Ausgabe August 1999

Abschied vom Rheinischen Kapitalismus?

Zum rot-grünen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik

Es ist kein Jahr her, da zogen die heutigen Regierungsparteien, voran die SPD, mit dem Slogan "Die Gerechtigkeitslücke schließen!" in die Endphase des Bundestagswahlkampfs. Damals ließ sich aus Sicht der Noch-Opposition trefflich bilanzieren: Die Politik der Kohl-Regierung hatte mit Erfolg einerseits die Einkommensund Vermögensstarken gefördert sowie andererseits soziale und beschäftigungsorientierte Aufgaben des Staats amputiert. Die mit der neoliberalen Roßkur verbundenen Versprechungen konnten aber nicht eingelöst werden. Im Gegenteil, parallel zur Verbesserung der unternehmerischen Nettogewinne (Gewinne nach Steuern) sowie der Nettokapitalrentabilität - gerade auch im internationalen Vergleich - ist der Arbeitsplatzabbau in den letzten Jahren dieser Marktentfesselung munter vorangeschritten.

Die Opfer der Lohn- und Sozialeinkommensbezieher wurden nicht mit der Schaffung von zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten "belohnt": Die (bereinigte) Bruttolohnquote - also der Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit am Bruttoinlandsprodukt bei gegebener Aufteilung auf Selbständige und abhängig Beschäftigte - fiel auf das Niveau der frühen 60er Jahre zurück.

August 1999

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Von der Ampel zu Merz: Das Ende der Solidarität

von Christoph Butterwegge

Die Ampelregierung ist Geschichte. Doch was hat die – in der Öffentlichkeit einst als „Fortschrittskoalition“ titulierte – Regierung den Menschen hierzulande tatsächlich gebracht? Ähnlich wie Rot-Grün kurz nach der Jahrtausendwende ermöglichte Rot-Grün-Gelb zumindest in begrenztem Maße gesellschaftspolitischen Fortschritt.

Trumponomics: Das Ende des Neoliberalismus?

von Marc Buggeln

Wirtschaftspolitisch schien sich in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft alles um Zölle zu drehen: Donald Trump, der im Wahlkampf immer wieder seine „Liebe“ für dieses Instrument bekundet hatte, erließ gleich eine Reihe davon und drohte weitere an. Wofür wird Trumps zweite Amtszeit ökonomisch stehen?

Fossile Kontinuität oder grüner Kapitalismus: Die Widersprüche der CDU

von Lennart Laberenz

Der Astrophysiker Harald Lesch hat vor einiger Zeit einen schönen Satz gesagt: Man dürfe nicht denken, nur weil man sich etwas denken könne, passiere das auch. Damit zog er einen Schlussstrich unter die Kernfusion, kleine modulare Reaktoren, überhaupt das Zukunftsversprechen des Atoms. Aber es gibt ja noch die CDU/CSU.