Gedenkrede von Konsistorialpräsident Manfred Stolpe in Berlin am 17. Juni 1990 (Wortlaut)
Am 17. Juni 1990 fand auf Einladung der Präsidentin der DDRVolkskammer, Sabine Bergmann-Pohl, im Schauspielhaus in Ost-Berlin eine gemeinsame Feierstunde von Abgeordneten der Volkskammer und des Bundestages statt, in der dem Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953 gedacht wurde. Die Gedenkrede hielt Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Dr. Manfred Stolpe. Die Ansprache, in der Stolpe auf den bevorstehenden "totalen gesellschaftlichen Umbruch" in der DDR, die Auswirkungen der Vereinigung auf die Bundesrepublik und den gesamteuropäischen Friedensprozeß eingeht, dokumentieren wir nachstehend im Wortlaut. D. Red.
Wir leben in Deutschland in einer Zeit, wo die Wirklichkeit die Wünsche überholt hat. Wer hier heute vor diesem Auditorium spricht, ist von der Fülle der anstehenden Fragen überfordert. Wieviel müßte hier gesagt werden! Welch eine Gelegenheit! Wie ist das in der Kürze zu leisten? Eine Auswahl war zu treffen. Schwerpunkte mußten gesetzt werden. Ich habe mich für den Dank und den Ausblick entschieden und dabei die Historie und die Abrechnung vernachlässigt. Im Vorab erbitte ich Ihr Verständnis. Sie sollen wissen, daß zu Ihnen ein gelernter DDR-Bürger spricht. Ich war zwölf Jahre alt, als die Währung gegen den Willen des Volkes uns trennte und ich bin vierundfünfzig Jahre alt, wenn das Geld uns durch den Willen des Volkes bestärkt wieder zusammenführt.
Dazwischen liegen Hoffnung und Enttäuschung, Verlockung und Verzicht, Anpassung und Verweigerung; sowie die tiefe Entschlossenheit hier zu bleiben und zu tun was möglich ist, damit dieses deutsche Land menschenfreundlicher wird. Mein persönlicher 17. Juni 1953 war zwiespältig. Er begann eine Woche vorher, als mein Lehrer begeistert von einem neuen Kurs, einer Wende um 180 Grad, dem Beginn der Freiheit sprach. Er endete eine Woche danach, als ich mit ansehen mußte, wie Arbeiter von Marinepolizei mit aufgepflanzten Bajonetten bewacht wurden. Das war eine Grunderfahrung, die mir den Zusammenhang von Reformen und Macht zeigte. Ich vermute, wegen des Junischocks von '53 haben Erich Honecker und seine Altersgenossen ihre Chance zur Umgestaltung vertan. Sie haben selbst den radikalen Umbruch herbeigefürchtet.
Denn der Juni '53 hatte eine sozialpsychologische Langzeitwirkung. Die Staatsführung wehrte sich gegen Reformen, selbst gegen den Gebrauch des Wortes, weil sie in ihnen den Anfang vom Ende fürchtete. Die älteren Oppositionellen scheuten Zuspitzungen, weil die Rückschlagerfahrung sie geprägt hatte. Es brauchte die Unbefangenheit der Nachgeborenen, der Demonstranten des Herbstes 1989, um entschlossen noch einmal die gleichen Ziele anzugehen: Gerechtigkeit und Freiheit. Im Kalten Krieg endete der Versuch des Volkes mit fast fünfhundert Toten. In der europäischen Entspannungsphase konnte die friedliche Revolution gelingen.
Die Deutschen der DDR erzwangen im Oktober 1989 die freiheitlichen Lebensbedingungen, die ihren Eltern und Großeltern im Juni '53 versagt blieben. "Um die Freiheit des Menschen geht es! ... Freiheit des Menschen, in seinem politischen, in seinem religiös-kirchlichen Bekenntnis, daß er von Angst und Bedrängnis befreit den Sinn seines Lebens selber suchen und zu erfüllen trachten kann. Freiheit der Menschen... zu der ihnen gemäßen Gestaltung der öffentlichen Regelung ihres Gemeinschaftslebens." Mit diesen Worten traf Theodor Heuss, worum es im Juni 53 und im Oktober 89 ging! Am 9. Oktober 1989 wurde vollendet, was am 17. Juni 1953 mißlang. Anfang Oktober 1989 trugen tausende DDR-Bürger ihre Unzufriedenheit auf die Straße.
