Ausgabe September 2025

Russlands Rekrutierungsmaschine

Wie Putin junge Afrikanerinnen in der Kriegswirtschaft ausbeuten lässt

Die Website von »Alabuga Start«, 28.8.2025 (Screenshot erstellt vom »Blätter« Verlag)

Bild: Die Website von »Alabuga Start«, 28.8.2025 (Screenshot erstellt vom »Blätter« Verlag)

Drohnen werden im Ukrainekrieg immer wichtiger. Fast täglich attackieren ganze Schwärme russischer Kampfdrohnen ukrainisches Territorium und überfordern damit nicht selten die Luftabwehr des angegriffenen Landes. Expert:innen rechnen damit, dass Russland schon bald tausende Drohnen pro Nacht einsetzen könnte, denn Wladimir Putin lässt die Produktionskapazitäten seines Landes massiv ausbauen. Dabei suchen russische Firmen händeringend nach Arbeitskräften, auch im Ausland. In Werbevideos sprechen sie gezielt junge Frauen in Afrika und Lateinamerika an.

In einem dieser Videos setzt sich die junge Afrikanerin namens Jane eine Schutzmaske auf das krause Haar. Ihre Hände stecken in Schutzhandschuhen. Sie steht an einer Werkbank in einer Fabrikhalle in Russland. Der russische Ausbilder neben ihr demonstriert, wo sie die Schweißnaht ansetzen soll. Funken spritzen. Eine Stimme ist im Hintergrund zu hören. „Eine Karriere bei Alabuga kann mit einem Gehalt von 500 US-Dollar beginnen“, verspricht sie: „Es werden auch Sport- und Freizeitprogramme geboten.“[1] Dieses und weitere Videos werben derzeit in afrikanischen sozialen Medien für ein Ausbildungs- und Arbeitsprogramm in Russland. Ob als Schweißer:in, Logistiker:in oder Reinigungskraft – in den Videoclips wird eine blendende Zukunft versprochen: „Nach sechs Monaten haben Sie die Möglichkeit, rund 4000 US-Dollar zu verdienen und eine Reise durch das größte Land der Welt zu unternehmen: Russland!“[2]

Alabuga heißt die russische Firma, die in der gleichnamigen Sonderwirtschaftszone in der Provinz Tatarstan mittlerweile rund tausend junge Frauen im Alter zwischen 18 und 22 Jahren aus 85 Ländern beschäftigt, viele davon aus Afrika: darunter aus Kamerun, Burkina Faso, Sambia, Somalia, Burundi oder aus Uganda.

Die zahlreichen kleinen Videoclips, die derzeit über TikTok, Facebook, Instagram oder X verbreitet werden, versuchen mit verschiedenen Szenarien, junge Frauen zu ködern: In einem Video mit dem Titel „Arbeiten und Reisen“ bezieht Jane ihr Bett in einem modern ausgestatteten Wohnheim. In ihrer Freizeit spielt sie in diesem und anderen Videoclips Hockey auf dem Rasen des unternehmenseigenen Sportzentrums oder sitzt abends am Lagerfeuer.[3] Im Video „Arbeiten und Heiraten“ lernt sie im Einkaufszentrum der Sonderwirtschaftszone einen russischen Geschäftsmann kennen. In der nächsten Sequenz fährt sie in seiner polierten Limousine vor, kommt in ein schickes Café spaziert und blickt versonnen in die Kamera – sie ist schwanger.[4]

Aus den Werbefilmen geht klar hervor: Alabuga sucht händeringend nach Arbeitskräften. In dieser Steueroase rund 1000 Kilometer südöstlich von Moskau haben sich 43 Firmen angesiedelt – sie bildet derzeit die größte Sonderwirtschaftszone Russlands. Darunter sind Hersteller für Fensterscheiben, Glasfaser oder Autokarosserien.[5] 

In einer Fabrik mit dem Namen „Alabuga-Maschinenherstellung“ werden nach Angaben des Unternehmens Motorboote gefertigt.[6] „Wir haben jedoch herausgefunden, dass die Motorboote nur eine Tarnung für die Fertigung der sogenannten Shahed-Drohnen sind“, erklärt Spencer Faragasso vom Institut für Wissenschaft und Internationale Sicherheit in Washington.[7] Der Drohnenspezialist hat sich seit Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine im Februar 2022 intensiv mit dieser getarnten Drohnenfabrik beschäftigt, Satellitenbilder und geleakte interne Dokumente von Abaluga ausgewertet und kommt zum Schluss: „Alabuga verwendet verschiedene Tarngeschichten, um die wahren Aktivitäten zu verschleiern.“

