischt werden.[15] Aber Deutschland ist ein entwickeltes Land, in dem durch Sturzfluten, Hagel und Hitze besonders viel zerstört werden kann. „Mit einem Gesamtschaden von 46 Mrd. Euro, so rechnet es die Munich Re heute vor, war die Flut im Westen Deutschlands 2021 die zweitteuerste Naturkatastrophe der Welt“, hieß es beispielsweise in den ARD-Tagesthemen.[16]

Schrumpfen als Pionierleistung

Wir werden also lernen müssen, zu schrumpfen. Das allein wird schon eine Pionierleistung erfordern. In Deutschland ist noch immer das Wirtschaftswachstum das Maß aller Dinge beim Messen des Erfolgs von Politik. Wir hinterfragen bislang weder das Prinzip noch die Maßstäbe.

Deutschland ist hier altmodisch und orthodox. Das Schrumpfen wird uns aber aufgezwungen werden. Es gilt, einen konstruktiven und produktiven Umgang mit der Situation zu finden. Die eigentliche Herausforderung ist, während des Schrumpfens innovativ zu bleiben. Wir werden weniger Menschen, die folgerichtig weniger produzieren und konsumieren. Trotzdem brauchen wir neue Dinge und Dienstleistungen. Der Bedarf an Neuem ergibt sich nicht nur aus dem Klimawandel, sondern auch aus der Demographie selbst. Deutschland ist hier noch nicht besonders gut aufgestellt. Derzeit kommen die Uhren mit EKG und Sturzerkennung, bezahlbare Autopiloten zur Beförderung, Telemedizin, Haushaltsrobotik und vieles Weitere, was ältere Menschen benötigen, aus dem Ausland. Lediglich bei Lieferdiensten für Nahrungsmittel hat Deutschland eine heimische, aber wenig innovative Ausbeuterökonomie hervorgebracht. „Warum kann die Gesellschaft nicht das Schrumpfen lieben lernen?“, fragte der Demographieforscher Reiner Klingholz vor einiger Zeit beim Hamburger „Zukunftscamp“.[17] Warum lässt sich die Entwicklung nicht gestalten? Ein sanfter demographischer Sinkflug bei den Geburten mit moderater, politisch kontrollierter Zuwanderung könne schließlich gelingen, sagte er und blickte diesbezüglich auf Dänemark.

Tatsächlich drohen unserem skandinavischen Nachbarn keine demographischen Turbulenzen. Das Land fällt nur international immer wieder damit auf, dass dort angeblich, aber ziemlich häufig ermittelt, die glücklichsten Menschen leben. Doch tatsächlich wissen wir nicht genau, ob das Schrumpfen einer Bevölkerung und das Wachstum einer Volkswirtschaft gleichzeitig passieren können. Um diese große Wissenslücke kreist auch eine Studie des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Charles I. Jones von der Stanford University mit dem Titel „Das Ende des Wirtschaftswachstums? Ungewollte Konsequenzen von schrumpfenden Bevölkerungen“.[18] Sichtbar sei ihr zufolge bereits, dass Löhne steigen, wenn das Gerangel um Nachwuchs zunimmt. Wenn die Geldmenge nicht reduziert wird, bliebe dann für die Einzelnen mehr. Mit welchen Tendenzen in der Verteilung zu rechnen ist, sei aber unklar. Wenn das Gefüge aus Forschung und Entwicklung, Produktion und Dienstleistungen durch Nachwuchsmangel unter Druck gerät, erlahme allerdings der Technologiewandel. Hier könne der Ideenhaushalt einer Gesellschaft gefährlich mitschrumpfen, schreibt Jones. Bevölkerungswachstum generiert in entwickelten Ländern automatisch Wirtschaftswachstum. Diese einfache ökonomische Logik lasse sich bei umgekehrter demographischer Grundlage jedoch nicht einfach auf links krempeln.