Sie wollten das Ende der staatlichen Bevormundung, Demokratie und Freiheit. Besonders in Dresden und Berlin gab es gegen die Demonstranten brutale Einsätze der Sicherheitskräfte, die durch Härte auf den Straßen, mehr aber noch durch unmenschliche Haftbehandlung die Abschreckung des sich erhebenden Volkes erreichen wollte. Am 9. Oktober waren in Leipzig zehntausende protestierende Bürgerinnen und Bürger auf der Straße. Mit Knüppeln und Wasserwerfern waren sie nicht mehr aufzuhalten. Militärischer Einsatz war vorbereitet. Blutkonserven und Verbandsmaterial wurden gelagert. Künstler, Pfarrer und Parteifunktionäre bemühten sich um einen friedlichen Ablauf der Massendemonstration. In den Kirchen wurde gebetet. Die Sowjetarmee wurde alarmiert. Die Leipziger Massendemonstration am 9. Oktober 1989 wäre nach dem Befriedungsmodell des 17. Juni 1953 zu zerschlagen gewesen.
Aber die Weltgeschichte war weitergegangen. Die europäische Entspannung und Zusammenarbeit hatte den Vorrang gewonnen. Eine erneute blutige Niederschlagung des bereits weltweit dokumentierten eindeutigen Willens der Menschen in der DDR hatte den Entspannungsprozeß beendet. Dieser Preis zur Rettung einer reformunwilligen ostdeutschen Führung war zu hoch. Die Einsicht gewann die Oberhand. Am 9. Oktober abends wurden die militärischen Verbände zurückgezogen. Der Weg zu Demokratie und Freiheit in der DDR war offen. Das Volk konnte selbst bestimmen. Um die Deutschen ist viel gerätselt worden. Ihre nationale Bindung wurde - mehr im Inland als im Ausland - infrage gestellt. Offizielle DDR-Politik versuchte sie zu beseitigen. Kluge Beschreibungen mit dem Hinweis auf die Sprache, die Geschichte und die Kultur bemühten sich, an den Zusammenhalt der Deutschen zu erinnern.
Doch eine Nation ist mehr, als die Beschreibung soziologischer Eckdaten. Zu den Fakten, dem Fleisch, muß die Seele kommen. Und das sind das Bewußtsein und der Wille zur Zusammengehörigkeit. Das hat gehalten; die deutsche Nation lebt! Vier Faktoren haben wesentlich dazu beigetragen: Erstens die Sehnsucht der DDR-Deutschen nach Mitbestimmung, Freiheit und besseren Lebensbedingungen. Wir haben es den Bürgern der Bundesrepublik zu danken, daß sie im größeren Teil Deutschlands eine freiheitliche, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung errichteten und ein leistungsstarkes sozial kontrolliertes Wirtschaftssystem aufgebaut haben.
Nachdem die DDR-Bürger ab November 1989 den Vergleich der Systeme direkt vor Augen hatten, haben sie sich mehrheitlich für das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik und gegen einen Verbesserungsversuch an der DDR entschieden.
Zweitens hielt die Politik aller Parteien des deutschen Bundestages den Weg zur Einheit der Nation offen. Sie haben die Spannung zwischen lebensnotwendiger Friedenspolitik, die Zurückhaltung in der deutschen Sprache erfordert, und der Bewahrung der Interessen deutscher Menschen fruchtbar zu Nutzen des Friedens und der Deutschen vorangebracht. Die Nuancen ihrer tagespolitischen Positionen sind nach meiner Überzeugung zweitrangig angesichts des gemeinsamen politischen Grundwillens, den wir aus der DDR mit Respekt, Hoffnung und Dank begleitet haben.