Und tatsächlich: Wer genau hinschaut, sieht in einem der Videos auf der Firmenwebseite, wie zwei junge afrikanische Frauen ein Bauteil lackieren, das aussieht wie die Tragfläche einer Drohne.[8] Genau dasselbe Teil ist auch in einer geleakten, 200 Seiten langen russischsprachigen Bauanleitung der Shahed-Drohnen zu sehen, die mit „Bauanleitung für das Motorboot“ betitelt ist, sich aber beim Durchblättern als Bauplan für eine Drohne erweist.[9]

Tarnfabriken in Tatarstan

Die Alabuga-Produktionsstätte ist für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine entscheidend. Fast jede Nacht steuern hunderte der sogenannten Shahed-Drohnen auf ukrainische Ziele. „Fliegende Mopeds“ werden sie unter ukrainischen Soldaten genannt, weil ihr Zweitaktmotor beim Anflug knattert. „Es sind quasi fliegende Bomben“, erklärt Drohnenexperte Faragasso: „Kamikaze-Drohnen, die explodieren, wenn sie aufschlagen.“ 

Da sie nur aus Glasfaser, einem Motor und einem Propeller bestehen, sind sie preiswert und einfach herzustellen, also für die Massenproduktion geeignet, so Faragasso. Für die russischen Luftangriffe auf die Ukraine seien sie der „Schlüssel“, weil sie in Schwärmen gestartet werden können, „um die Luftabwehr erfolgreich außer Gefecht zu setzen“. 

Russland nutzt Schwarmangriffe als taktisches Mittel, ähnlich wie Iran bei seinen Luftangriffen gegen Israel im Juni. Dies ist kein Zufall: Die beiden Staaten arbeiten bei der Drohnenproduktion eng zusammen. „Als der Krieg begann, hatten die Russen keine Erfahrungen in der Drohnenfabrikation“, so Faragasso. Die Zusammenarbeit bestand 2022 zunächst in einem Deal, bei dem Iran den Bau einer Fabrik in der Sonderwirtschaftszone unterstützte, um die Drohnen zu produzieren. Dies beweisen geleakte russische und iranische Dokumente.[10] Sie lassen darauf schließen, dass die Drohnen zu Beginn in Einzelteilen aus Iran importiert und dann in Alabuga nach dem Baukastenprinzip montiert wurden. Über eine Milliarde US-Dollar hat Russland Iran dafür bezahlt, so geht es aus den Dokumenten hervor.[11] 

Diese Zusammenarbeit blieb auch im Westen nicht unbemerkt: Seit April 2024 steht Alabuga auf der US-Sanktionsliste[12], seit Februar dieses Jahres auch auf der Sanktionsliste der Europäischen Union.[13]

Mittlerweile, so bezeugen es die Alabuga-internen Dokumente, stellen die Russen fast alle Komponenten der Shahed-Drohnen selbst her, auch in großer Stückzahl: 2023 wurden rund 4500 Drohnen für die russische Luftwaffe gefertigt. Ziel ist es, die Zahl in diesem Jahr auf 6000 zu erhöhen.[14] 

Jung, weiblich, ausbeutbar: Weltweite Anwerbung für die Kriegswirtschaft

Bereits kurz nach Beginn der Vollinvasion 2022, so zeigen es die internen Dokumente, wurden Überlegungen angestrengt, wie man rasch abertausende Arbeitskräfte anheuern kann. Zunächst warb man gezielt an russischen Universitäten, weitete das Programm jedoch rasch auf Tadschikistan aus, wo die Jugendarbeitslosigkeit höher ist.[15] Laut Recherchen des russischen Onlinemagazins „Protokol“, das Alabuga-Mitarbeiter interviewt hat, versuchte die Personalabteilung zusätzlich über Onlinedating-Plattformen wie Tinder Ausländer:innen anzuwerben, die in Russland studieren.[16] In der unternehmenseigenen Berufsschule werden seit 2022 Kurse auf Englisch angeboten. Auf der Internetseite lockt der Konzern auch mit einem Diplom, das man nach Abschluss des vierjährigen Ausbildungsgangs erhält.[17] 