Erforderlich ist ein neues Wirtschaftsmodell

Kurzum: Wir brauchen hier ein neues Wirtschaftsmodell. Jones, der sich dagegen verwahrt, Voraussagen abzugeben, notiert, dass sowohl die Automatisierung als auch der medizinische Fortschritt sehr überraschende Effekte hervorrufen können. Beide Felder rücken in schrumpfenden Gesellschaften verstärkt in den Blick. Jones wichtigste Aussage aber ist, nicht zu unterschätzen, wie groß der prinzipielle Unterschied zwischen wachsenden und schrumpfenden Bevölkerungen ist. Schon ein gering klingender Unterschied im Nachkommabereich der Geburten je Frau von 1,8 oder 2,2 Kindern bedeutet jeweils exponentielle Entwicklungen in die entgegengesetzte Richtung. In Dänemark fällt der demographische Sinkflug sanft aus. Seit mehr als 30 Jahren pendelt die Zahl der Kinder je Frau zwischen 1,7 und 1,9. Damit rangiert die Bevölkerungsentwicklung in Dänemark knapp unter dem Stagnationswert von 2,1 Kindern je Frau, zuzüglich Migration, die in Kopenhagen politisch eher restriktiv geregelt wird. In der Bundesrepublik dagegen ist der Sinkflug ausgeprägter. Die Richtungsumkehr fiel in das Ende des Babybooms. 1969 lag die Zahl der Geburten je Frau bei 2,21. Zwei Jahre später, 1971, lag die Zahl noch bei 1,92 Kindern, seitdem liegen die Werte ohne Unterbrechung weit darunter, mit einem Tiefststand 1994. Damals lag die Kinderzahl je Frau bei 1,24. Ein Ausreißer nach oben war 2016 zu vermelden. Aber auch in jenem Jahr sprang die Zahl lediglich auf 1,6. Damit liegen wir weit unter dem Wert, den Adair Turner als „nicht nur überschaubar, sondern auch förderlich für das menschliche Wohl“ beschreibt. Wie viele Experten sieht Turner, ehemaliger Chef der Finanzaufsichtsbehörde FSA in Großbritannien, der heute einen Thinktank führt, der Wirtschaftswachstum und Klimawandel in Einklang bringen möchte, den demographischen Sweetspot bei 1,8 Kindern je Frau. Die Rentensysteme bräuchten dann lediglich einen kleinen Sprung zu einem höheren Renteneintrittsalter. Das zielgerichtete Schrumpfen würde die Politik veranlassen, sich mehr um das Thema Arbeit im Alter zu kümmern. Ein nur moderat schrumpfendes Erwerbspersonenpotenzial würde den Wert menschlicher Arbeit steigern und Automatisierung forcieren, aber nicht zu Turbulenzen führen.[19] Dieses Szenario klingt schon etwas zu schön, um wahr sein zu können. Dänemark wird es so versuchen bzw. hat diesen Weg schon eingeschlagen. In Deutschland scheitern wir aber bereits am Versuchsaufbau. Unsere Geburtenzahlen sind schlicht zu niedrig. Für Deutschland gilt daher eher das Szenario, das Darrell Bricker und Jay Ibbitson in ihrem spektakulären Buch „Empty Planet“ so zusammenfassen: „Schrumpfende Gesellschaften reduzieren den Druck auf die natürlichen Ressourcen. Aber darüber werden wir nicht jubeln. Schrumpfende Gesellschaften sind schwer zu managen. Städte müssen neu geplant und Renten gekürzt werden.“[20] In Teilen Deutschlands ist das heute schon zu erleben: einsame Siedlungen, abgekoppelt von Versorgung und Infrastruktur. In Japan stellt man inzwischen künstliche Wölfe auf die Straßen, damit sie Bären abschrecken. Es ist der letzte Dienst der Gesellschaft an zurückgebliebene Alten, bevor sich die Natur nach ihrem Tod die leeren Vororte zurückerobern wird.

Weniger Geburten, späterer Tod

Die Zahlen stellen uns aber noch vor weitere Fragen: Warum beginnt die Altenrepublik in Deutschland erst 2023, wenn doch schon seit 50 Jahren zu wenige Kinder geboren werden und sich dieses Problem verschärft, da alle 20 Jahre mehr Kinder fehlen, weil schon deren Eltern gar nicht erst geboren wurden? Warum ereilt uns das Schicksal der Überalterung, des Überhangs an zu versorgenden Rentnern und des Mangels an Nachwuchs und Erwerbspersonen erst jetzt? Warum ist Deutschland bislang nicht geschrumpft, sondern eher noch leicht gewachsen? Die Antworten laufen darauf hinaus, dass es neben den Geburten eine zweite wichtige Variable gibt, die über die Größe der Bevölkerung bestimmt: die Lebenserwartung. Die Lebenserwartung wuchs moderat bis in die 1970er Jahre, übersprang beim Geburtsjahrgang 1973 die Marke von 71 Jahren und liegt heute weitere zehn Jahre höher bei fast 81 Jahren.[21] Deutschland bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme: Bevor Bevölkerungen in entwickelten Ländern schrumpfen, werden sie alt. Als Konrad Adenauer 1963 das Bundeskanzleramt verließ, waren 12 Prozent der Menschen in Deutschland 65 Jahre oder älter. Bei Helmut Schmidts Abgang 1982 waren es 15 Prozent. Als Helmut Kohl 1998 abgewählt wurde, waren es 16 Prozent. Der Anteil der Älteren wuchs in diesen 35 Jahren bis zur Jahrtausendwende also lediglich um vier Prozent. Mit dieser Geschwindigkeit konnte die Politik Schritt halten, sie musste aber bereits darüber diskutieren. Der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung 1995 ging eine Diskussion über die Lebenserwartung voraus. Bereits 1986 verkündete der damalige Arbeitsminister Norbert Blüm auf Wahlplakaten: „Denn eins ist sicher: Die Rente.“ 1988 veröffentlichte der ehemalige Bundesfamilienminister Bruno Heck (CDU) den Sammelband „Sterben wir aus? Die Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland“.[22] Damals sah man die schwindenden Geburtenzahlen der vergangenen 20 Jahre und erschrak in Bonn fast zu Tode.

