Ausgabe Februar 1993

Jugoslawien: Der große Umweg

Irgendwann - hoffentlich noch 1993 wird der Krieg auf dem Balkan durch eine politische Lösung zu Ende gehen, und er wird keines der Probleme dieser Region gelöst haben. Im Gegenteil, es sind neue hinzugetreten: die der zerstörten Häuser, Dörfer und Städte, der vernichteten Infrastruktur, der am Boden liegenden Wirtschaft, der zusammengebrochenen internationalen Verflechtungen, vor allem aber, die der Nachwirkungen unaussprechlichen Leides von Millionen von Menschen in allen Teilen des alten Jugoslawiens. Warum? Die Frage suggeriert, daß Politik eine rationale Sache sei, die von Vernunft regiert wird. Das Beispiel beweist das Gegenteil. Dieser Krieg, ob man ihn nun Sezessions-, Aggressions-, Bürger-, Religions-, oder sonstwie -krieg nennt, ist gegen die Erwartung nicht nur der politisch Verantwortlichen und unmittelbar Beteiligten, sondern auch fast aller Beobachter aus sich selbst entstanden und hat sich aus sich selbst genährt.

Allerdings ist er, überwiegend in der Absicht ihn einzudämmen, auch von außen gefüttert worden. Und so manche internationale Aktivität hatte weniger den Krieg im Visier, sondern war auf eigene Bedürfnisse und Interessen gerichtet. Erinnern wir uns. Im Jahr 1971 gab es einen "kroatischen Frühling". Wie 1968 beim "Prager Frühling" versuchten Kommunisten einen Kommunismus mit menschlichem Antlitz.

Februar 1993

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Ukraine: Zwischen Korruption und Diktatfrieden

von Yelizaveta Landenberger

Anfang Dezember herrschte rege Pendeldiplomatie, während die Bombardierung ukrainischer Städte und die russischen Vorstöße an der Front unvermindert weitergingen. Völlig unklar ist, ob der im November bekannt gewordene US-»Friedensplan« auch nur zu einem Waffenstillstand führen kann.

Vom Einsturz zum Aufbruch: Die Protestbewegung in Serbien

von Krsto Lazarević

Rund 110 000 Menschen füllen am 1. November die Fläche vor dem Hauptbahnhof in Novi Sad, um der Opfer zu gedenken, die ein Jahr zuvor unter dem einstürzenden Vordach starben. Für die seit Monaten Protestierenden steht der Einsturz nicht für ein bauliches, sondern für ein politisches und gesellschaftliches Versagen: ein sichtbares Symbol für Korruption und ein zunehmend autokratisches System.

Der Kampf um Grönland: Versöhnung als Geopolitik

von Ebbe Volquardsen

Die Stadt Karlsruhe könnte schon bald vor einem Dilemma stehen. Im Januar 2025 zeichnete sie ihren langjährigen Stadtvertreter Tom Høyem (FDP) mit der Ehrenmedaille aus. In den 1980er Jahren war der gebürtige Däne, mittlerweile auch deutscher Staatsbürger, Dänemarks letzter Minister für Grönland – ein Amt aus der Kolonialzeit.