Satellitenbilder und Firmenvideos von 2022 zeigen, dass für die ausländischen Auszubildenden ein Wohnheim errichtet wurde. Im Herbst 2022 wurden die ersten Studentinnen aus Afrika und Lateinamerika in der Berufsschule immatrikuliert. Als „Mulatkis“, übersetzt „Mulattinnen“, werden sie in einem Personalplan bezeichnet – ein rassistischer Begriff. Zu Beginn waren es gerade einmal 22, einige von ihnen aus Uganda.[18]

Ende 2022 etablierte die Personalabteilung das internationale Rekrutierungsprogramm mit dem Namen „Alabuga-Start“, um in Afrika und Lateinamerika gezielt junge Frauen anzuwerben – mutmaßlich, weil diese über soziale Medien besonders leicht ansprechbar und zudem leicht auszubeuten sind, da die Arbeitslosigkeit unter jungen Frauen in Afrika besonders hoch ist. Noch immer investieren Familien Schulgelder meist in die Söhne. Der russische Botschafter in Uganda stellte in einem Interview mit der ugandischen Tageszeitung „New Vision“ jüngst klar, dass sich jedoch bald auch junge Männer für eine Arbeit bei Abaluga bewerben könnten.[19] 

Karriere, Reisen, Heiraten: Die falschen Versprechen von Alabuga

„Der Wunsch, ins Ausland zu ziehen, ist bei uns weit verbreitet“, erklärt die ugandische Karriereberaterin Nicole Letaru.[20] Bislang zog es junge Afrikaner:innen zum Studieren vor allem in die USA, nach Kanada oder Europa. Doch die Hürden, die diese Länder für die Erteilung eines Visums errichten, werden immer höher. Jüngst hat die US-Administration unter Präsident Donald Trump Visa für ausländische Studierende an der renommierten Harvard-Universität annulliert.[21] Dies schreckt junge Leute aus Afrika nun zusätzlich ab. Sie schauen sich deswegen anderswo um, so Letaru: in Indien oder China. Daneben sei Russland „trotz all der Schwierigkeiten mit dem Krieg in der Ukraine“ dennoch eine attraktive Option. 

Auch für Alabuga hat Letaru 2024 geworben. „Dort könnt ihr eure Karriere voranbringen und euer Leben für immer verändern“, erklärt die 35-Jährige auf YouTube im Oktober 2024.[22] In einem zehnminütigen Video führt sie ihre Zuschauer:innen durch die Bewerbungsbedingungen: Russischkurse und medizinische Untersuchungen seien Pflicht, erklärt sie. Dafür übernehme Alabuga die Kosten für den Flug und die Unterkunft. Da das Programm vier Jahre dauert, ist noch keine der Arbeiterinnen nach Hause zurückgekehrt, um aus erster Hand zu berichten. Letaru jedoch hat via Whatsapp Nachrichten von einer Uganderin aus Russland erhalten: „Sie sagt, dass die Bezahlung dort nicht dem entspricht, was versprochen wird.“ Die Kosten für den Flug, für Unterbringung sowie die Sprachkurse würden vom Gehalt abgezogen. 

Recherchen der ugandischen Tageszeitung „New Vision“ bestätigen dies. Über Whatsapp ist es ugandischen Journalist:innen gelungen, mit Uganderinnen bei Alabuga in Kontakt zu treten. „Wir werden permanent überwacht“, schreibt eine von ihnen im November 2024. Sie könne deswegen nicht offen über ihre Erfahrungen berichten.[23] Der US-Nachrichtenagentur „American Press“ ist es allerdings gelungen, Handyvideos von Beschäftigten von Alabuga zu erhalten. Sie zeigen gerötete Ausschläge auf Händen und im Gesicht, aufgrund fehlender Schutzkleidung im Umgang mit Chemikalien. Eine weibliche Stimme berichtet, dass sie sich ständig kratzen müsse.[24] 

Überwacht und schutzlos: Die Realität in den Produktionsstätten

Während Letaru angibt, nichts von den Arbeitsbedingungen bei Alabuga gewusst zu haben und für ihre Werbung weder bezahlt noch von russischer Seite beauftragt worden zu sein, lassen sich andere dafür durchaus bezahlen. Auf der Alabuga-Webseite können sich Organisationen um einen Zuschuss bewerben, wenn sie für das Unternehmen werben. Ob die Nil-Stiftung, die in Somalia gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit ankämpft, der Sambia-Russland-Alumni-Verband (ZamRus) oder die Enangue Holding in Kamerun, die laut ihrem Facebook-Profil die russisch-kamerunischen Beziehungen pflegt – sie alle posten auf ihren Kanälen die Werbevideos des russischen Konzerns. 

