Ausgabe Dezember 2021

Freiheit in ökologischer Verantwortung

Plädoyer für einen ethisch sensiblen Liberalismus

Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, Christian Lindner  verkünden die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu einer möglichen Regierungsbildung im Rahmen einer Ampel-Koalition nach der Bundestagswahl, 15.10.2021 (IMAGO / Chris Emil Janßen)

Bild: Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, Christian Lindner verkünden die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu einer möglichen Regierungsbildung im Rahmen einer Ampel-Koalition nach der Bundestagswahl, 15.10.2021 (IMAGO / Chris Emil Janßen)

Im Zuge der schwierigen Koalitionsverhandlungen zwischen drei höchst unterschiedlichen Parteien mit disparaten normativen Wurzeln ist auch die Frage virulent geworden, was heute – in Zeiten der Corona- und Klimakrise – unter der Verteidigung der Freiheit und damit unter einem aufgeklärten Liberalismus zu verstehen ist. Wenn heute landläufig vom Liberalismus – zumal als Parteiliberalismus die Rede ist –, erscheint er vielen als Vulgärform eines apolitischen Marktradikalismus, dessen Dominanz für soziale Ungleichheit, Migration, Klimawandel und nationalistisch-populistische Gegenbewegungen verantwortlich zeichnet. Immer getreu der Devise: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.“ Diese Form der negativen Freiheit, die vor allem den Einzelnen vor den Eingriffen des Staates schützen und von den Zumutungen des sozialen Lebens entlasten möchte, charakterisiert weiterhin ein libertäres Selbstverständnis, das mit gesellschaftlicher Verantwortung und Gemeinwohlorientierung fremdelt.

Gerade in der Coronakrise wird uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie fahrlässig es wäre, eine solche streng individualistische Freiheitsauffassung als Liberalismus durchgehen zu lassen.

Dezember 2021

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Druckausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die Rückkehr des Besatzers

von Sergej Lebedew

Vor fünfzig Jahren, am 1. August 1975, wurde mit der Unterzeichnung des Abkommens von Helsinki die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Grenzen anerkannt. Wie wir wissen, dauerte die Ordnung von Helsinki etwa fünfzehn Jahre. Die Sowjetunion hörte auf zu existieren, und die Länder Ost- und Mitteleuropas fanden ihren Weg zu Freiheit und Eigenstaatlichkeit.