Ausgabe Dezember 2016

Rot-Rot-Grün im Trialog: Schaffen wir linke Mehrheiten!

An den Anfang setze ich, aus aktuellem Anlass, eine These: Demokratie ist die einzige staatlich verfasste Gesellschaftsordnung, die gelernt und in ihrer komplexen Bedeutung verinnerlicht werden muss, und daher immer gefährdet ist. Ich werde daher nicht in erster Linie über Pegida und die AfD sprechen, sondern über den weit über die Bundesrepublik hinausreichenden gesellschaftlichen Kältestrom, der derartige rechtspopulistische Bewegungen erst möglich macht und in dem sich diese bewegen.

Der Blick in die Vereinigten Staaten, aber auch nach Europa zeigt: Wir leben in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche größten Ausmaßes. Im Öffentlichkeitsbild politischer Eliten zeigt sich jedoch eine starke Neigung, die Kernsubstanz des öffentlichen Lebens schon dann für ausreichend fundiert zu halten, wenn den kommenden Generationen ein volles Warenlager hinterlassen wird. Vielleicht ist es aber auch ganz anders; der Jurist Ernst-Wolfgang Böckenförde hat von einer paradoxen Situation gesprochen: Wir leben und zehren in den entwickelten demokratischen Gesellschaften von einer kulturellen Substanz, die wir nicht erzeugt haben und die wir auch nicht hätten erzeugen können – in den verengten Horizonten, in denen sich der „Tatsachenmensch“ von heute kulturell und politisch bewegt.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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