In Uganda richtet der Nationale Studierendenverband (UNSA) an der Universität Makerere seit 2023 gar Rekrutierungsveranstaltungen für Alabuga aus. Ein Gruppenfoto vom Mai dieses Jahres vor dem vierstöckigen Gebäude der IT-Fakultät, das auf dem Alabuga-Telegramkanal gepostet wurde, zeugt davon. Organisiert wurde das Event unter der Schirmherrschaft von Ugandas Topmodel Ester Kironde, die 2024 den „Miss Uganda“-Wettbewerb gewonnen hat und die Alabuga als „Sonderbotschafterin“ bezeichnet.[25] Auf Anfrage beim Studierendenverband erklärt dessen Sekretär am Telefon, die Veranstaltung sei vom Vorsitzenden des Verbands „dank seiner persönlichen Beziehungen“ organisiert worden. Auch an der Lubiri-Oberschule in Ugandas Hauptstadt Kampala hat UNSA im April 2023 eine Werbeveranstaltung für den Konzern abgehalten. Für diesen „Workshop“ waren sogar Mitarbeiter:innen aus Tatarstan angereist, wie es auf dem Alabuga-Telegramkanal heißt. „Unser Team fliegt nach Uganda“, verkündete Alabuga dort am Tag vorher. Flugtickets wurden in die Kamera gehalten.[26]

Mehr als tausend Schüler:innen lernen an der Lubiri-Oberschule, die einen guten Ruf genießt. Ihre Eltern begleichen dafür Schulgebühren von umgerechnet mehreren tausend Euro pro Jahr. Aber die Zukunftsaussichten der Absolvent:innen sind dennoch mäßig. Uganda hat eine der höchsten Geburtenraten Afrikas und deshalb eine hohe Jugendarbeitslosigkeit.[27] Dies nutzen ausländische Rekrutierungsfirmen aus, um in dem Land billige Arbeitskräfte anzuheuern. Mittlerweile gibt es hunderte Agenturen, die Jobs im Ausland vermitteln: meist in die Golfstaaten. Sie suchen beispielsweise Kindermädchen für Großfamilien in Oman oder Saudi-Arabien. Über eine Alabuga-Veranstaltung wisse er nichts, betont Vizeschuldirektor Joseph Kazibwe.[28] Als er die Fotos und Videos davon auf dem Telegramkanal des Unternehmens sieht, gibt er sich entsetzt. Der Grund: Als vor mehr als zehn Jahren die ersten ausländischen Rekrutierungsfirmen in Uganda für Jobs in Saudi-Arabien geworben haben, machten lokale Menschenrechtsorganisationen mobil. Von Menschenhandel, Versklavung und systematischer Ausbeutung war damals die Rede. Ugandas Ministerium für Arbeit und Soziales bemühte sich daraufhin, den Sektor zu regulieren, es wurden sogar Beschwerdestellen eingerichtet.[29] Seitdem sind die Schattenseiten solcher Arbeitsprogramme in der Öffentlichkeit bekannt. 

Vizeschuldirektor Kazibwe sorgt sich deshalb um das Image seiner Bildungseinrichtung. Und tatsächlich: Im Gespräch zwischen Kazibwe und dem Studierendenverband stellt sich später heraus, dass dieser die Werbeveranstaltung auf finanzielle Anreize von Alabuga hin ausgerichtet hat – ohne die Schulverwaltung darüber zu informieren. 

