
Bild: Menschen protestieren unter dem Motto »No to Russian Dictatorship« in Tblissi, 15.2.2025 (Jerome Gilles / IMAGO / NurPhoto)
Seit Monaten reißen die Proteste in Georgien nicht ab. Neuwahlen und die Freilassung der Gefangenen, so lauten die Forderung der Demonstrierenden. Im Kern geht es aber um die Frage, ob sich das 3,7 Millionen Menschen zählende Land der EU annähert oder Russland. Obwohl Georgien 2022 zusammen mit der Ukraine und der Republik Moldau – unter gesellschaftlichem Druck – den Kandidatenstatus bei der EU beantragte, begann die Regierung schon damals ihren Ton zu verändern. Ihre Rhetorik wurde immer schärfer antiukrainisch, antieuropäisch und von russischen Narrativen durchzogen. Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ nahm den Annäherungsprozess an die EU bereits nicht mehr ernst – und erfüllte die damit verbundenen Auflagen nicht ansatzweise.
Interessanterweise brachte dann nicht die gefälschte Wahl im Oktober 2024[1] die Massen auf die Straße, sondern die Ankündigung des neuen Premierministers Irakli Kobakhidze, bis 2028 keine Beitrittsverhandlungen führen zu wollen. Seither dauern die täglichen Proteste vor dem Parlament auf dem zentralen Rustaveli Boulevard in der Hauptstadt Tiflis an. Die Dynamik der Proteste und die Antwort des Machtapparats haben sich im Laufe der Wochen geändert: Anfang Dezember kam es zu Straßenschlachten zwischen Demonstrierenden und der Polizei, gegen Weihnachten wurde es ruhiger, und um die Feiertage hatten die Proteste sogar festlichen Charakter, mit gemeinsamen Tafeln, Tänzen und Gesängen.