Der zusätzliche Sprung bei der Lebenserwartung konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorausgesehen werden. Heute aber kennen wir dessen Effekte: In den weiteren 23 Jahren vom letzten Amtsjahr Helmut Kohls bis zu Angela Merkels Ende im Kanzleramt sprang der Anteil der Älteren in der Bevölkerung Deutschlands um weitere sechs Prozent auf 22 Prozent. Unser kollektiver Alterungsprozess nahm rasant an Fahrt auf. Heute sind wir, nach Japan, das älteste Land der Welt. 2030 wird „der Anteil der Generation 65 plus bei 26 Prozent liegen“, schreibt das Statistische Bundesamt.[23] Weitere vier Prozent also, nur diesmal brauchen wir dafür nicht 35 Jahre, sondern weniger als zehn.

Der Blick in die doppelte Zäsur

Wir können somit zwei statistische Zäsuren festhalten: Zum einen sind die Geburtenzahlen seit mehr als einer Generation rückläufig: Zwei zur Reproduktion fähige Menschen bekommen im Durchschnitt weniger als zwei Kinder. Und: Die Lebenserwartung ist ausgereizt. 2014 hörte der Aufwärtstrend in der Lebenserwartung nämlich schlagartig auf. Tatsächlich geschah es so plötzlich, dass 2014 noch immer den Spitzenwert aufweist: 81 Jahre. Seitdem liegt die Lebenserwartung knapp darunter und stagniert.

Global betrachtet, hat sich im 20. Jahrhundert die Lebenserwartung verdoppelt[24] und die Weltbevölkerung beinah vervierfacht. Im 21. Jahrhundert drehen sich nun die Vorzeichen der Entwicklung seit einigen Jahren um. Das gilt sowohl global, beim Blick auf die gesamte Weltbevölkerung, als auch historisch, beim Blick auf 300 000 Jahre Menschheitsgeschichte. In dieser wurden bis heute rund 100 Milliarden Menschen geboren. Dass mehr als eine Milliarde Menschen gleichzeitig auf der Erde leben, ist ein gerade einmal 200 Jahre altes Phänomen. Zwei Milliarden gleichzeitig lebende Menschen ist ein nicht einmal 100 Jahre altes Phänomen. Eine Weltbevölkerung von acht Milliarden Menschen bedeutet, acht Prozent aller jemals geborenen Menschen leben jetzt gerade, gleichzeitig. Es ist eine historische Ausnahmesituation. Und die Entwicklung der vergangenen 400 Jahre, die zu ihr führte, ändert jetzt ihre Richtung. Die Weltbevölkerung explodiert nicht mehr. Die Vereinten Nationen korrigieren ihre Bevölkerungszahlen stetig nach unten. Zuletzt wurde die Zehn-Milliarden-Marke bei der Prognose für das Jahr 2050 wieder zurückgenommen. Der „Economist“ schrieb, die Experten der Vereinten Nationen hätten innerhalb von nur zwei Jahren einmal die Bevölkerungsgröße Amerikas „wegrevidiert“.[25] Christopher J. L. Murray, Direktor des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der University of Washington, zeigte sich schon 2018 verwundert: „Wir haben den Wendepunkt erreicht, ab dem die Hälfte der Länder auf der Welt Fertilitätsraten unter dem Selbsterhaltungsniveau haben. Die Bevölkerungen dieser Länder werden schrumpfen.“ Und er fügte an: „Es ist eine bemerkenswerte Entwicklung. Sie überrascht auch Leute wie mich. Wir erleben den Übergang, die Gesellschaften werden sich mit dem Schrumpfen ihrer Bevölkerung befassen müssen.“[26]