Drittens leisteten Künstler und Schriftsteller einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt der Deutschen. Heinrich Böll und Günter Grass, Christa Wolf und Stefan Heym, aber auch viele andere, die die Befindlichkeit deutscher Menschen beschrieben, ebenso wie Musiker, Maler, Bildhauer und andere Kulturschaffende trugen die Kultur der Deutschen weiter und hielten sie weltoffen. Sie haben nach meiner Überzeugung einen unschätzbaren Dienst geleistet. Sie könnten uns entscheidend helfen, unser nationales Selbstverständnis als Friedensfähigkeit, Toleranz und Freiheitsliebe zu gestalten. Wir sollten Ihnen dankbar sein! Viertens hielten zehntausende Boten der Einheit die Deutschen zusammen. Das waren die Besucher aus der Bundesrepublik, die keine Schikanen schauend den menschlichen Kontakt aufrecht erhielten. Verwandtenbesuche in beiden Richtungen festigten die Zusammengehörigkeit. Journalisten hielten das deutsch-deutsche Interesse wach.
Die Kirchen haben solche Verbindungen massenweise organisiert. Und durch gemeinsame Gottesdienstordnungen, Bibellesungen, Gesangbücher und gesellschaftspolitische Aussagen nicht nur die geistliche Einheit der Kirche, sondern auch deutsches Bewußtsein gefestigt. Gastgeber in Ungarn, Polen und nicht zuletzt der Tschechoslowakei haben deutsche Begegnungen ermöglicht. Freunde aus vielen anderen Staaten halfen den Deutschen ihre Verbundenheit zu leben. Wir sollten allen danken, die uns halfen, zusammen zu bleiben. Das jährliche Gedenken an den Juni 1953 erinnerte an die Sehnsucht deutscher Menschen nach Selbstbestimmung, Freiheit und besseren Lebensbedingungen. Es klagte die Unmenschlichkeit der gewaltsamen Teilung Europas und Deutschlands an. Es führte den Zusammenhang von Friedenssicherung und Menschenrechten vor Augen. In dieser Stunde könnten wir dankbar feststellen, daß die Erinnerung zum Ziel führte. ln ganz Deutschland bestehen Freiheit und Demokratie. Die Menschen in der DDR haben sich in freier Selbstbestimmung mehrheitlich für die staatliche Einheit Deutschlands entschieden. Dieser Tag markiert im Zusammensein beider deutscher freigewähler Parlamente das Ende der Abgrenzung in Europa und den Beginn der Einheit der Deutschen. Die Deutschen kommen zusammen.
Entgegen vielen Befürchtungen ist keine nationale Euphorie, kein deutscher Größenwahn ausgebrochen. Statt dessen ist Skepsis zu hören. Sie hat Gründe.
Denn Deutschland wird Deutschland aus zwei unterschiedlichen Teilen. Die Unterschiede trennen nicht, aber das Wiederzusammenwachsen wird schwerer, wenn sie nicht beachtet werden. Da sind zum einen die alten und hier gerade wiederentdeckten Landsmannschaften. Das prägte die Menschen mehr, als sie in den letzten vier Jahrzehnten selbst wahrnahmen und wird den deutschen Föderalismus sicher beleben. Da sind zum anderen Unterschiede, die aus den gesellschaftlichen Verhältnissen erwachsen sind. Das beeinflußte die Menschen unterschiedlich. In einer Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft sind andere Eigenschaften gefordert als in einer unfreien Mangelgesellschaft. Auf die DDR-Bürger kommt ein totaler gesellschaftlicher Umbruch zu. Manche fürchten ihn als ob die Sintflut käme. Das Klischee von der kapitalistischen Ellenbogengesellschaft und ihrem Wolfsgesetz wird von vielen ernst genommen. Menschen müssen lernen, mit der Freiheit, ihre Möglichkeiten und Gefahren zu leben. Die Zeit der Bevormundung und der Überbehütung ist vorbei.
