Es ist heute für die meisten Zeitgenossen kaum noch nachvollziehbar, welchen großen Wert die römische Republik auf die Heiligkeit und Unumstößlichkeit ihrer Gründung gelegt hat, "und zwar in dem Sinne, daß das, was einmal gegründet ist, bindend bleibt für alle künftigen Generationen". Unser Befremden schließt diese emphatisch-nostalgische Bezugnahme Hannah Arendts auf die antike Tradition ein, die man als Ausdruck eines bloß verfallstheoretischen Durchgangs durch die politische Ideengeschichte oder auch als quasi-religiöse Überhöhung der modernen Republik mißverstehen könnte.
Denn der rigide Traditionsbezug klassischer Gemeinwesen hatte, bis in die Etymologie des Wortes hinein, die "rückbindende" Kraft der Religion.
Noch unverständlicher wirkt heute der "Anschluß" an den Begriff Autorität - "als eine, wenn nicht die entscheidende Kategorie menschlichen Zusammenlebens". Arendt verband Auctoritas, die nicht auf Zwang und Gewalt beruhen kann und erst recht nicht mit patriarchaler Familien- oder Staatsherrschaft zu verwechseln ist, aufs engste mit dem Aspekt der Gründung: Autorität haben im öffentlichen Raum diejenigen, welche die Grundlagen des Gemeinwesens "beständig vermehren" und somit "die Fundamente für alle kommenden Dinge gelegt hatten".