Ausgabe September 2005

Europas letzte Chance: Kosmopolitismus von unten

Europa steckt in der Krise: institutionell, wirtschaftlich und politisch – und das nicht erst seit den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden. Europa hatte sich längst zuvor in eine Sackgasse manövriert. Mit dem Maastrichter Vertrag war es zu Beginn der 90er Jahre zwar gelungen, die wirtschaftliche Integration weitgehend zu vollenden, über die gleichzeitig angestrebte politische Integration konnte aber weder in Maastricht (1991), noch mit den Verträgen von Amsterdam (1997) und Nizza (2000) eine Einigung erzielt werden. Seit Maastricht wird die Europapolitik nicht durch politische Projekte und strategische Visionen geprägt, sondern durch die immer unverdaulicheren Überbleibsel der noch immer unvollendeten politischen Integration.

Die Malaise des europäischen Projekts erfolgt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Ökonomien der meisten Mitgliedstaaten stagnieren; die Arbeitslosigkeit ist unverändert und inakzeptabel hoch; die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nimmt weiter zu. Inzwischen gelingt es immer weniger Mitgliedstaaten der EU, die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages zu erfüllen. Und die politischen Reaktionen auf diese Schwierigkeiten sind durchaus typisch.

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.