Hintergründe zur Hauptstadtdebatte
Die Kritiker des deutsch-deutschen Vereinigungsprozesses sind stiller und verhaltener geworden. Das hat mit der Macht des Faktischen zu tun: Zwar sind fast alle Probleme, die sie kommen sahen, nun wirklich gekommen; doch das nimmt der Kritik kaum etwas von ihrer eigentümlichen Kraftlosigkeit. Alternativen hat sie nun nicht mehr zu bieten, sie steht im toten Winkel. Es bleibt kaum mehr als der Vorwurf, alles sei zu schnell gegangen. Dem wird dann gerne entgegengehalten, man habe im Westen (zumindest anfangs) ja gar nicht aufs Tempo gedrückt, dieses sei vielmehr von der mit überraschender Vitalität agierenden Bevölkerung der DDR ausgegangen und die schnelle Vereinigung sei nichts anderes gewesen als eine Schutzmaßnahme vor der drohenden menschlichen Wanderdüne aus dem deutschen Osten.
Dennoch ist nicht zu übersehen, daß etliche an der tempokratischen Gangart Geschmack gefunden haben. Deutlich wurde das z.B. in der Auseinandersetzung um die Hauptstadtfrage. Als sich die Vereinigung als politische Möglichkeit gerade erst abzuzeichnen begann, formierte sich schon die BerlinLobby, die ganz offentsichtlich bemüht war, von dem Tempo zu profitieren, das ins politische Geschehen gekommen war.