Ein Bußakt ist vollzogen, Entschädigungszahlungen bzw. „Leistungen in Anerkennung des Leids“ sind vereinbart. Die katholische Kirche in Deutschland hat sich bemüht, Antworten auf den Missbrauchskandal zu finden. Und jetzt? Ist alles wieder gut? Kann die Kirche sich wieder um das Eigentliche kümmern?
Diese Fragen sind keineswegs zynisch gemeint, sondern deskriptiv. Sie beschreiben vermutlich die Gefühlslage nicht weniger Kirchenfunktionäre. Einer der ehemals leitenden Jesuiten in Deutschland, die sich im letzten Jahr mit schriftlichen Stellungnahmen zu den Missbrauchsfällen im eigenen Orden geäußert hatten, lehnte im Februar d. J. ein Interview zu seiner Stellungnahme ab. Für ihn sei das Thema erstmal erledigt, er habe jetzt andere Aufgaben, um die er sich kümmern müsse.
Gewiss, die meisten Verantwortlichen in der Kirche sagen das nicht so direkt, zumindest nicht öffentlich. Sie reden von verstärkter Prävention, erhöhter Sensibilität, bleibender Verantwortung und Null Toleranz. Dass diese Themen wichtig sind, nicht nur für die Kirche, sondern für die gesamte Gesellschaft, ist unbestritten. Es wäre auch eine verkehrte Optik, wollte man den Skandal sexuellen Missbrauchs vor allem als ein Problem der katholischen Kirche hinstellen.