Belustigt schauten sich die Neuseeländer das langwierige Trauerspiel bei der Regierungsbildung in Deutschland an: Man habe Deutschland geschlagen, jubelten sie – nicht im Fußball, sondern politisch. Fast zeitgleich hatten beide Länder im September vergangenen Jahres ihre Parlamente gewählt. Beiderseits verloren Regierungsparteien Wählerstimmen, standen schwierige Koalitionsverhandlungen an. Doch während sich in Wellington bereits Ende Oktober ein neu formiertes Dreierbündnis an die Arbeit machte, amtierte in Berlin bis Mitte März, also nach Ablauf eines Achtels der Legislaturperiode, das alte Kabinett.
Das mag man sich in Wellington lieber nicht vorstellen. Koalitionsverhandlungen, so will es der Gesetzgeber, müssen nach vier Wochen in eine neue Regierung münden. Und so wird der Inselstaat seit dem 26. Oktober lagerübergreifend von den Sozialdemokraten, der populistisch angehauchten Partei New Zealand First und den Grünen geführt. Auf den ersten Blick verwundert diese bunte Mischung, denn traditionell ist das Parlament in Wellington vom britischen Westminster-System geprägt: Zwei vorherrschende Parteien, Nationalpartei und Labour, wechseln sich in der Regierungs- und Oppositionsrolle immer wieder ab. Große Koalitionen sind in diesem System nicht vorgesehen, sie passen nicht zum Denkmuster von Westminster.