
Bild: Benjamin Netanjahu bei der jährlichen Holocaust-Gedenkveranstaltung in Yad Vashem, 24.4.2025 (IMAGO / UPI Photo)
„Zehn Tage der Heiligkeit“ rief der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog zu Beginn des Holocaustgedenktags am Abend des 23. April aus. Jene zehn Tage – beginnend mit dem „Tag des Erinnerns an die Shoah und das Heldentum“ über den „Tag der Erinnerung an die Gefallenen in den Kriegen Israels und an die Opfer feindlicher Akte“ bis hin zum Unabhängigkeitstag – sollten im Zeichen der „nationalen Verantwortung“ und der Einheit stehen. Es ist einer der emotionalsten Abschnitte des jährlichen Gedenk- und Feiertagszyklus in Israel. Wenn die Gedenksirenen aufheulen, steht das Land still. Das Fernsehen stellt sein Programm um und die Logos der Sender erscheinen nur noch in Schwarz. In fast jeder Schule oder Stadtverwaltung finden lokale Veranstaltungen des Gedenkens statt.
Trotz der andächtigen Atmosphäre, die das Land normalerweise erfasst, wirkte der Appell des Staatsoberhaupts dieses Jahr weniger als präsidiale Ankündigung, sondern wie ein frommer Wunsch. Herzog berichtete in seiner Rede von den Holocaustüberlebenden, die er regelmäßig empfängt. Sie bitten, fordern, ja flehen, dass er etwas für die Einheit des Volkes unternehme, erzählte der Präsident. Doch ihr Wunsch nach Einheit sollte ebenso wie die angekündigten heiligen Tage auf dem Gelände von Yad Vashem – Israels zentraler Holocaustgedenkstätte – unerfüllt verhallen. Statt „zehn Tagen der Heiligkeit“ folgten Tage der Spaltung, Herzlosigkeit und Gewalt.