Grundsätzliches zu einer imaginären Debatte
Der folgende Beitrag des Heidelberger Erziehungswissenschaftlers und Frankfurter Stadtverordneten der Grünen, Micha Brumlik, nimmt die Debatte um die "demokratische Frage" auf, um sie am aktuellen Thema der Auseinandersetzung um die verfassungsmäßig gebotene Form der Vereinigung beider deutscher Staaten zu führen. Bezugspunkt der Kritik des Autors ist das vor allem von Jürgen Habermas entfaltete Konzept eines "Verfassungspatriotismus" sowie die von ihm und anderen vertretene Option für den Art. 146 GG als Grundlage des Vereinigungsprozesses. Brumliks Beitrag setzt die Reihe der Interventionen von Otto Kallscheuer (11/1989) und Helmut Dubiel (4/1990) fort. D. Red.
Fiat discursus, pereat mundus?
I
Die Geschichte ist über das, was im folgenden zu kommentieren ist, bereits hinweggegangen. Somit sind allenfalls einige Fragen nachzutragen - Fragen, die uns eventuell Aufschluß über ein politisch-politologisches Gespenst geben können: den "Verfassungspatriotismus"! Die Debatte, um die es geht, rankte sich um die Frage, ob die DDR sich gemäß Art. 23 GG in der Summe ihrer Länder der Bundesrepublik und ihrem Grundgesetz a n s c h l i e ß e n, oder ob gemäß Art. 146 GG über den Weg einer Verfassungsdebatte ein n e u e r d e u t s c h e r S t a a t g e g r ü n d e t werden solle.