Ausgabe Januar 2018

68 reloaded: Die Überflussgesellschaft und ihre Gegner

Als die Studentenbewegung vor 50 Jahren ihren Höhepunkt erreichte, schöpfte sie ihre Motive aus unterschiedlichen Quellen und verknüpfte dabei viele noch heute wichtige Themen der Zeit. Vor allem die Beschäftigung mit den Ursachen des Vietnamkrieges bewirkte, dass junge Menschen sich für die Politische Ökonomie (also das Ökonomische in der Politik) zu interessieren begannen und dass über den Charakter des Kapitalismus, über Klassenverhältnisse, Klassenkampf und Imperialismus diskutiert wurde. Der Vietcong galt als eine der Befreiungsbewegungen, welche „die Vernunft, die Institutionen und die Moralität dieser überentwickelten Industriegesellschaft in Frage stellen und bedrohen“, schrieb Herbert Marcuse seinerzeit: Denn ein Sieg der nationalen Befreiungsbewegung in Vietnam gegen die USA „würde bedeuten […], dass eine elementare Rebellion von Menschen gegen den mächtigsten technischen Repressionsapparat aller Zeiten erfolgreich sein kann“.[1]

Wie Marcuse, so verstanden auch die politisierten Studenten den Vietnamkrieg als „Manifestation eines Weltsystems“, einer „Gesellschaft im Überfluss“,[2] die erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder der Doktrin zu folgen schien, dass „Kriege Wirtschaftskrisen kurieren und, insofern sie außerhalb des eigenen Territoriums geführt werden, das kleinere Übel sind“.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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