Es ist nicht mehr alles geregelt, man muß sich selbst Gedanken machen. Abwarten hilft nicht mehr. Die Rolle des Geldes ist neu zu erkennen. Die DDR steht nach dem Umbruch von der Diktatur zur Demokratie nun im Umbruch von einer patriarchalischen Bedarfsdeckungsgesellschaft mit einem ausgeprägten Beziehungssystem und starken Elementen einer Naturalwirtschaft zu einer modernen Geldwirtschaft mit einem konsequent individuell gestalteten Leistungssystem. Das ist eine Kulturwende, die das Selbstwertgefühl der Menschen gefährdet und viel Verständnis braucht. Für Bürger der bisherigen Bundesrepublik ist die kommende Einheit eine Störung des gewohnten Lebens. Soziale und politische Ängste sind zu beobachten, die westdeutsche Identität ist infragegestellt. Die Jüngeren kennen nur ihr Deutschland, haben ihr Leben gestaltet, es nach Westen ausgerichtet und sind jetzt gezwungen, sich mit den Ostdeutschen einzulassen; ja künftige Konkurrenz aufzupäppeln. Auch die Eigentumskontroverse ist ein deutliches Indiz für deutsch-deutsche Spannungen.
Die lauten Ängste aus der DDR dürften die Besorgnisse in der Bundesrepublik nicht verdecken. Der Westen kommt nun in die DDR, aber die DDR kommt auch in den Westen! Der innerdeutsche Umgang will gelernt sein. Nach vier Jahrzehnten der Trennung muß für das künftige gemeinsame Deutschland ein breiter gesellschaftlicher Konsens gefunden werden. Von einem Grundkonsens auf der Basis des Grundgesetzes kann weithin ausgegangen werden.
Doch die gemeinsame Verfassung darf keine abstrakte und vielen unbekannte Größe bleiben. Deshalb sollte die Bereitschaft erklärt werden, nach der Wahl eines gesamtdeutschen Parlaments über Änderungen des Grundgesetzes nachzudenken und das Ergebnis dem Staatsvolk nahe zu bringen. Die dafür nötige Diskussion wird nicht ohne heftigen Meinungsstreit nötig sein. Wie wird künftig mit Meinungsunterschieden umgegangen? Haben Mehrheiten immer recht? Wie halten wir es mit der Toleranz? Bekommen wir nach der "Kirchenverfolgung" jetzt eine "Marxismusverfolgung?" Es gibt in unserem Land ein Übermaß an Altlasten. Die einen rufen "alles aufdecken" und die anderen wollen "alles zudecken". Finden wir den maßvollen Weg, der Unrecht sühnt, aber auch Neubeginn ermöglicht?
Werden wir nach der Überschätzung der Ideologie nun zur Überschätzung der Ökonomie gelangen oder gelingt es, den nötigen handfesten Pragmatismus mit einer Werte setzenden politischen Orientierung zu verbinden? Wo kann über Parteienhader hinweg nach sozialen Visionen, Zielen und Wegen für die Überlebensgemeinschaft Menschheit gesucht werden? Die an diesem Platz vor dem deutschen Dom 1848 aufgebahrten Revolutionäre, die Toten vom Juni '53, die Tapferen vom Herbst '89 nehmen deutsche Politik in die Pflicht. Freiheit ist mehr als seine Meinung sagen zu können, sich frei bewegen zu können, seine Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen.
Freiheit ist auch, Mitverantwortung für das Ganze zu tragen. Demokratie muß den mitdenkenden, mitgestaltenden, widersprechenden und auch den widerstehenden Bürger wollen. Die Tagesfrage der Deutschen lautet, wie und wann die staatliche Einheit der Deutschen erfolgen wird. Es gibt gewichtige Gründe für Eile, obwohl eine Umstellungszeit von gut zwei Jahren schon sinnvoll gewesen wäre. Wenn diese Zeit fehlt, so bleiben doch die Probleme. Und eine solide Nacharbeit von zwei Jahren sollte verbindlich festgelegt werden, in der die dringend nötigen wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten menschenfreundlich zu sichern sind. Die Problematik ist lang.
