Heimat als Sehnsuchtsort und Kampfbegriff

Bild: Ein Mann mit DDR-Fahne und Deutschland-Schal. Auf der Fahne ist das Wort »Heimat« zu lesen, 1.7.2023 (IMAGO / BildFunkMV)
Wenn sich die in der Tradition des Nationalsozialismus stehende NPD in „Die Heimat“ umbenennt und die neue, von der AfD dominierte ostdeutsche Jugendbewegung auf Plätzen und im Fußballstadion lautstark „Ost-, Ost-, Ostdeutschland“ skandiert, dann belegt dies, dass der Aufstieg der Rechten viel mit dem Bedürfnis nach, aber auch mit dem Kampf um Heimat zu tun hat. „Heimat“ – ein schönes deutsches Wort, das mit diesem speziellen, gefühlsaufgeladenen, fast romantisch-innigen Bedeutungshof kaum in andere Sprachen übersetzbar ist. Der Begriff dient der Verortung in der Welt und zeigt immer auch Gruppenzugehörigkeit an. Wird er in den Rahmen der Nation gestellt, dient er zudem oft als abgrenzender Kampfbegriff. Speziell für die 68er-Generation in Ost und West, von der hier vor allem die Rede sein wird, war Heimat eher ein Unwort und dies nicht zu Unrecht. Denn nach zwölf Jahren Nationalsozialismus war der Begriff im dann geteilten Deutschland vergiftet, und zwar durch die vorangegangenen Taten der Deutschen selbst, die sich nun in den Trümmern des vermeintlich „Tausendjährigen Reiches“ wiederfanden.
Der Philosoph Christoph Türcke vertritt die Auffassung, dass nach der Austreibung aus der ersten Heimat, dem Mutterleib, die Kindheit mit ihren familiären Prägungen, ihren Orten und Landschaften, ihren Farben und Gerüchen zur zweiten Heimat wird.[1] Und diese zweite Heimat der Kindheit war nach 1945 eine sehr verschiedene in Ost und West.