Die demographiepolitische Naivität der Bundesregierung

Dass wir auf die Pionierleistung, die uns in Deutschland nun abverlangt wird, nicht vorbereitet sind, zeigte ausgerechnet Olaf Scholz in der letzten Bundestagssitzung vor der Bundestagswahl 2021, die natürlich maßgeblich vom Wahlkampf bestimmt war:„Kein Anstieg des Renteneintrittsalters und ein stabiles Rentenniveau: Das muss unsere Gesellschaft den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes garantieren“, so der kommende Bundeskanzler. Und weiter hieß es: „Das geht auch. Ich will Ihnen gerne sagen, dass ich sehr aufgeregt und empört bin, wenn all die Expertinnen und Experten, die uns in den 1990er Jahren so viele Dinge gesagt haben, sich jetzt wieder melden. Sie haben uns damals gesagt, wir würden jetzt, zu dieser Zeit, viel höhere Beiträge zahlen, als wir jetzt zahlen, und sie haben uns damals gesagt, es würde jetzt viel weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. Tatsächlich zahlen wir geringere Beiträge zur Rentenversicherung als zur Zeit von Helmut Kohl, und tatsächlich ist es so, dass Millionen zusätzlicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitskraft einbringen, Geld verdienen und auch die Rentenfinanzen stabilisieren. [...] Wir müssen dafür sorgen, dass wir ein hohes Beschäftigungsniveau in Deutschland haben. Und wenn es uns gelänge, auch nur besser zu werden – in der Art und Weise, wie das in Schweden der Fall ist, was Frauenerwerbstätigkeit betrifft –, dann hätten wir schon stabilere Renten. Und wenn es uns gelingen würde, dass eine 55jährige und ein 58jähriger, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sicher annehmen können, dass sie erneut eine gute Beschäftigung finden werden, dann hätten wir stabile Renten. Das ist die Aufgabe, die wir anpacken müssen.“[27]

Diese Aussagen sind – Wahlkampf hin oder her – demographiepolitisch naiv. Zu Helmut Kohls Zeiten waren die Zeitspannen zwischen Renteneintritt und Tod kürzer, die Sozialversicherung genügte sich selbst; ohne Stütze aus dem Bundeshaushalt in dreistelliger Milliardenhöhe. Die Wiedervereinigung wirkte wie ein Jungbrunnen auf die westdeutschen Unternehmen; auf Kosten der ostdeutschen Demographie. Es ist wahr, dass Deutschland noch Potenzial hat, Mütter zurück in den Arbeitsmarkt zu holen, und ältere Bürger über späte Berufswechsel noch einmal integriert werden könnten. Scholz verschwieg allerdings den immensen Beitrag, den ausländische Arbeitskräfte in den deutschen Sozialsystemen leisten. Im Juli 2018 vermeldete die Bundesagentur für Arbeit ein beispielhaftes Wachstum von 700 000 Beschäftigten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr. Die Mehrheit von ihnen, 370 000, waren allerdings keine Deutschen. „Ohne Polen und Rumänen hätten wir ein Problem“, titelte damals die FAZ. „Jede zweite neue Stelle in Deutschland wird von Ausländern besetzt – und zwar in erster Linie von Osteuropäern. Ohne sie würden kaum noch Häuser gebaut oder Pakete ausgeliefert.“[28]

Kernaufgabe Migration

Die Migration wollte Olaf Scholz im Wahlkampf auch gegen die seinerzeit größte Oppositionsfraktion im Bundestag, die „Alternative für Deutschland“, offenbar übersehen. Seit Jahren kursieren in der rechten Szene in Deutschland Befürchtungen vor „Umvolkung“, die beispielsweise auf eine Studie der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2000 mit dem Titel „Replacement Migration“ verweisen. In diesem Papier werden Bevölkerungsprojektionen mit und ohne Migration diskutiert. In einem Szenario, das „darauf abzielt, die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) konstant zu halten“, wird errechnet, dass Deutschland 24 Millionen Einwanderer bis 2050 benötigt – also knapp eine halbe Million zugezogene Beschäftigte pro Jahr.[29] Heute sehen wir bereits, dass diese Zahlen der Realität entsprechen. Das Papier der Vereinten Nationen nennt die Alternative: Das Renteneintrittsalter müsse auf „jenseits der 75 Jahre angehoben werden“.