Doch eine Frage hat nach meiner Überzeugung höchste Priorität. An ihr wird die Glaubwürdigkeit der sozialen Marktwirtschaft gemessen: Hunderttausende werden ihre Arbeit wechseln müssen.
Andererseits gibt es Arbeit und die Menschen wollen arbeiten. Sie wollen nicht mit einer guten Arbeitslosenunterstützung getröstet werden, sondern ihren Platz im neuen gemeinsamen Deutschland als vollwertig Schaffende finden. Die Arbeitsförderung ohne Zwischenarbeitslosigkeit ist die wichtigste innergesellschaftliche Friedensfrage. Die Menschen werden verstehen, daß die Lohnhöhe von der Wirtschaftlichkeit abhängt. Sie werden aber in dieser Übergangssituation die Akzeptanz der neuen Ordnung daran messen, ob sie ihnen eine Chance gibt. Deshalb bitte ich die politisch Verantwortlichen in den noch zwei deutschen Staaten, bald umfassende Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu organisieren und finanziell zu sichern. Die kommende deutsche Einheit ist der Wille des Volkes und das Ergebnis der europäischen Entspannung. Ohne den europäischen Friedensprozeß hätte sich im Oktober '89 der Juni '53 wiederholen können.
Inzwischen ist der deutsche Einigungsprozeß dabei, den europäischen Friedensprozeß zu überholen. Hohe diplomatische Kunst wird nötig sein, um zu sichern, daß die deutsche Einigung den Frieden fördert und nicht stört. Mit Dank und Respekt sehen wir die Bereitschaft der vier Siegermächte und der Nachbarstaaten, die deutsche Einigung zu billigen. Das ist Vorschußvertrauen, das wir nach allem was Deutsche anderen Menschen angetan haben nicht erwarten durften und was wir rechtfertigen werden.
Denn das künftige Deutschland bleibt fest eingebunden in die europäische Gemeinschaft. Das ist durch den Beitritt der DDR nicht gefährdet. Schon heute ist hierzulande das Europabewußtsein weit verbreitet. Die DDR war lange Jahre der Musterschüler des östlichen Bündnisses und ist nun der Lieblingskandidat für Westeuropa. Wir bringen in das gemeinsame Deutschland die moralische Verpflichtung mit ein, den Staaten Osteuropas und auch der Sowjetunion auf dem Wege zu besseren Lebensverhältnissen einschließlich humaner Umweltbedingungen zur Seite zu stehen. Die Unterstützung Osteuropas wird dort Reserven wecken können, die für noch ungelöste Menschheitsprobleme benötigt werden. Wir Deutschen müssen aus unserer Geschichte und unserer Geografie zu besonderer Sensibilität gegenüber den Lasten anderer bereit sein. Das gilt vorrangig für die wachsenden sozialen Katastrophen in den Entwicklungsländern.
Der Weltrat der Kirchen hat unlängst eindringlich erinnert, daß alle Menschen das gleiche Recht auf Leben in all seiner Fülle haben und dafür sofort und konkret etwas getan werden muß. Ich sehe die Chance, daß das künftige gemeinsame Deutschland aus einem militärisch entspannten Europa heraus wichtige Hilfe für die Nöte in der Welt leisten kann. Vaclav Havel, der im August '68 seinen 17. Juni erlitt und wie wir im Herbst '89 die Erfüllung alter Hoffnungen erlebte, hat die Deutschen beschämt und in die Pflicht genommen, die aus der neugewonnenen Freiheit folgt: "Wenn Deutschland seine Staatlichkeit definitiv gestaltet ... dann wird es sein schöpferisches Potential nun ohne Hemmungen einbringen können in die Erneuerung der globalen menschlichen Verantwortung, dieser einzig möglichen Rettung der gegenwärtigen Welt ..." Lassen wir uns ermutigen.