Das Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit richtet sich zur Zeit auf den Krieg am Golf. Unser Engagement - ob für oder gegen den militärischen Einsatz - ist selbstverständlich. Weniger selbstverständlich scheint ein solches Engagement hinsichtlich des Dramas zu sein, das sich im Schatten dieses Krieges im Baltikum vollzieht. Hängt unser Verhalten vielleicht auch damit zusammen, daß wir nicht so recht wissen, wofür und wogegen wir Partei ergreifen sollen? Schließlich ist das Schicksal der baltischen Republiken nicht losgelöst von dem aller nach Selbständigkeit verlangenden Republiken und darüber hinaus auch vom Schicksal der Perestroika selbst zu sehen.
Wie das Drama ausgehen wird, weiß niemand mit Sicherheit zu sagen, auch wenn immer wieder diejenigen als die eigentlichen Experten gelten, die das Schlimmste voraussagen: die gewaltsame "Lösung" des Problems durch Fallschirmjäger, "Schwarze Barette", den KGB. Ebenso schlimm: Selbst Kenner der Verhältnisse, die weniger sicher in ihrer Prognose sind, können einen solchen Ausgang keineswegs ausschließen. Er ginge einher mit einer inneren Entwicklung in der Sowjetunion, die für manche bereits eine Zustandsbeschreibung ist: Ein Rechtsruck unter Druck von Reaktionären jedweder Provenienz, der den Präsidenten Gorbatschow bestenfalls noch als Marionette figurieren läßt.