Wie Phönix einst der Asche entstieg, so versucht Europa seit einem knappen Jahr seinen Aufstieg aus den zuletzt immer unfruchtbarer verlaufenden Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs. Die Frage, wer denn was wie mit welcher Legitimation künftig in der Europäischen Union tun solle, damit diese schnell und effektiv agieren und reagieren kann, wurde nicht nur angesichts der bevorstehenden Osterweiterung der Union immer dringlicher. Von daher leitete die Regierungsvertreter wohl auch mehr Verzweiflung denn Mut, als sie sich auf dem Europäischen Rat in Nizza 2000 entschlossen, auf eine Institution der Vergangenheit zurückzugreifen, um den Weg in die Zukunft zu ebnen: den Konvent. Auf europäischer Ebene hatte man bereits im Jahr 2000 gute Erfahrungen mit einem Konvent bei der Ausarbeitung der Charta der Grundrechte1 gemacht, allerdings ging es damals „nur“ um die Zusammenfassung bestehender Texte – dieses Mal war man sich noch nicht einmal über das gewünschte Ergebnis im Klaren. Dementsprechend vage fiel dann auch das Mandat aus, das auf dem Europäischen Rat in Laeken im Dezember 20012 formuliert wurde. Allerdings war die Zusammensetzung des Gremiums von Beginn an geradezu revolutionär, gemessen an den demokratischen Ansprüchen, die in der europäischen Geschichte bislang oft unbefriedigt blieben.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.