Ausgabe Juli 2025

Polen nach den Präsidentschaftswahlen: Die Rechtskoalition am Horizont

Präsidentschaftskandidat Karol Nawrocki, 1.6.2025 (IMAGO / newspix)

Bild: Präsidentschaftskandidat Karol Nawrocki, 1.6.2025 (IMAGO / newspix)

Am 1. Juni um Punkt 21 Uhr war die Welt im polnischen Mitte-links-Lager noch in Ordnung. Im Warschauer Museum für Völkerkunde leuchtete die Prognose für die Präsidentschaftsstichwahl auf: Mit einem Stimmenanteil von 50,3 Prozent wurde ein enger Sieg von Rafał Trzaskowski vorhergesagt. Jubel brach aus, der Kandidat der größten polnischen Regierungspart0ei, der liberalkonservativen Bürgerkoalition von Premier Donald Tusk, rief freudestrahlend ins Mikro: „Wir haben gewonnen“, wenngleich „wortwörtlich auf Messers Schneide“. Politiker der Bürgerkoalition tanzten auf der Bühne im Kreis, wie ein Sportteam, das soeben einen Pokal gewonnen hatte.

Doch die Freude sollte sich als verfrüht erweisen. Zwar schien sich die Gegenseite bereits auf ihre Niederlage einzustellen. Auf der parallel stattfindenden Wahlparty der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS und deren Kandidaten Karol Nawrocki wirkte die Stimmung eisig. Nawrocki stand allein auf der Bühne, die Parteigranden schienen sich bereits von ihm zu distanzieren. Doch Nawrocki zeigte sich optimistisch, am Montagmorgen als gewählter Präsident Polens aufzuwachen. Und genau so kam es. Noch vor Mitternacht lag in der zweiten Prognose plötzlich Nawrocki vorne. Am Ende konnte der Historiker und Ex-Hooligan mit 50,89 Prozent einen denkbar knappen Sieg verbuchen. 

Für das Regierungslager von Donald Tusk ist das ein Desaster.

»Blätter«-Ausgabe 7/2025

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (12.00€)
Druckausgabe kaufen (12.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Rechter Aufstieg: Gewerkschaften unter Druck

von Gerd Wiegel

Der weltweite Aufstieg der autoritären Rechten setzt Gewerkschaften und Beschäftigtenrechte unter Druck. Denn obwohl die autoritäre bis extreme Rechte sich als Anwalt der sogenannten kleinen Leute und stärkste politische Vertretung der klassischen Arbeiterschaft inszeniert, ist sie Teil eines reaktionären und gewerkschaftsfeindlichen Rollbacks.