Aber Olaf Scholz wollte die grundlegende demographische Mechanik nicht thematisieren, die die kommenden Jahrzehnte prägen wird und vor der Detlef Scheele bereits 2021 öffentlich gewarnt hatte: Jetzt gehen die Babyboomer in Rente. Sie müssen entsprechend dem demographischen Defizit doppelt verrechnet werden. Nämlich zum einen als neue Rentenempfänger, die, zum anderen, zu großen Teilen ersatzlos als Einzahler in die Sozialkassen ausfallen. Kurz gesagt: Wir irrlichtern in die Altenrepublik. Natürlich weiß Olaf Scholz all das. Als Finanzminister war er der wichtigste Autor der Haushaltsgesetze und kennt alle Zahlen. Als ehemaliger Arbeitsminister kennt er die Bundesagentur für Arbeit und das IAB, wo sie errechnet werden. Eher ist erschreckend, dass diese Rhetorik in einem Bundestagswahlkampf und sogar im Bundestag funktioniert – weil die Bevölkerung ihre Demographie nicht kennt. Dabei ist die Altenrepublik heute längst unsere Realität.

Der Beitrag basiert auf „Die Altenrepublik“, dem jüngsten Buch des Autors, das im Verlag Hoffmann und Campe erschienen ist.

[1] Statistisches Bundesamt, Fakten – Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland (1871-2019), www.bib.bund.de, 9.9.2021 sowie Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland von 2011 bis 2020, www.de.statista.com, 15.11.2022.

[2]  „Wir brauchen 400 000 Zuwanderer pro Jahr“, www.sueddeutsche.de, 24.8.2021.

[3] Johannes Pennekamp, Im deutschen Interesse, in: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), 30.11.2022.

[4] „Wir brauchen 400 000 Zuwanderer pro Jahr“, www.sueddeutsche.de, 24.8.2021.

[5] Jean-Marie Robine, Siu Lan Cheung, Sophie Le Roy u.a., Report on excess mortality in Europe during summer 2003, 28.2.2007.

[6] „Heute Journal“, ZDF, 30.11.2019.

[7] Vietnam is getting old before it gets rich, www.economist.com, 8.11.2018.

[8] Stefan Schulz, Immer mehr Zuwanderer bleiben: Deutschlands Bevölkerung wächst, www.faz.net, 25.7.2012.

[9] Johannes Fuchs, Doris Söhnlein und Brigitte Weber, IAB-Kurzbericht, 25/2021, www.doku.iab.de, 23.11.2021.

[10] Statistisches Bundesamt, Altersdurchschnitt der Bevölkerung sank 2015 auf 44 Jahre und 3 Monate, Pressemitteilung Nr. 197, www.destatis.de, 13.6.2017.

[11] Statistisches Bundesamt, Fakten, a.a.O.

[12] Florian Diekmann, Bevölkerungsentwicklung: Wo Deutschland am schnellsten altert, www.spiegel.de, 4.3.2019.

[13] Benno Büeler, Klima: Unaufhaltsame Zunahme des CO2-Ausstosses in Afrika, wwwinfosperber.ch, 20.1.2020.

[14] Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Fakten – Bevölkerungszahl und ihr Wachstum, Afrika (1950-2020), www.bib.bund.de, 9.9.2021.

[15] David Eckstein, Vera Künzel, Laura Schäfer u.a., Globaler Klima-Risiko-Index 2020, www.germanwatch.org, 4.12.2019.

[16] Caren Miosga, Tagesthemen vom 10.1.2022, www.tagesschau.de.

[17] Stefan Schulz, Hamburger „Zukunftscamp“: Es reicht nicht mehr für alle, www.faz.net, 13.10.2014.

[18] Charles Jones, The End of Economic Growth? Unintended Consequences of a Declining Population, Cambridge 2020.

[19] Adair Turner, Two Cheers for Population Decline, www.project-syndicate.org, 29.1.2019.

[20] Darrell Jay Bricker, John Ibbitson, Empty planet. The shock of global population decline, New York 2019.

[21] Life expectancy at birth, total (years) – Germany, www.data.worldbank.org, 13.9.2021.

[22] Bruno Heck (Hg.), Sterben wir aus? Die Bevölkerungsstatistik in der Bundesrepublik Deutschland, Veröffentlichung der Konrad-Adenauer-Stiftung, Freiburg 1988.

[23] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung – 407/18, www.destatis.de, 18.10.2018.

[24] Bricker und Ibbitson, Empty planet, a.a.O.

[25] The UN revises down its population forecasts, www.economist.com, 22.6.2019.

[26] James Gallagher, ‚Remarkable‘ decline in fertility rates, www.bbc.com, 13.11.2018.

[27] Olaf Scholz, Plenarprotokoll 19/239, www.bundestag.de, 7.9.2021.

[28] Patrick Bernau, Offene Stellen: Ohne Polen und Rumänen hätten wir ein Problem, www.faz.net, 7.10.2018.,

[29] Vereinte Nationen, Replacement migration. Is it a solution to declining and ageing populations? New York 2000.

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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