Arbeiten in der Kriegszone

Darüber, wie gefährlich die Arbeit in den Tarnfabriken ist, wird bei den Veranstaltungen freilich nicht gesprochen. Am 2. April 2024 meldeten russische Nachrichten erstmals Angriffe auf die Sonderwirtschaftszone in Tatarstan. Videos zeigen ein unbemanntes ukrainisches Propellerflugzeug im Tiefflug über dem Fabrikgelände. Dann kracht es in eines der Wohnheime, wo die afrikanischen Arbeiterinnen untergebracht sind. Zunächst gibt es eine Explosion, dann steigt ein Feuerball auf. Die Aufnahmen werden später auf einer Whistleblower-Plattform mit dem Titel „Alabuga-Truth“ – die Wahrheit hinter Alabuga – veröffentlicht. Die Internetseite wurde von Journalist:innen aufgesetzt, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollen.[30] Noch am selben Tag meldete sich eine Kenianerin auf dem Telegramkanal des Rekrutierungsprogramms von Alabuga zu Wort: „Mir geht es gut. Diejenigen, die heute unser Wohnheim angegriffen haben, sind wahre Barbaren und sie verdienen eine ernsthafte Bestrafung. Ihr könnt uns keine Angst machen“, sagt sie.[31] Die Bilanz: 14 Afrikanerinnen wurden verletzt, darunter junge Frauen aus Simbabwe, Ruanda, Kongo, Kenia, Nigeria und Südsudan, sechs von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden.[32]

Seitdem rüstet sich Alabuga. Satellitenbilder vom September 2024 deuten darauf hin, dass eine Luftabwehranlage errichtet sowie Schutzbunker ausgehoben wurden. Mit Erfolg: Im Dezember 2024 wurde das Gelände vorzeitig evakuiert, bevor ukrainische Drohnen niederregneten.[33] Fast genau ein Jahr nach dem ersten Angriff, im April dieses Jahres, wurde Alabuga erneut Ziel einer ukrainischen Attacke. Dabei kamen sowohl Langstreckendrohnen als auch ferngesteuerte Propellerflugzeuge zum Einsatz. Diesmal wurden die meisten jedoch von der Alabuga-eigenen Luftabwehr abgefangen. Satellitenbilder zeigen nur einen einzigen großen Krater neben der Halle, wo die Shahed-Drohnen gefertigt werden.[34] 

»Der Horror der afrikanischen Frauen«

Die Attacken führten allerdings dazu, dass afrikanische Medien über die Situation der Arbeiterinnen bei Alabuga berichteten und Behörden in Afrika reagierten. Nach dem ersten Angriff wandte sich im September 2024 Ugandas Arbeitsministerium an die ugandische Vertretung in Moskau. Es sei notwendig zu klären, wer für das Wohl der Uganderinnen in Russland zuständig sei, heißt es in dem Schreiben.[35] Trotz der zunehmend kritischen Berichterstattung haben einige afrikanische Regierungen Abkommen mit Alabuga unterzeichnet, mit deren Hilfe das Unternehmen die Rekrutierung von Arbeitskräften im großen Stil vorantreiben will, darunter Sambia und Madagaskar.[36] Mit weiteren Regierungen sind Verhandlungen im Gange: Kenias Botschafter in Russland hat im Mai, nur wenige Wochen nach dem jüngsten Luftangriff, Alabuga besucht und zeigte sich „beeindruckt“.[37] Ein paar Tage zuvor prangte auf der Titelseite der kenianischen Wochenzeitung „The East African“ die Überschrift: „Der Horror der ostafrikanischen Frauen, die für den Russlandkrieg Drohnen fertigen.“[38] Die russische Botschaft in Kenias Hauptstadt Nairobi reagierte prompt: Von einer „großangelegten Desinformationskampagne“ ist auf deren Webseite die Rede – dies seien alles „falsche Anschuldigungen“.[39] Alabuga rekrutiert derweil fleißig weiter. Auf den jüngsten Satellitenbildern ist zu erkennen, dass derzeit noch mehr Unterkünfte für Arbeiterinnen errichtet werden.[40] Und auch auf sämtlichen sozialen Medienplattformen teilt Alabuga täglich weitere vielversprechende Videos – ohne Aussicht auf ein Ende.

[1] Alabuga-Werbevideo „Work and Study“, startworld.alabuga.ru. 

[2] Alabuga-Werbevideo „Work and Travel“, startworld.alabuga.ru. 

[3] Ebd. 

[4] Alabuga-Werbevideo „Work and Marry“, startworld.alabuga.ru. 

[5] Internes Dokument der Sonderwirtschaftszone (SEZ) Alabuga, in welchem alle Firmen vorgestellt sind, Archiv der Autorin. 

