Ausgabe Oktober 2025

Weltbühne mit rechts

Holger Friedrich, Verleger der Berliner Zeitung und seit Mai 2025 auch der Weltbühne (IMAGO / Bernd Elmenthaler)

Bild: Holger Friedrich, Verleger der Berliner Zeitung und seit Mai 2025 auch der Weltbühne (IMAGO / Bernd Elmenthaler)

„Die Weltbühne“ war einmal eine bedeutende, linke Zeitschrift – bis sie unter die Räuber geriet. Einst gegründet von Siegfried Jacobsohn und (kurz) fortgeführt von Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky (lang), war sie in der Weimarer Republik das Blatt mit den wichtigsten linken Stimmen. Von den Nazis verboten, wurde es in der DDR wieder herausgebracht, u.a. von Ossietzkys Witwe Maud, und verlor bereits da eine Menge an staatskritischem Biss. Doch seit Holger Friedrich, millionenschwerer Verleger der „Berliner Zeitung“ und oberster Freund von Putins Russland, das Blatt in diesem Jahr an sich gerissen hat, und zwar gegen den entschiedenen Widerstand von dem in den USA lebenden Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn, wird es nun in bemerkenswerter Weise auf rechts, sprich: diktaturfreundlich, getrimmt. 

„Der amerikanische Ostküsten-Geldadel wurde von einem Ossi ausgespielt“, prahlte Friedrich im Juni in einschlägigem Jargon – und zwar ausgerechnet beim „Ettersburger Gespräch“ nahe der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Und mit dem früheren „Russia Today Deutsch“-Journalisten Thomas Fasbender als einem von zwei Herausgebern wurde gleich ein echter Experte gewonnen, um – so das Editorial der ersten Ausgabe – gegen die „neuen Kriegstreiber“ und für die Freiheit zu kämpfen.

»Blätter«-Ausgabe 10/2025

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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