Ausgabe Januar 2025

Von Ruanda nach Albanien: Die Auslagerung des Asyls

Flüchtende vor einer EU-Flagge mit Stacheldrahtzaun (IMAGO / Pond5 Images)

Bild: Flüchtende vor einer EU-Flagge mit Stacheldrahtzaun (IMAGO / Pond5 Images)

Remigration, Anwerbestopp, Suspension – all diese Begriffe symbolisieren als Narrative einer vermeintlich souveränen Kontrolle der Migration den gegenwärtigen Rechtsruck in Europa. Nimmt man Björn Höcke beim Wort, so würde eine Regierung der AfD die Entrechtung von Hunderttausenden Migrant:innen herbeiführen. Der AfD-Politiker spricht offen und unverfroren von einem „groß angelegten Remigrationsprojekt, bei dem sich eine wohltemperierte Grausamkeit nicht vermeiden“ lasse.[1] Um Migrant:innen vor den „immensen Verstößen gegen ihre Menschenrechte zu bewahren“, so der AfD-Entschließungsantrag im Deutschen Bundestag von 2021, müsse man die relevanten Migrationsrouten nach Europa „wirkungsvoll schließen“ und alle Betroffenen „ausnahmslos abschieben“.[2]

Solche Positionen, die es bislang kaum über den rechten Rand hinaus geschafft haben, verfestigen sich nun in der bürgerlichen Mitte. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, etwa forderte die Abschaffung des individuellen Asylrechts. Dieses solle durch eine Kontingentlösung ersetzt werden. Und der CDU-Abgeordnete Jens Spahn will darüber nachdenken, ob die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und die Europäische Menschenrechtskonvention noch zeitgemäß seien.

»Blätter«-Ausgabe 1/2025

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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