"Ethnische Säuberung" - geprägt wurde dieser Begriff ironischerweise erstmals 1983 von einem serbischen Parlamentarier, der das Verhalten der damals dominierenden Albaner gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo beklagte. Die Praxis allerdings hatte es bereits seit Jahrzehnten gegeben, von beiden Seiten, und die Geschichte legt die Vermutung nahe, daß kein Krieg, kein Vertrag und kein Embargo sie dauerhaft beenden kann. Der Krieg dieses Frühjahrs brachte einen neuen Höhepunkt. 850 000 Kosovo-Albaner wurden aus der Provinz vertrieben, und die etwa 100 000 verbliebenen Serben fragen sich heute, ob sie nach der Rückführung der albanischen Mehrheit durch die NATO in ihrer Heimat bleiben können. Sehen wir den Tatsachen ins Gesicht! Das Kosovo war nicht immer serbisch... und nicht immer albanisch. Vor dem Aufstieg des ersten serbischen Staatswesens im 13. Jahrhundert gehörte das Gebiet zu Byzanz, davor kurz zu Bulgarien und noch früher war es dardanisch, so der Name des damals dort lebenden Stammes (möglicherweise verwandt mit Dakiern und Moesiern, der Urbevölkerung des heutigen Rumäniens und Bulgariens). Belassen wir es bei dem Hinweis, daß die ersten Slawen im 7. Jahrhundert in der Region siedelten, während Albaner erstmals im 11. und 12. Jahrhundert unter diesem Namen im Kosovo und in seiner Nachbarschaft in Erscheinung treten.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.