[6] Internes Dokument von Alabuga, in welchem die Maschinenherstellung vorgestellt wird, Archiv der Autorin.

[7] Interview mit der Autorin am 6. Juni 2025. 

[8] Alabuga-Werbevideo „Work in Composite“, startworld.alabuga.ru. 

[9] Alabuga Internes Dokument: „Bauanleitung für Motorboote“, Archiv der Autorin.

[10] Interne Dokumente von Alabuga, Archiv der Autorin.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Office of Foreign asset Control (OFAC), sanctionssearch.ofac.treas.gov.

[13] Vgl. EU-Council Implementing Regulation (EU) 2025/389: Implementing Regulation No 269/2014: Concerning restrictive measures in respect of actions undermining or threatening the territorial integrity, sovereignty and independence of Ukraine, 24.2.2025. 

[14] Interne Dokumente von Alabuga, Archiv der Autorin.

[15] Spencer Faragasso und David Albright, Youth Exploited for Military Drone Production at the Alabuga Special Economic Zone, isis-online.org, 1.7.2024.

[16] Алабуга. Производство смерти руками студентов“, [Alabuga. Production of death by the hands of students], protokol.band, 24.7.2023.

[17] Vgl. startworld.alabuga.ru. 

[18] Alabuga Personalplan 2022, Archiv der Autorin. 

[19] Alabuga Programm accused of Labor Exploitation, newvision.co.ug, 17.11.2024. 

[20] Im Interview mit der Autorin am 16.6.2025.

[21] Fact Sheet: President Donald J. Trump Restricts Foreign Student Visas at Harvard University, whitehouse.gov, 4.6.2025. 

[22] Nicole The Career Catalyst, Exclusive Work and Training Opportunities for Young Women in Russia – Russia Start Program, youtube.com, Oktober 2024. 

[23] Alabuga Programm accused of Labor Exploitation, a.a.O. 

[24] Emma Burrows und Lori Hinnant, Africans recruited to work in Russia say they were duped into building drones for use in Ukraine, apnews.com, 10.10.2024.

[25] Alabuga Start programme in Uganda: The Business Cats Financial Literacy Olympiad finals were held in Uganda, in: Alabuga Start Programme, Telegram, 28.4.2025. 

[26] Our team is flying to Uganda to conduct a series of meetings with potential participants of the Alabuga Start programme 2023, in: Alabuga Start Programme, Telegram, 16.4.2023.

[27] Elizabeth Kumurungi, Youth joblessness: The plague of the nation“, monitor.co.ug, 5.6.2025. 

[28] Im Interview mit der Autorin am 11.7.2025.

[29] Simone Schlindwein, Migration von Uganda nach Nahost: Verkauft und versklavt, in: taz.de, 16.12.2019. 

[30] Vgl. Working in a Warzone, Alabuga Start: The program trafficking African women to build suicide drones in Russia; alabugatruth.com, 2025. 

[31] Video von Mackline Othieno, in: Alabuga Start Programme, Telegram, 2.4.2024.

[32] Africans have suffered because of the Ukrainian drone attack on the Alabuga Polytechnic hostel in Tatarstan, in: African initiative EN, Telegram, 3.4.2024. 

[33]  Spencer Faragasso, with the Good ISIS Team, Alabuga Special Economic Zone Post-Attack Analysis and Air Defense Site Identification, isis-online.org, 1.5.2025. 

[34] Ebd. 

[35] Work Permits for beneficiaries of the Alabuga-Start-Program, Internes Schreiben des Uganda Ministry of Gender, Labour and Social Development an die Ugandische Botschaft in Moskau, 13.9.2024. 

[36] Vgl. Who is making Russia‘s drones? The migrant women exploited for Russia‘s war economy, The Global Initiative on Transnational Organized Crime, globalinitiative.net, 8.5.2025.

[37] x.com/sezalabuga/status/1925436840414183439, 22.5.2025. 

[38] Fred Oluoch, Horror of East African young women making drones for Russia war, theeastafrican.co.ke, 17.5.2025. 

[39] Commentary of the Embassy on Alabuga SEZ, Botschaft der Russischen Föderation in Kenia, russembkenya.mid.ru, 19.5.2025. 

[40] David Albright und Spencer Faragasso, Major Developments at Alabuga SEZ Point to Significant Expansion in Military Drone Production, iisis-online.org, 28.7.2025. 

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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